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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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taugen gar nichts. Das beste Pflanzenbuch ist ein alter, völlig vergriffener Schmöker, den ich
     antiquarisch billig für 25 Mark gekauft habe (er ist hier in meiner Zelle, da ich ohne ihn nicht leben kann). Dieser reicht
     für uns beide aus und wir werden ihn später gemeinsam genießen, wie die Mimi.« 267 In Rosa Luxemburgs Herbarien befinden sich viele Auszüge aus dem 1880 in Berlin erschienenen Buch »Das natürliche System
     von A. W. Eichler, Syllatus der Vorlesungen über spezielle und medizinisch-pharmazeutische Botanik«.
    |424| 1917 notierte Rosa Luxemburg in einem Brief an Sophie Liebknecht: »An der Silberpappel zerflatterten die überreifen Kätzchen,
     und ihr Samenflaumen flog ringsumher, füllte die ganze Luft wie mit Schneeflocken, bedeckte die Erde und den ganzen Hof; das
     sah so geisterhaft aus, wie der Silberflaum herumflatterte! Die Silberpappel blüht später als alle anderen Kätzchenträger,
     und dank dieser üppigen Samenausstreuung verbreitet sie sich sehr weit, ihre kleinen Schößlinge sprießen wie Unkraut aus allen
     Ritzen an der Mauer und zwischen Steinen.« 268

Erst wägen, dann aber wagen!
    Am 9. August 1913 war Rosa Luxemburg wieder in Berlin, am 10. sprach sie in der Generalversammlung des sozialdemokratischen
     Wahlkreisvereins für Niederbarnim in Berlin-Rummelsburg über den »Politischen Massenstreik« und am 13. zum gleichen Thema
     in Berlin-Mariendorf. Dort erreichte sie aus Passug in der Schweiz die schmerzliche Nachricht vom Tode August Bebels. Wieder
     mußte sie in Richtung Süden reisen. »Ich stand lange am Sarge Bebels, er sah wunderbar aus, noch viel schöner als im Leben«,
     stellte sie traurig fest. 269 Würde für ihn auf dem bevorstehenden Parteitag ein Nachfolger gefunden werden können, zu dem auch die Linken Vertrauen fänden?
    Der Themen- und Entscheidungskatalog für den Parteitag in Jena, der für den 14. bis 20. September 1913 einberufen war, wurde
     immer länger. Versammlungen und »Treffs« von Gleichgesinnten häuften sich. Rosa Luxemburg aber war nicht im Vollbesitz ihrer
     Kräfte. Schon Ende Juli hatte sie Leo Jogiches betrübt mitgeteilt: »Was mich angeht, so mach’ ich das Dümmste, was man tun
     kann: Ich bin krank, habe Herzkrämpfe, die mich einfach nicht arbeiten lassen, was mich in dieser heißen Zeit zur Raserei
     bringt. Gestern ließ ich den Doktor kommen und lag im Bett, er fand einen ›kleinen Fehler‹ und ordnete an, Eis aufzulegen,
     aber bei dieser Arbeitsflut habe ich keine Geduld und bin heute aufgestanden. K. K.s [Karl Kautsky] ganzer zweiter Artikel
     richtet sich gegen mich, sogar mit Zitaten aus meinem Artikel. Scheinbar hat man ihm aber nach dem ersten gesagt, daß sein
     Angriff einen fatalen Eindruck macht, |425| worauf die Signierung von ihm gestrichen wurde. Seine Artikel sind für mich famos, ich kann ihn direkt mit Glanz wegputzen.
     Aber die Kraft, die Kraft! …« 270 Rosa Luxemburg meinte Karl Kautskys Artikel »Nachgedanken zu den nachdenklichen Betrachtungen«. 271 Erneut entwickelte sich ein heftiger Disput über den Massenstreik, der Bezüge zur Debatte von 1910 aufwies. Der gesellschaftliche
     Hintergrund aber hatte sich verändert.
    Die Sozialdemokratische Partei besaß inzwischen Millionen Mitglieder und Anhänger, stand innen- wie außenpolitisch vor neuen
     Herausforderungen. Im Sommer 1913 hatte eine Überproduktionskrise eingesetzt, die Arbeitslosigkeit stieg. Versuche der sozialdemokratischen
     Reichstagsfraktion, eine staatliche Arbeitslosenversicherung bzw. -unterstützung einzuführen, wurden abgeblockt. Die Forcierung
     der Rüstung ließ nach Ansicht der Regierung keine sozialreformerischen Zugeständnisse zu. Die Unternehmerverbände verständigten
     sich über ein schärferes Vorgehen gegen die Arbeiterklasse. Neue reaktionäre Organisationen bildeten sich und beeinflußten
     die Bevölkerung mit nationalistischen Parolen und chauvinistischer Hetze. Heinrich Claß, der Vorsitzende des Alldeutschen
     Verbandes, bezeichnete den Krieg unverhohlen als den Erwecker aller guten, gesunden und starken Kräfte im Volke. »Deutschland
     und der nächste Krieg«, »Deutschland erwache«, »Die Friedensbewegung und ihre Gefahren für das deutsche Volk«, »Der ›bevorstehende‹
     Weltkrieg als Vorläufer des Weltfriedens, zugleich ein Kampf ums Deutschtum« waren Titel von militaristischen und chauvinistischen
     Pamphleten, die in Massenauflagen verbreitet wurden.
» Die Verschärfung der

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