Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)
auf Parker übertragen.«
»Wow! Noch brillanter!«
»Und auf Dad!«
»Du bist Einstein, Isabelle.«
Ich trocknete einen Topf ab. »Wann willst du dich von deiner Wut befreien, Cecilia?«
»Wann? Nie.«
»Hört doch auf zu streiten«, sagte Janie. »Das zerstört unser inneres sphärisches Gleichgewicht.«
»Wir streiten uns nicht«, sagte ich. »Ich befürchte nur, dass deine Wut dich umbringen wird, Cecilia.«
Cecilia steckte ihre Hände in das Seifenwasser. »Das befürchte ich auch. Ich bin seit Jahrzehnten wütend.«
»Und du bist voller Hass, Cecilia. Du hasst diesen oder jenen … immer gibt es jemanden, den du hasst. Dein ganzes Leben lang.«
»Sie haben es verdient.«
»Darum geht es nicht. Du musst deinen Hass loswerden. Es ist ein lebender, atmender Parasit.«
»Und was ist mit dir, Isabelle?«, blaffte sie zurück und schlug mit dem Küchenhandtuch auf die Arbeitsplatte. »Du kämpfst seit Ewigkeiten gegen deine Depressionen …«
»Ich genieße den Kampf.«
»Du hast mit einer Lastwagenladung von Männern geschlafen.«
»Eher zwei Lastwagenladungen. Ich bin nicht stolz darauf.«
»Du reist an entsetzliche Orte, und das macht dich noch kaputter.«
»Ich war von Anfang an kaputt.« Und mir fehlten meine Fototrips, gestand ich mir endlich ein. Wie mir das Fotografieren fehlte! Es fehlte mir so sehr, wie mir meine Seele fehlen würde.
»Rede dir so was nicht ein, Isabelle.«
Da war etwas dran. »Okay, ich versuche meine Depression abzuwürgen, wenn du versuchst, deinen Hass und deine Wut abzuwürgen.«
Cecilia schlug wieder mit dem Tuch auf die Arbeitsplatte.
»Tja, beziehen wir doch unsere Klopferin mit ein. Janie, du musst aufhören mit all deinem Überprüfen und dem Einsiedlerdasein und dem Klopfen.«
»Oh, ich weiß nicht …«, sagte sie zittrig.
»Komm schon, Stickkönigin«, sagte ich.
Sie legte die Hände auf die Lippen.
Cecilia zog ihr eins mit dem Küchentuch über. »Soll ich dich viermal schlagen?«, spottete sie.
»Ich gehe hinauf in meine Gelassenheitsecke und denke darüber nach«, sagte Janie.
»Klopf, klopf, klopf, klopf«, spottete Cecilia.
»Halt die Klappe, Cecilia«, sagte Janie und knallte ein Glas auf die Arbeitsplatte. »Ich nenn dich ja auch nicht Schwachkopf oder Fettarsch oder Kartoffelstampfer oder Doppelkinn oder Wabbelwampe, also hör auf, dich über mich lustig zu machen.«
Wow. Das Schweigen war mal wieder zum Zerreißen gespannt. Ich stellte mich zwischen die beiden, damit Janie von Cecilia nicht unangespitzt in den Boden gerammt wurde.
»Meine Therapeutin sagt, ich muss mich bei meinen Familienkonflikten stärker durchsetzen und mit weiblichem Mut für mich eintreten!«, verkündete Janie. »Wenn du fies zu mir bist, dann bin ich auch fies zu dir!«
Elektrisch aufgeladenes Schweigen.
Ich machte mich darauf gefasst, Janie zu verteidigen, falls ihr Cecilia an die Gurgel ging.
Mit angehaltenem Atem wartete Janie darauf, dass sich Cecilia auf sie stürzte.
Aber dann geschah etwas Überraschendes: Cecilia lachte. Sie schlug mit dem Handtuch auf die Arbeitsplatte und lachte. »Ich bin so wütend auf dich, Janie, dass ich … dass ich spucken könnte!«
»Spucken?«, fragte Janie.
»Ja, spucken!« Sie spuckte in den Ausguss. »Aber ich bin fett! Ich habe Beine wie Kartoffelstampfer! Ich glaube, ich habe drei Kinne, nicht zwei. Meine Brüste sind ständig verschwitzt. Meine Achselhöhlen stinken, egal was ich mache, und mein Mundwerk ist außer Kontrolle, also wer bin ich, das abzustreiten? Aber ich bin trotzdem total angepisst !«
»Du musst damit aufhören, Cecilia«, sagte ich leise. »Deine Wut könnte auch mich umbringen. Ich spüre sie ständig.«
Cecilias Augen wurden groß, und ihr Kinn wackelte. »Du spürst sie ständig?«
»Mehr oder weniger, Cecilia«, sagte ich. »Ich spüre meine Depressionen, aber ich spüre dich auch.«
Sie stützte die Hand auf die Arbeitsplatte, richtete sich auf und schnalzte zweimal mit den Handtuch. »Tut mir leid, Isabelle.«
»Ist schon okay. Mir tut es leid, dass du den vagen Zigarettengeruch nach meinen One-Night-Stands riechst.«
»Mir auch. Ich hab nämlich nichts von dem Spaß.«
»Aber du rauchst doch gar nicht, Isabelle«, bemerkte Janie.
»Das liegt an dieser seltsamen Verbindung zwischen uns, merkwürdig, unerklärlich …«
»Was wird wohl mit uns passieren, wenn eine von uns stirbt, Isi?«, fragte Cecilia.
Ich wusste, dass sie auf unsere abartige Zwillingsverbindung anspielte.
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