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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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kann uns jahrelang im Stich lassen und dann einfach wieder in der Familie unterschlüpfen? Da weitermachen, wo er aufgehört hat? Wieder Dad sein? Vergiss es. Arschloch.«
    Wir hatten die Bäckerei geschlossen und räumten noch zu dritt auf. Henry hatte Kostproben von Erdnusskonfekt verteilt, saß in einer Nische und malte einen Vogel. Ihm tat der Bauch wieder weh, und ich hatte ihm Milch gebracht.
    Die Mädchen machten neben Henry ihre Hausaufgaben. Riley hatte sich, soweit ich gesehen hatte, kein einziges Haar ausgerissen. Sie war auch seit zwei Wochen ihrem momentanen Seelenklempner nicht ausgerissen, was schon allein Grund für eine Familienfeier gewesen wäre. Am Abend zuvor hatten wir zu Hause eine »Hurra, sie ist nicht ausgerissen«-Party gefeiert, mit Steaks, Kartoffeln und einer riesigen rosa Torte.
    Kayla trug ein orangefarbenes Mönchsgewand und sang leise vor sich hin.
    »Aber Cecilia«, protestierte Janie und spülte eine Schüssel aus, in der Trüffelkuchen angerührt worden war, »er ist so nett! Er bringt uns zum Lachen! Er bringt seelische Harmonie in unser Leben!«
    »Nein, er manipuliert uns seelisch«, zischte Cecilia. Die Worte flogen aus ihrem Mund wie winzige Schwerter. »Er knöpft sich eine nach der anderen von uns vor. Als Erste dich, Janie, weil du auf rührselige Geschichten reinfällst.«
    »Ich falle nicht auf rührselige Geschichten rein!«
    »Doch, tust du«, sagten Cecilia und ich.
    Janie nahm den Zerstäuber aus dem Spülbecken und sprühte uns voll.
    »Hör auf, Janie!« Cecilia warf einen Holzlöffel nach ihr.
    »Ihr habt damit angefangen!« Sie besprühte uns erneut.
    Ich duckte mich hinter den Ladentisch. »Ich brauch keine Dusche, Janie.«
    »Ich sag doch nur«, Cecilia wischte sich das Gesicht mit einem Handtuch ab und warf es dann mir zu, »wir können nicht zulassen, dass er zurückkommt.«
    »Er ist bereits da«, sagte ich. »Und ich dachte, du wolltest an deiner Wut arbeiten.«
    »Komm schon, Isabelle. Ich hatte geglaubt, du würdest ihm genauso das Genick brechen wollen wie ich.«
    Ich trat zu Janie ans Spülbecken und begann einen Topf auszuwaschen, den ich benutzt hatte.
    »Was ist? Redest du nicht mit mir, Isabelle?«
    »Ich rede doch mit dir.«
    »Warum beantwortest du dann nicht meine Frage? Funktioniert dein Mund nicht?«
    Cecilias Wut zu beobachten ist so, als würde man beim Aufflammen eines Feuers zuschauen. Zuerst flackert es, wird zu einer kleinen, orangefarbenen Flamme, springt dann über und fackelt den ganzen Wald ab, einschließlich Bambi und seinen Freunden.
    »Hallooooo …«, spottete Cecilia. »Huh-huh.«
    Ich drehte das Wasser ab, schlug meine Fußgelenke übereinander und lehnte mich gegen die Spüle.
    Cecilia funkelte mich finster an, stand mit gespreizten Beinen und wogendem Busen da.
    Wo sollte ich anfangen? Mein Haar war tropfnass von Janies Spritzerei. Ich hatte Mehl an den Armen. Meine Schürze war mit orangefarbenem und gelbem Zuckerguss verschmiert, den Farben, die ich heute für einen Geburtstagskuchen in Form eines Schmetterlings verwendet hatte.
    Meine Zöpfe waren fort, mein Haar war kurz. Ich hatte mich fast völlig von meinem Leben in Portland gelöst und glaubte dank ein paar krasser, brutaler Erkenntnisse über mich selbst nach dem Überfall nicht, dass ich je wieder dort leben würde. Ich besuchte Momma, kümmerte mich um Henry, passte auf Grandma auf. Ich arbeitete mit meinen Schwestern, führte ein Geschäft und kämpfte gegen die anhaltenden Schuldgefühle und die nervenaufreibende Angst nach dem Überfall an.
    Aber ich fühlte mich so geborgen … so, ich wage es kaum zu sagen, zufrieden in Trillium River.
    Ich fühlte mich nicht mal mehr wie ich.
    Wo war ich geblieben?
    Wo war mein altes Selbst?
    Ich wusste es nicht. Und tatsächlich vermisste ich es auch nicht.
    »Was ist?« Polternd räumte Cecilia Rührschüsseln weg. »Willst du da weiter so stehen wie ein Pavian? Hast du dein Hirn verloren?«
    »Ich hab mein Hirn nicht verloren.« Ich hörte auf, meine Chancen bei diesem Gespräch abzuwägen, und beschloss, geradeheraus sei das Beste. »Meine Depressionen haben jahrelang mein Leben verdunkelt. Sie waren ein Teil von mir, ein Teil meines Lebens. Sie begannen, als wir Kinder waren. Sie liefen durch meine Adern wie giftiger Schlamm. Ich habe mich von allen abgeschottet, außer von euch beiden und Henry. Ich habe herumgebumst. Ich habe fast ausschließlich für mich gelebt, ganz allein, zwanzig Jahre lang. Während des

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