Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Großteils meines Erwachsenenlebens war ich schrecklich einsam und allein.«
    »Aber du hattest doch uns!«, quiekte Janie und legte mir den Arm um die Schultern.
    »Ich war nur nicht einsam, wenn ich mit euch beiden und Henry zusammen war«, sagte ich. Und das war die Wahrheit. Die absolute Wahrheit.
    Cecilia senkte den Kopf.
    »Meine Güte! Ich auch!«, stimmte Janie zu. »Ich auch. Ich bin einsam ohne euch drei! Mein Geist ist allein, wandert, sucht.«
    »Ich habe den Rest der Welt ausgeschlossen. Einschließlich meiner Verantwortung für euch hier, Cecilia, und für die Familie.«
    Ich wischte meine Hände an der Schürze ab. Ich glaubte zwar nicht, dass die Mädchen zuhörten, war mir jedoch nicht sicher. Riley fummelte an ihren Haaren. Kayla fummelte an ihrem Mönchsgewand. Wenigstens trug sie keine Burka.
    »Wenn Dad in unser Leben zurückkehren möchte, heiße ich ihn willkommen. Wird er für immer bleiben? Ich weiß es nicht. Vermutlich nicht. Menschen sind Menschen. Aber ich werde meine Zufriedenheit nicht davon abhängig machen, ob er bleibt oder nicht.«
    Janie zupfte ihre rosa Schürze zurecht. »Ich hoffe, er bleibt …«
    Cecilia schniefte.
    »Ich kann nicht mehr wütend sein. Ich kann nicht noch mehr Tage meines Lebens damit vergeuden, wütend zu sein. Ich kann nicht mehr wütend auf euch zwei, auf Momma, auf Dad, auf unsere Vergangenheit sein. Ich kann einfach nicht. Ich bin fast an dem gestorben, was dieses Ekel mir in meinem Loft angetan hat. Ich glaube, damit werde ich für den Rest meines Lebens zu kämpfen haben, aber ich habe endlich kapiert, dass ich nicht in einem Sarg leben will.«
    Jetzt kam der schwierigste Teil. Ich biss die Zähne zusammen, um die Fassung nicht zu verlieren.
    »Ich glaube tatsächlich, dass ich hier in Trillium River glücklich sein kann. Allein schon zu glauben, ich könnte glücklich sein, ist für mich ein Wunder. Mir gefällt es hier. Ich mag die Leute. Wir treffen uns nächste Woche zum Grillen bei meiner alten Englischlehrerin.« Ich lächelte. Ich hatte Mrs Lary geliebt. »Lin Chi ist schwanger, und wir gehen alle zu so einer albernen Babyparty. Im September sind wir zur Hochzeit von Tommy und Kathleen eingeladen.« Ich schniefte wie Cecilia. »Und ich habe euch beide, Henry und Grandma und die goldige River.« Darüber lachten wir alle. »Ich liebe euch, meine Schwestern. Ich liebe euch beide sehr.«
    »Oh, oh, oh, aus dir spricht Klarheit, Isabelle! Gelassenheit!«, sagte Janie. »Und ich liebe dich auch! Wirklich!« Sie hob ihre Schürze ans Gesicht und schluchzte ihre Liebe heraus.
    Cecilia schniefte, ihr Mund verzog sich, ihr Gesicht war gerötet.
    »Ich bin nicht mehr wütend auf Dad«, gestand ich und warf die Hände in die Luft. »Der Mann ist ein Vietnamkriegsveteran und ist durchgedreht, als er heimkehrte. Ihr wisst, dass ich Monate in Vietnam verbracht habe, ehemalige vietnamesische Kämpfer und Vietnamkriegsveteranen hier für eine Dokumentation über den Krieg interviewt habe. Ich habe die grausigsten, schrecklichsten Geschichten zu hören bekommen, und ich weiß eines ganz gewiss: Wenn wir in Vietnam hätten kämpfen müssen, wären wir auch durchgedreht.«
    Ich jedenfalls wäre mehr als ausgeflippt.
    »Als er den Mann umbrachte und ins Gefängnis kam, war er schon lange nicht mehr richtig bei sich. Joseph Corelli, der Bruder des Opfers, Herrgott nochmal, war derjenige, der Dad direkt nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis eingestellt hat. Dad hat an Joseph geschrieben, als er im Gefängnis war, und hat sich für seine Tat entschuldigt. Sie haben angefangen, miteinander zu korrespondieren, und Joseph hat Dad vergeben. Offenbar war Josephs Bruder vor dem Vorfall mit Dad schon mehrfach verhaftet worden und ein echter Hitzkopf. Dad hat die ganze Zeit für Joseph gearbeitet, bis ihm die Stelle als Finanzvorstand bei TechEx angeboten wurde.«
    Cecilia legte die Hand aufs Herz. Mein Herz übersprang zwei Schläge und pochte schneller.
    »Liebe verbindet die ganze Welt«, sagte Janie mit einem Flattern in der Stimme.
    »Und was hat Dad getan, seit er zurück ist? Er ist mit Henry angeln und wandern gegangen. Er hat uns alle mehrmals zum Essen eingeladen. Letztes Wochenende haben wir eine Bootsfahrt gemacht. Er hat uns geholfen, hier zu renovieren, er backt wie ein Wilder, und er will sich nicht von uns bezahlen lassen. Er unterhält sich mit Grandma und baut mit ihr und Henry ein Modellflugzeug. Er hat Velvet zu ihrer Darmspülung gefahren. Er hat die