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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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hinten. Sie roch nach Rosen und Bergluft. »Ich fliege gerne nachts.«
    »Sie sind berühmt für Ihr Nachtflugtalent, Amelia …«
    »Es gibt Menschen, die mein fliegerisches Können in Frage stellen.« Sie rückte ihre Brille zurecht. »Sind natürlich Männer. Dumme, unwissende Männer. Acht Hirnzellen, wenn’s hoch kommt. Ich habe ein Gedicht darüber verfasst, soll ich es Ihnen vortragen?« Sie strich ihre Fliegermontur glatt und schlug die Hacken zusammen. »Männer: grob und rüde, laut und schwach, geben nie den Frauen nach. Das bringt es so ziemlich auf den Punkt.«
    »Allerdings, Amelia.«
    »Ich bin Krankenschwester, müssen Sie wissen. Im Ersten Weltkrieg habe ich Soldaten gepflegt, ich weiß, was ich tue. Wenn Ihr Arm hier bei uns amputiert werden muss, kann ich ihn wieder annähen. Wenn Sie eine Kugel im Kopf haben, kann ich sie mit einem Löffel rausholen. Möchten Sie mal mit mir fliegen?«
    »Das ist mein sehnlichster Wunsch«, gab ich zurück. »Es wäre mir ein Vergnügen.«
    »Frauenpower!«, rief sie und stieß die geballte Faust in die Luft. »Frauenpower!«
    Ich hob ebenfalls die Faust. »Frauenpower!«
    Als wir damals in meinem ersten Jahr an der Highschool bei Grandma einzogen, waren wir alle so von Angst erfüllt gewesen, dass wir praktisch zitterten. Sie sickerte uns aus jeder Pore. Momma versuchte sich mit den Fingernägeln am Leben festzukrallen, doch die meisten ihrer Nägel waren abgebrochen.
    Henry hatte sich um mindestens zwei Jahre zurückentwickelt, brabbelte vor sich hin, verlor seine Sprache und häufig die Kontrolle über seine Blase, weil er so viel durchgemacht hatte. Janie war so angsterfüllt, dass sie fast zusammenbrach. Cecilia in ihrem Zorn inhalierte so gut wie alles Essbare. Ich hatte mich in die Schwärze in mir zurückgezogen.
    Grandmas vornehmes Haus war eine Oase inmitten einer Wüste wahr gewordener Albträume. Wir hatten Kleidung, die uns passte. Wir bekamen regelmäßig etwas zu essen, das Grandma aus dem Nichts zusammenzauberte. Wir hatten eine Heizung.
    Wenn Momma von der Dunkelheit eingeholt wurde und ins Bett kroch, waren wir nicht allein. Grandma war beileibe keine Heilige – sie hatte ein hochfahrendes Temperament und nahm kein Blatt vor den Mund … aber sie war warmherzig und zärtlich, anders als Momma, die jede praktische Form der Zuneigung zu ihren Töchtern mied wie die Pest. Und Grandma kümmerte sich um uns.
    Man kann durchaus sagen, dass sie unsere Familie gerettet hat. Sie war klug, stark und hatte den Laden fest im Griff. Als Inhaberin dieses Ladens drängte sie Momma, sich Hilfe zu holen, sich zu verabreden, zuzunehmen, ihre Bluse zuzuknöpfen, eine Ausbildung zu machen, damit etwas aus ihr wurde, sich nicht länger im Bett zu verkriechen – und dann ihr Haar! Wie ein Wischmopp! Grandma erinnerte Momma daran, sie habe sie immer davor gewarnt, dass es so kommen würde. Sie hatte es gewusst! Sie hatte es ihr gesagt.
    Als ich älter wurde, erkannte ich, dass Mommas Beziehung zu Grandma ein Abklatsch unserer Beziehung zu Momma war: schwierig, konkurrierend, kritisch, fordernd. Nie war etwas gut genug.
    Das sind die Erbanlagen, und in der Abteilung sind wir stark belastet.
    Wenn die beiden sich stritten, versteckten wir uns in unseren Schränken.
    Die Amelia von heute und Momma stritten sich hingegen nie.
    Nun stellte sich Amelia auf die Zehenspitzen. Schlug die Hacken zusammen. »Ich muss hinauf in den Tower. Ich muss meine Geheimnisse verstecken, damit die Eingeborenen sie nicht stehlen können.«
    Ich nickte wissend.
    »Werden Sie eine Weile hier bei meinem Kopiloten wohnen? Wie war noch mal Ihr Name, sagten Sie? Und fliegen Sie auch?« Sie streckte die Arme aus, gab aus tiefer Kehle das Geräusch eines Flugzeugmotors von sich und verließ das Zimmer.

    Ich ging zu Janie.
    »Raus aus dem Schrank, Janie!«, sagte ich.
    »Nein. Ich analysiere mich gerade selbst.«
    »Los, raus da!«
    Ich zog die Schranktür auf. Zum Vorschein kamen unzählige Stofftiere. Janie hatte das Gesicht in ein Krokodil gedrückt. Sie saß auf ihrer Yogamatte.
    »Ich bewege mich zurück in die Kindheit, Isabelle«, wimmerte sie. »Ich kann es spüren. Ich spüre die Rückentwicklung.«
    Ich kniete mich vor sie. »Ertrag es mit Fassung.«
    »Kann ich nicht.«
    »Wär aber besser. Wenn du es nicht tust, frisst sie dich bei lebendigem Leib, würgt dich wieder aus und nagt dann an deinen Knochen.«
    »Das hört sich eklig an. Davon wird mir schlecht.«
    Ich verdrehte die

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