Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)
nicht zulassen, weil ich wusste, dass sie mich brauchte, um nicht unterzugehen.
Später bekam ich heraus, dass Parker ihr als Erklärung für seine Verletzungen erzählt hatte, er sei im Schuppen ausgerutscht und auf einen Propangastank gefallen.
»Und du, Janie«, fuhr Cecilia unsere jüngere Schwester an, immer noch zornig, für alle Zeit zornig, »du bist auch nur hin und wieder vorbeigekommen, wenn du wusstest, dass Parker nicht da sein würde.«
»Ich hab’s in seiner Nähe nicht ausgehalten«, erwiderte Janie, »weil ich immer das Gefühl hatte, an mir würden Maden fressen. Einmal hat er mir die Hand gegeben, da konnte ich mit der Hand tagelang nichts anfassen. Sie fühlte sich schmutzig an.«
Parker hatte es auch bei Janie versucht. Das war ungefähr zwei Jahre nach der Hochzeit gewesen. Er besuchte sie auf ihrem Hausboot und drückte sich an sie. Daraufhin hatte sie ihn lächelnd aufs Deck geführt. Er folgte. Sie warf ihn ins Wasser, und als er versuchte, wieder aufs Boot zu klettern, trat sie ihm auf die Finger.
Er schwamm zum nächsten Boot, doch Janie rief den Nachbarn an und erzählte ihm, ein Einbrecher versuche übers Wasser, auf sein Boot zu gelangen. Der Nachbar war nach draußen gestürzt und hatte eine Schaufel geschwungen. Der nächste Nachbar konnte aufgrund einer Kriegsverletzung nur noch mit einem Auge sehen, hatte aber ein Gewehr und richtete es auf Parkers Kopf, um dann dreimal in den Fluss zu schießen.
Die Polizei wurde gerufen, Handschellen schnappten zu.
Das Übliche.
Die Scheidung war dreckig und furchtbar und zog sich hin. Sozusagen der Dritte Weltkrieg auf kleinster Ebene.
Cecilia stieß Luft zwischen den Vorderzähnen aus. »In ein paar Tagen müsste ich den ersten Bericht von dem Detektiv bekommen.«
Die Kellnerin brachte unser Essen und das Bier.
»Sonst noch was?«, fragte sie patzig.
»Ketchup, scharfe Sauce und extra Sahne für den Kaffee bitte«, sagte Cecilia.
Das Mädchen verdrehte die Augen.
»He, du unverschämte Tochter von Becky, verdreh nicht deine schwarz geschminkten Augen, wenn der Gast dich sehen kann! Bring uns die Sachen, hol dir den Popel aus der Nase und geh den nächsten Dicken nerven.«
Die Kellnerin stolzierte davon, kam zurück und knallte die gewünschten Zutaten auf den Tisch.
»Parker grinst mich inzwischen mit ekelerregender Herablassung an und versucht mir zu zeigen, dass ihm seine arme fette Exfrau nur noch leidtut.« Cecilia kippte ihr Bier hinunter. »Er kommt vorbei, holt die Kinder ab, nimmt sie in die Arme und schwärmt in meiner Gegenwart von all den tollen Sachen, die die vier ›als Familie‹« – sie ahmte Parkers Stimme nach – »an jedem zweiten Wochenende machen wollen.«
Es tat mir so leid für Cecilia, dass ich am liebsten den Kopf auf den Tisch geknallt hätte.
»Jetzt habe ich noch einen größeren Hass auf diese Frau«, flüsterte Janie. Sie trennte alles voneinander, was auf ihrem Teller lag. Viermal pochte sie mit der Gabel. Viermal salzte sie ihr Omelett. »Im nächsten Buch bekommt irgendjemand ihren Namen, Constance, nicht? Eine Frau mit Geschlechtskrankheiten, pockennarbigem Gesicht, langen Ohrläppchen, eingewachsenen Brustwarzen …«
Cecilia lehnte sich zu ihrer Schwester vor. »Hör mal, Janie, das wüsste ich sehr zu schätzen.«
»Wirklich?« Janies Stimme wurde vor Hoffnung höher.
»Ja, klar. Du bist eine rachsüchtige Schwester, und ich glaube, dafür habe ich mich noch nie bei dir bedankt.«
»Och!« Janie tupfte ihre Augen trocken. »Und du bist eine starke Wikingerin, eine Walküre! Du brauchst dich nicht bei mir zu bedanken!«
»Mir gefällt deine Vision, dass Parker schlimme Dinge zustoßen.«
»Natürlich will ich, dass ihm Schlimmes widerfährt, schließlich hat er dir wehgetan! Du bist meine Schwester!« Mehr bekam Janie nicht heraus, die Emotionen schnürten ihr den Hals zu.
Gott, wie schmalzig.
Kurz nahm Cecilia Janies Hand, und die beiden genossen den liebevollen Augenblick. »Da fällt mir was ein …« Cecilia schob sich zwei Scheiben Schinkenspeck gleichzeitig in den Mund. »Letzte Woche hatte ich an der Schule meine Bewertung.« Sie errötete. Hustete.
»Warum wirst du denn rot?«, fragte Janie.
»Werde ich doch gar nicht.«
»Doch, wirst du«, sagte ich. »Das kann ich sehen. Und spüren.«
»Gar nicht.«
»Wer hat die Bewertung denn durchgeführt?«, fragte Janie. Sie hatte ihre Antennen ausgefahren.
»Der Rektor, Dr. Laurence Silverton.«
Sie sprach seinen Namen
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