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Rosas Vermaechtnis

Rosas Vermaechtnis

Titel: Rosas Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Leinweber
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Herangehensweise erschien der Köchin, die innovativ dachte und kochte, für ihre Gäste logisch, die außer ausgewählten Sportarten wie Golf oder Tennis keine körperlich schweren Arbeiten zu verrichten hatten und daher auf kalorienreiche Kost verzichten konnten. Neben dem Vorzug, eine begnadete Köchin zu sein, war Rosa Göttner auch eine – wie man sie despektierlich, aber liebevoll nannte – Kräuterhexe gewesen. Niemand kannte sich besser mit Kräutern, ihrem Geschmack, der sich beim Kochen verändern konnte, und ihren Wirkungen aus, sodass sie neben deren Einsatz am Herd auch einen Handel mit Kräutermischungen betrieb. Die Mittdreißigerin hatte das Unmögliche geschafft, sich in einer Männerwelt einen Platz zu erobern – eine Tatsache die Alexandra bei ihrer Lektüre mit großem Respekt zur Kenntnis nahm. Und endlich nahm die Köchin auch äußerlich vor ihren Augen Gestalt an, als sie endlich ein Bild von ihr fand, das diese im Rahmen eines – in der damaligen Zeit sehr angesagten – Monopoly-Spiele-Abends in ihrem Lokal zeigte. Rosa Göttner war eine große, schlanke Frau mit dunkler Etonfrisur, einer kürzeren Variante des beliebten Bubikopfs, und das Foto zeigte sie in einem gerade geschnittenen, kurzen Kleid. Elegant, mit einem hellwachen Ausdruck in ihren großen, dunklen Augen und dem ausdrucksstark geschminkten Mund widersprach sie in jeder Beziehung dem Bild, das man sich damals gemeinhin von einer Köchin machte, sondern schien vielmehr einem Modejournal entsprungen zu sein. Dass sie dabei eine begnadete Köchin war, kam besonders bei den unverheirateten Herren der Schöpfung gut an, die ihr unverblümt den Hof machten. Alexandra musste unwillkürlich lachen. So furchtbar viel schien sich seit damals nicht geändert zu haben, das »Komplettprogramm« war doch bei den meisten Männern immer noch sehr beliebt.
    Rosa Göttner war eine Art Paradiesvogel gewesen, deren Karriere unbehelligt blieb, weil ihre Kochkünste dem Bild einer Frau anstanden und sie klug genug war, die erfolgreiche Geschäftsfrau dahinter zu verbrämen.
    Alexandra war von dieser Frau mehr und mehr angetan. Das alles hatte sich auf ihrem Hof abgespielt, und sie bedauerte es geradezu, Rosa nicht persönlich kennengelernt zu haben. Die Vorstellung, dass sie in der Gewölbeküche ihre neuen Rezepte entworfen und in die Tat umgesetzt hatte, war aufregend. Es war die Ideenschmiede für etwas Neues gewesen, das schließlich auch Anerkennung gefunden hatte – ein Erfolg, an den Alexandra und Marie gern anknüpfen wollten.
    »Siehst du, das, was wir hier machen, hat tatsächlich schon so eine Art Tradition, ohne dass wir es vorher wussten«, bemerkte sie abschließend, nachdem sie Marie ihre Kopien zu lesen gegeben und darüber hinaus viel von ihren Erkenntnissen berichtet hatte.
    »Vielleicht sollten wir außerdem noch viel mehr Wert auf die Küche legen«, antwortete Marie nachdenklich, »weißt du, dass wir vielleicht so eine Art Gleichgewicht herstellen.«
    »Du meinst aber nicht, dass wir den Weinhandel einschränken sollen, oder?«, fragte Alexandra besorgt zurück. Marie war immer für eine Überraschung gut und sehr begeisterungsfähig. Da ihre Ideen jedoch auch unrealistisch sein konnten, war es an Alexandra, die Dinge mit Marie zusammen von allen Seiten zu beleuchten, um schließlich ein durchführbares Resultat zu bekommen.
    »Das hieße, dass du dich dann mehr um die Küche und ich mich besonders um den Weinhandel kümmern sollte?«
    »Ja, so ähnlich. Weißt du, was darüber hinaus genial sein könnte? Wenn wir wüssten, was Rosa Göttner überhaupt gekocht hat. Vielleicht könnten wir ja tatsächlich ihre Tradition fortsetzen – auf die heutige Zeit zugeschnitten natürlich – aber das wäre doch eine gute Werbung für uns. Und wenn das rechtlich möglich ist, könnten wir den Namen des Lokals doch auch übernehmen.«
    »Hm, Rezepte habe ich im General-Anzeiger nicht gefunden, aber auch da muss es ja irgendeine Möglichkeit geben«, sagte Alexandra nachdenklich. »Was mir aber immer unverständlicher wird, ist, was ein Professor für Alte Geschichte damit zu tun haben sollte. Denn das hat ihn tatsächlich das Leben gekostet.«
    In dieser Nacht träumte Alexandra schwer, das Schicksal des Professors ließ sie auch im Schlaf nicht los. Sie sah ihn und sich selbst in seiner Wohnung. Er saß am Schreibtisch und sah sie unverwandt an. Ihr war, als ob er ihr etwas sagen wollte, was sie nicht verstand und er nicht deutlich

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