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Rosas Vermaechtnis

Rosas Vermaechtnis

Titel: Rosas Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Leinweber
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weil es meistens fürchterlich überlaufen war und es ihr oft so vorkam, als würde der Ort sich für die zahlreichen Touristen aus aller Welt prostituieren. Es gab viele geschmacklose Souvenirläden und folkloristisch-aufdringliche Kneipen, in die man sich lieber nicht verirrte. Der Massentourismus hatte mit der Fertigstellung der Drachenfels-Zahnradbahn im 19. Jahrhundert begonnen, mit der der Aufstieg zur Burgruine des benachbarten Drachenfelses bequemer zu erledigen war als zu Fuß oder auf dem Rücken geduldiger Esel. Beide Möglichkeiten gab es immer noch, aber das Gros der Besucher zog die Bahn vor. Von oben hatte man einen spektakulären Blick auf das hier überaus romantische Rheintal, was den mühsamen Aufstieg lohnte. Da viele Ausflüge zu Alexandras Kinderzeit hierher geführt hatten, war sie lange nicht mehr dort gewesen, auch weil sie unangenehme Erinnerungen damit verband.
    Neben der ganzen Folklore gab es natürlich auch wunderschöne kleine Geschäfte mit wirklichem Kunsthandwerk, Weinhandlungen, Feinkostläden mit edlem Sortiment und hervorragende Lokale.
     
    Als die beiden Freundinnen das italienische Restaurant am Abend betraten, waren beide beeindruckt. Das La Vita glich nicht im Geringsten dem üblichen Bild des »Italieners um die Ecke« mit dunklen Möbeln, einfachen Tischen und Bildern von der Stange, es war in seiner zurückhaltenden Einrichtung eines der edelsten Lokale, das sie jemals betreten hatten. Designerlampen verströmten warmes Licht, das sich auf dem edlen Parkett spiegelte. Holztische, denen man in ihrer perfekten Schlichtheit ansah, dass sie teuer gewesen waren, weiße Damast-Tischläufer, die deren Oberfläche nicht völlig verdeckten, und das weiße, schnörkellose Geschirr in gefälliger Form ließen die ganze Einrichtung wie ein Kunstwerk erscheinen. Einzig die elegant gekleideten Gäste und die Vielfalt der Speisen brachten so viel Farbe in den Raum, dass er nicht frostig, sondern so gemütlich wirkte, dass man sich wohlfühlte und gleichzeitig das schöne Ambiente genießen konnte.
    »Das ist also das Lokal, das Hafners bestem Freund gehört«, sagte Marie leise, nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten. »Ich muss sagen, der Mann hat Geschmack.«
    Das Essen war köstlich, ganz wie es zum Stil des Hauses passte.
    »Ich muss sagen, dass ich noch nie ein so perfektes Risotto gegessen habe«, lobte Alexandra die Vorspeise, als der Kellner die leeren Teller abholte. Und das Niveau hielt sich durch alle Gänge hindurch.
    »Warum hat das Restaurant sich noch keinen Stern erkocht? Ich finde, sie hätten es verdient. Fisch zuzubereiten ist eine Kunst für sich, mein Seewolf war köstlich, fest und doch zart im Fleisch, und dieses Ratatouille dazu – ein Traum.«
    »Und erst die warmen Apfelküchlein! Dieser Mürbeteig«, Alexandra verdrehte verzückt die Augen, »und die süßsauren Äpfel, die noch etwas Biss hatten! Meinst du, du könntest sie nachbacken?«
    »Ich kann es versuchen«, lachte Marie, »das Rezept habe ich schon im Kopf, aber ob es genauso schmeckt?«
    Bei so vielen Komplimenten, die sie der Küche ausrichten ließen, blieb es nicht aus, dass der Chef wissen wollte, wer es war, der dort saß und mit so viel Genuss und Sachverstand urteilte. Giovanni Battner griff nach drei Gläsern, der Flasche mit seinem besten Grappa und folgte dem ausgestreckten Arm seines Kellners, der ihm die Richtung wies. Die beiden Frauen schauten überrascht auf, als der stattliche, dunkelhaarige Besitzer und Koch des Restaurants nun vor ihrem Tisch stand und charmant fragte, ob er sie zu einem besonderen Tröpfchen einladen dürfe.
    »Hoffentlich verrät Marie uns nicht, wenn sie davon gekostet hat«, schoss es Alexandra durch den Kopf, als der Wirt die Gläser einschenkte. Sie wollte inkognito bleiben, damit Battner der Grund verborgen blieb, aus dem sie wirklich hier waren. Aber Alexandras warnender Blick wäre gar nicht nötig gewesen. Marie lobte den Grappa, als tränke sie einen so edel gereiften Schnaps zum ersten Mal und priese ihn nicht selbst in ihrem Laden zum Kauf an. Alexandra war erleichtert.
    »Herr Battner, ich muss sagen, dass ich noch nie so gut gegessen habe!« Marie lächelte ihm zu. »Eigentlich müssten Sie sich bei dieser Qualität längst einen Stern erkocht haben.«
    Der Angesprochene seufzte. »Das ist sehr nett von Ihnen, dass Sie das sagen.« Er schob sich eine Strähne seines vollen schwarzen Haares aus der Stirn und zwirbelte am rechten Ende seines

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