Rosas Vermaechtnis
stellte sich die Frage nach dem Warum. Irgendetwas musste Hafner am Abend seines Todes hierher geführt haben, überlegte Alexandra, etwas, was mit dem Haus in Verbindung gebracht werden konnte. Oder hatte es doch mit ihnen als Personen zu tun? Mit Marie und ihr? Vielleicht wollte er ihnen ja doch noch ein Angebot unterbreiten, weil er inzwischen zu Geld gekommen war, wer weiß? Es half nichts, Alexandra musste mehr über den Professor in Erfahrung bringen – über Freunde, Verwandte, seine verstorbene Frau.
Eins nach dem anderen, mahnte sie sich, vielleicht hatte Marie noch eine Idee, auf die sie selbst noch gar nicht gekommen war.
»Wir haben eine Spur!« Jans Stimme drang regelrecht euphorisch durch den Hörer. »Meine Theorie scheint sich zu bestätigen. Wir haben eine Patronenhülse in der Nähe des Wagens gefunden, die zu besagter Patrone passt, die Hafner das Leben gekostet hat. Aber ich will den Tag nicht vor dem Abend loben«, lachte er.
»Wie jetzt? Habt ihr schon jemanden verhaftet?«, fragte Alexandra zurück, wobei sie einen enttäuschen Unterton nicht vermeiden konnte.
»Na, freudig überrascht klingt das ja gerade nicht. Geht dir das zu schnell oder ist es nicht spektakulär genug, wenn es doch ein verunglückter Jagdunfall war?«
»Nein, ja, doch – ach, ich weiß auch nicht. Irgendwie denke ich, dass die Sache doch komplizierter sein müsste. Dass noch mehr dahintersteckt als ein wildernder Bauer, der aus Versehen einen Menschen trifft.«
»Sieh mal einer an, du scheinst dir ja als Miss Marple richtig zu gefallen! Und jetzt bist du traurig, dass die Mörderjagd wahrscheinlich schon vorbei ist.« Alexandra konnte Jans breites Grinsen geradezu hören.
»Deine Komplimente waren schon immer gewöhnungsbedürftig, mein Lieber. Also ganz so schlimm, wie du tust, ist es nicht.«
»Wenn das so ist, bin ich ja beruhigt. Aber was ich dir noch sagen wollte: Die Person Balduin Hafner interessiert uns natürlich nach wie vor. Vielleicht gab es ja eine Verbindung zu dem Mann, der geschossen hat.«
»Gut, dann bleibe ich also am Ball, besonders weil Hafner sich damals wohl auch sehr für unseren Hof interessiert hat, als er zum Verkauf stand. Wir haben das Rennen nur gemacht, weil er im Preis nicht mehr höher gehen konnte.«
»Das ist ja interessant! Wer weiß, welche Strukturen dem zugrunde liegen. Am Ende hat unser Verdächtiger auch damit etwas zu tun. Danke für deinen Hinweis!«
Alexandra ließ die Frage nicht los, warum Hafner sich so besonders nachdrücklich für ihren Hof interessiert hatte. Die Wohnung, in der er lebte, gehörte ihm, und er war allein. Vielleicht hatte er ja die Absicht gehabt, sich wieder zu verheiraten? Aber ein regelmäßiger Damenbesuch wäre der Nachbarin sicher nicht verborgen geblieben und sie hätte ihr, als »Schwester«, sicher davon berichtet. Außerdem wäre das Anwesen für zwei Leute ohne Geschäft immer noch zu groß gewesen und der Professor hatte seinen Beruf offensichtlich geliebt. Deshalb war es unwahrscheinlich, dass er auf der Suche nach einer neuen Existenz gewesen war.
Am ehesten kämen sie der Antwort näher, wenn sie mehr über die Vorgeschichte des Hofes in Erfahrung brächten, beschloss Alexandra und brachte ihr Anliegen beim Abendessen vor.
»Marie, du hattest doch den besseren Draht zu den Vorbesitzern. Kannst du dich deshalb darum kümmern, etwas mehr über unseren Hof in Erfahrung zu bringen?«
»Du spielst auf den ältesten Bruder der sieben Geschwister an, stimmt's?« Marie musste lachen, als sie daran dachte, wie aufdringlich der alte Herr ihr damals den Hof gemacht hatte.
»Genau. Ruf ihn doch mal an. Dir wird schon was einfallen.«
»Und dann steht er morgen hier mit Blumen vor der Tür.« Marie schlug ergeben die Augen zum Himmel. »Und wie werde ich ihn dann wieder los? Das war doch damals schon ein Problem.« Alexandra grinste. »Vielleicht gefällt er dir ja jetzt besser, dann ist es nicht so schlimm, und einen neuen Mann hättest du auch.«
Marie stieß unter dem Tisch mit ihrem Fuß gegen Alexandras Schienbein.
»Aua!«
»Siehst du, das ist die Strafe!« Marie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, dann begann sie so zu lachen, dass Alexandra auch losprustete.
»Ich würde mich freuen, wenn wir in Kontakt bleiben«, brummte Marie mit tiefer Stimme, während sie ihre Freundin mit aufgerissenen Augen anstarrte und sie lüstern musterte, »hier ist meine Privatnummer.« Sie machte eine schwungvolle Geste, als ob sie Alexandra
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