Rosas Vermaechtnis
Ausschau zu halten. Dann haben Sie gestritten ...«
»... und mir ist nichts Besseres eingefallen, als ihn zu erschießen?« Welsch tippte sich unmissverständlich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. »Ich kannte den Mann doch gar nicht.«
»Aber er war Battners bester Freund. Er wird Ihnen doch im Lokal schon mal begegnet sein, wenn Sie dort Ware ablieferten.«
»Quatsch! Das haben wir so nie gehandhabt. Battner ist immer zu mir gekommen, um das Wild abzuholen, alles andere hätte nur zu unangenehmen Fragereien geführt.«
»Das leuchtet mir ein«, nickte Jan, »aber trotzdem kommen Sie nicht darum herum, mir zu erklären, wie die Patrone aus Ihrer Waffe in den Körper von Herrn Hafner gekommen ist.« Der Kommissar lehnte sich abwartend zurück. Der Bursche war ein harter Knochen.
Hafner hatte einen Freund, der ein Restaurant besaß – der Gedanke ließ Alexandra nicht los. Es musste eine Verbindung zu ihnen geben, und der Professor war am Abend seines Todes nicht zufällig auf dem Weg zu ihnen gewesen.
Alexandra stützte den schmerzenden Kopf in die Hände und starrte auf die Tischplatte.
»Du hast wieder damit angefangen«, sagte Marie leise und besorgt mit vorwurfsvollem Unterton.
Alexandra schaute auf. »Ja«, seufzte sie, »ich hatte in dieser Nacht einen regelrechten Albtraum. Der Professor versuchte, mir etwas zu sagen. Ich konnte mich nicht dagegen wehren und weiterschlafen wollte ich auch.«
»Alexandra, du weißt, was passiert, wenn du diese schweren Geschütze wieder regelmäßig nimmst. Du wirst wieder abhängig, und es hat doch so lange gedauert, bis du sie nicht mehr brauchtest. Nicht zuletzt deswegen sind wir hier und haben uns eine neue Existenz geschaffen.«
»Was kann ich denn dafür, dass ausgerechnet bei uns ein Mord geschieht? Hier, wo ich überhaupt nicht damit gerechnet habe? Irgendwie scheine ich mich automatisch in vergangene Leben einfühlen zu können, ob ich das will oder nicht. Die lassen mich einfach nicht in Ruhe. Hafner wollte mir etwas mitteilen, dessen bin ich mir sicher. Es war so eindringlich und es macht mir Angst.«
Marie ließ sich neben ihrer Freundin auf einem Stuhl nieder und legte den Arm um sie. »Komm, ich helfe dir. Wenn du willst, kannst du bei mir schlafen, damit ich dich wecken kann, wenn du anfängst, schlecht zu träumen. Du weißt, seit dem Tag, an dem Robert gestorben ist, habe ich einen leichten Schlaf.«
Alexandra sah ihre Freundin mitfühlend an.
»Das ist lieb von dir, aber ich muss da allein durch. Es hilft auch nichts, wenn ich dir die Tabletten zur Aufbewahrung gebe. Ich will selbst widerstehen lernen, damit ich dieses Kapitel endgültig abschließen kann.«
»Ich verstehe dich, trotzdem habe ich Angst, dass du wieder in die Abhängigkeit rutschst. Du weißt, wie schnell das geht. Wenn du das Zeug jetzt noch ein paar Mal nimmst, war's das.«
»Ich weiß, ich weiß. Ich hoffe, der Fall ist bald aufgeklärt. Aber ich bin mir sicher, dass es da noch einiges an fraglichen Punkten gibt, sonst wäre ich nicht so unruhig.«
3.
Als Alexandra am nächsten Morgen die Zeitung aufschlug und die Artikel überflog, wurde sie auf ein Detail aufmerksam, das sie zuerst überlesen hatte, und blätterte noch einmal zwei Seiten zurück. Ohne genau zu wissen, wonach sie eigentlich suchte, glitt ihr Blick über die Zeilen und plötzlich sprang es ihr förmlich ins Auge: »Der bekannte Restaurantkritiker Bertram Höppner ist tot.« Unter der Überschrift war ein kleines Bild zu sehen – es zeigte das Konterfei von Balduin Hafner!
»Marie, schau mal, was ich gefunden habe!« Sie sprang auf und lief die Zeitung hin- und herschwenkend zu ihrer Freundin in den Laden. »Hafner war nicht nur Professor für Alte Geschichte, er war unter dem Namen Bertram Höppner auch Restaurantkritiker. Jetzt wird mir klar, warum die vielen Besprechungen auf seinem Schreibtisch lagen – er muss sie selbst verfasst haben. Und wenn ich dem Artikel glaube, war er in der Szene ziemlich bekannt und auch gefürchtet.« Alexandra schien einen Moment lang durch Marie hindurchzustarren. Dann fuhr sie eifrig fort: »Weißt du was? Wir fahren heute Abend nach Königswinter. Ich lade dich zum Essen ein. Wir gehen ins La Vita.«
Das Lokal lag im romantisch-historischen Ortskern des unmittelbar am Rhein gelegenen Weinortes, am Fuße des Petersberges. Die Lage mutete nicht nur durch den Weinanbau äußerst idyllisch an, aber Alexandra mochte das Städtchen nicht besonders,
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