Rose der Prärie
Schnitzereien der Männer hier. Es wäre doch schade, wenn etwas davon verkauft und getauscht werden würde, ohne dass alle anderen es vorher bewundern können.“
„Schnitzen Sie auch?“
„Ich schneide nur Braten auf.“ Sie rümpfte die Nase. „Meine Einführung ins Schnitzen endete damit, dass ich das Messer fallen gelassen habe. Es ist direkt in Paw-Paws Holzbein stecken geblieben.“
Es gefiel ihm, dass sie das so offen zugab. „Ich bin sicher, dass die anderen Männer mir darin zustimmen, dass Ihre Kochkünste das beste Kunstwerk des ganzen Abends sind.“
„Nicht unbedingt. Vor ein paar Jahren habe ich ein paar Muscheln getauscht und mit nach Hause gebracht. Die Männer haben sich damals der Herausforderung gestellt, nach einem so zerbrechlichen und undankbaren Modell zu schnitzen. Die ersten Stücke sahen schlimm aus. Aber als sie erst einmal gelernt hatten, wie sie das Holz bearbeiten mussten, damit es wie eine Muschel aussah, zeigte sich wirkliches künstlerisches Talent in einigen der Männer. Eigentlich sind alle auf ihre Weise wirkliche Künstler.“
Während sie das sagte, schnitt sie mit unglaublich schnellen Bewegungen einen ganzen Berg Möhren, sodass Todd vor Staunen fast der Mund offen stand. Mit seiner Hilfe schüttete sie die fertig geschnittenen Möhren in eine Bratpfanne.
Ungefähr fünf Minuten später stand Todd neben dem Bett seiner Mutter. Als er das letzte Mal bei ihr gewesen war, hatte sie mit dem Rücken zur Tür gelegen. Jetzt lag sie auf der anderen Seite. Miss Rose stopfte gerade einige Kissen in ihren Rücken und unter ihre Beine wie in einem Nest, damit sie nicht zurückrollen konnte. Diese Frau muss einfach überall ein Nest bauen – entweder in Schüsseln, mit ihren „Schätzen“ oder mit Kissen. Aber Ma sieht gut aus und das ist die Hauptsache.
Todd trat einen Schritt vor, um ihr zu helfen. „Das kann ich doch machen.“
„Ich bin schon fertig.“ Miss Rose machte einen großen Schritt über etwas hinweg, das auf dem Boden lag.
Er kam zu ihr, um es aus dem Weg zu räumen, aber sie wollte es scheinbar nicht. Handtücher. Aber sie hatte doch bestimmt nicht genug Zeit gehabt, um Ma zu baden. Warum also ...? Er zog die Augen zusammen. Das waren keine Betttücher. Es war ein Stapel Sackleinen von Mehlsäcken, in ein Handtuch eingewickelt. Wie angewurzelt stand Todd da und sah von Miss Rose zu seiner Mutter und dann zu dem windelartigen Ding auf dem Boden, bis ihm endlich ein Licht aufging.
„Ihre Mutter hat so wundervolle Haare.“ Miss Roses liebevolle Stimme stand in starkem Kontrast zu ihrem strengen Blick, mit dem sie ihm augenscheinlich verbot, die Windeln anzusprechen. „Die Mischung aus silbergrau und braun sieht aus wie Zucker in Muskat.“
Er nickte kurz, um ihr zu zeigen, dass er sie verstanden hatte. Ihre Bemerkung gab ihm die Möglichkeit, über etwas Unverfängliches zu reden. „Meine Schwester hat die braunen Haare und Augen von meiner Mutter geerbt.“
„Sie haben eine Schwester?“ Klang da Erleichterung in ihrer Stimme?
„Arletta. Sie und ihr Mann haben letzten Freitag ein Schiff nach Frankreich genommen.“ Selbst wenn er seine Schwester erreichen könnte, würde das nichts bringen. Seit Arletta mit einem reichen Mann verheiratet war, hatte sie alle ihre Werte über Bord geworfen. Als dann ihr Stiefvater starb, zog Ma zu Arletta. In ihren seltenen Briefen beklagte sich seine Schwester jedes Mal darüber, dass Ma zu neugierig war – und eigentlich auch eine Zumutung. Zu der Zeit pflügte er gerade sein erstes Feld und lebte in der Scheune mit den Tieren. Auf seinen Brief hin, dass er Ma so bald als möglich zu sich holen würde, bekam er keine Antwort. Doch ein paar Monate später erhielt er dann plötzlich eine kurze Nachricht von seiner Schwester. Sie würden nach Europa reisen, wüssten nicht, wann sie wiederkämen, und außerdem sei er jetzt an der Reihe, diese „Last“ auf sich zu nehmen und Ma zu sich zu holen. Ma wusste von alledem nichts, und wenn es nach ihm ging, würde es auch so bleiben.
Eigentlich hätte alles so einfach sein sollen. Und jetzt war es so kompliziert .
Miss Rose beugte sich vor und hob die Wäsche auf. Agil. Lebendig. Sie bewegte sich so zielgerichtet. Auf seiner Reise hatte Todd immer wieder die verschiedensten Frauen beobachtet. Oh, wie wunderbar hörte sich in seinen Ohren, die an eine Männerwelt gewöhnt waren, doch eine helle Frauenstimme an! Immer, wenn er das Rascheln der Unterröcke hörte und ein
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