Rose der Prärie
dass sie auf diesem weichen Stroh bald mit dem Legen anfangen. Das würde mich jedenfalls sehr freuen. Ich habe vorher noch nie darüber nachgedacht, wie viel Eier, Milch und Butter ich beim Kochen und Backen verbrauche. Erst jetzt, wo ich nicht viel davon habe, fällt es mir auf. Allein ein ordentliches Frühstück vorzubereiten ist ohne diese Zutaten –“
„ ... kein Problem mehr“, unterbrach sie Linette. Dann öffnete sie die erste der beiden großen Kisten, die sie mitgebracht hatte. Kaum war die Tür einen Spalt offen, als auch schon ein Hühnerschnabel erschien und ihr gegen die Hand pickte. „Ich habe Butter und Milch mitgebracht, um die Zeit zu überbrücken, bis Ihr Mann eine Milchkuh gekauft hat.“
Trotz dieser aufmunternden Worte war sich Maggie ziemlich sicher, dass Todd weder eine Milchkuh besaß noch vorhatte, eine zu kaufen. Doch das war vielleicht wieder eine Sache, in der sie ihn unterstützen und ihm eine Hilfe sein konnte. Mit ihrer Erfahrung als Händlerin würde sie bald herausfinden, wie wertvoll eine Milchkuh hier in der Gegend war, wer eine Kuh zu viel besaß und was er dafür haben wollte. Aber jetzt musste sie sich erst einmal um die Hennen kümmern. Mit einem Ruck zog sie ihre Ärmel so weit wie möglich herunter, damit ihre Handgelenke bedeckt waren, und schnappte sich ein Huhn.
Es dauerte nicht lange, die Hennen zu befreien. Die letzte Henne pickte Maggie in die Hand. „Wenn du das noch einmal versuchst, dann wirst du meinen schönsten Topf von innen kennenlernen!“
Linette musste lachen. „Wenn Todd Sie jetzt hören könnte, würde er Ihnen wahrscheinlich sagen, dass diese Henne immer aus der Reihe tanzt, nur um ein gutes Hühnchen zum Abendessen zu bekommen.“
„ Der Mann kann gerne die Hinterkeule eines rennenden Hirschs essen, aber er sollte besser diese Hennen in Ruhe lassen. Ich muss die Brut hier hegen und pflegen, damit sie sich vermehren. Schließlich muss ich im Sommer für die Erntehelfer kochen und noch genug für unsere Sonntagsessen übrig behalten. Ich habe mal ausgerechnet, dass ich ungefähr fünf Dutzend Hühner brauche und die überzähligen Eier könnte ich verkaufen.“
„ Dann wäre das Hühnergehege so groß wie Ihr Haus!“ Linettes fröhliches Lächeln verschwand und stattdessen wurde sie vor Beschämung feuerrot. „Ich sollte nicht ... ich wollte nicht ...“
„ Mein Onkel Bo hätte genau dasselbe gesagt. Immer wenn jemand mich neckt und mir die ungeschminkte Wahrheit sagt, fühle ich mich gleich richtig zu Hause.“
Linette starrte sie mit offenem Mund an. „Das ist nicht Ihr Ernst!“
Maggie zuckte mit den Schultern. „Ich bin sicher, dass die eleganten Manieren mancher Frauen in feinen Kreisen angebracht sind, aber ich bin eine einsame Frau. Einsamkeit reduziert vieles auf das Wesentliche. Mehr als alles in der Welt wünsche ich mir schon seit Langem eine Freundin, die Jesus lieb hat und mit der ich Zeit verbringen kann. Ich weiß, dass Sie es überhaupt nicht böse meinen. Wenn Sie möchten, dass ich Ihnen etwas übel nehme, dann müssen Sie mich schon auf den Kopf hauen oder mich und meine Familie beleidigen. Bis dahin haben Sie mein volles Vertrauen als Freundin.“
Die Haltung ihrer neuen Freundin entspannte sich merklich, als wäre ihr eine große Last von den Schultern gefallen. „Glauben Sie ja nicht, dass ich die einzige Person beleidige, die mich so mag, wie ich bin.“ Verlegen schaute sie weg und wischte sich die Hände an der Schürze ab. „Ich wollte die ganze Zeit schon etwas sagen – Sie tragen noch Ihren besten Sonntagsschmuck.“
„ Welche Kamee trage ich denn?“ Maggie nahm die Brosche ab, besah sie sich und lächelte. „Großvater hat die hier für mich geschnitzt. Rose war mein Mädchenname und ich liebe meine Rosen sehr.“ Sie steckte sie wieder an. „Kommen Sie hierher.“
Linette setzte sich in den Whiskyfass-Stuhl. „Piet hat seinem Bruder davon erzählt – der Stuhl soll Glück bringen.“
„ Ich habe ihn heute Morgen eingetauscht und der Mann wollte morgen zurückkommen, um den Handel abzuschließen. Leute, die genug Geld fürs Glücksspiel haben, sollten eigentlich so schlau sein und ihr Geld nicht beim Glücksspiel einsetzen.“ Sie klappte eine lange, schmale Kiste auf und wählte etwas aus. „Dieser Tag heute war alles andere als einfach, aber von dem Moment an, als ich Ihre Kutsche in der Ferne sah, wurde alles besser. Nach all den Jahren, in denen ich ihm immer wieder mit dem gleichen
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