Rose der Prärie
ein Schlag durch Gottes Hand, der mich halb totgemacht hat.“ Sie drehte sich um und sah für einen Moment ihr Spiegelbild in dem Spiegel über dem Waschtisch. Dieser kurze Eindruck war alles, was sie brauchte. Jetzt wusste sie, was aus ihr geworden war. „Ein unnützes Bein und ein untauglicher Arm, eine gelähmte Gesichtshälfte und ein Mund, der mit jedem Mal hässlichere Dinge ausspuckt, wenn ich ihn aufmache. Wie kann ich Gott bitten mich zu heilen, wenn er mir das doch angetan hat?“
„ Herr, du musst schnell etwas tun. Wir beide wissen, dass dein Wort sagt, dass wir uns nicht leicht erzürnen lassen sollen, aber diese Frau da drin hat mich bald so weit. Weißt du, was ich eben beinahe gesagt hätte? Natürlich weißt du das. Aber ich werde Shakespeare trotzdem zitieren, denn du und er scheinen im Moment meine einzigen Freunde zu sein. Wenn ich jetzt nicht wenigstens einen Teil meines Ärgers loswerde, lasse ich meinen Zorn an der griesgrämigen, alten Frau aus und verletze ihre Gefühle.“ Maggie atmete tief durch und nahm die Pose ein, in der ihr Vater immer gestanden hatte, wenn er Othello spielte. „‚Und du, Weib, die von Sankt Peter just das Gegenteil, der Hölle Pforten sperrt!‘“
Ein kalter Wind blies um das Haus, und die Vögel zwitscherten. Nichts hatte sich geändert. Maggie atmete aus und schüttelte den Kopf. „Jesus, das hat überhaupt nicht geholfen. Ich habe mich genauso selbstsüchtig verhalten wie sie. Nun, nicht ganz. Wenigstens habe ich es ihr nicht an den Kopf geworfen, damit sie sich für den Rest ihrer Tage schlecht fühlt. Aber es war trotzdem nicht richtig.
Du und ich und Onkel Bo – wir haben schlimme Zeiten erlebt und sie überstanden, aber jetzt sind es nur noch du und ich. Ich weiß, dass ich mich auf meinen Mann stützen soll, aber das kann ich nicht. Jedenfalls noch nicht. Besonders deshalb nicht, weil seine Mutter immer noch das Wichtigste in seinem Leben ist. Ich kann mit ihm nicht da-rüber reden. Und wenn ich falsch liegen sollte und er seine Mutter mir nicht vorzieht, bin ich immer noch nur ein Mittel zum Zweck. Bisher wusste ich nicht, dass ein Herz so leer und kalt sein kann. Zu Hause war jeder Tag immer angefüllt mit Freude und Glück. Die Wochen und Monate sind nur so vorbeigeflogen. Jetzt kriecht jede Stunde dahin wie eine Schnecke ... und ich habe dabei auch noch ein schwer beladenes Herz.“
Maggie hing ihren Gedanken nach und fragte sich, was sie getan hatte. Ihre Liebe zu Todd und die Sehnsucht, von ihm geliebt zu werden, hatte sie an diesen einsamen Ort gebracht. Die schrecklichen, erdrückenden Schulden hatten Todd in ihren Bann geschlagen und das würde sich auch in den kommenden Jahren nicht ändern. Er braucht alle seine Gefühle, um sich Sorgen über Geld und seine Mutter zu machen. Ist das, was übrig bleibt, genug, um sich in mich zu verlieben?
Todd kam zu ihr zum Rand des Feldes, um etwas zu trinken. Er trank vier Schöpfkellen und gab ihr einen Schluck von der nächsten, bevor er auch die austrank. Dann fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare und räusperte sich. „Ich habe das Haus in Gedanken immer wieder umgeräumt. Doch wie ich es auch drehe und wende, es funktioniert einfach nicht.“
„ Es funktioniert, wenn die Betten jeweils an einer Wand stehen. Aber du musst die Betten tauschen, damit Ma immer noch auf der rechten Seite aus dem Bett kommen kann.“
„ Aber dann kann sie nicht mehr am Fenster sitzen.“
„ Sie wird nur ein oder zwei Meter davon entfernt sitzen.“ Maggie zuckte mit den Schultern. „Die Aussicht bleibt dieselbe.“
Er trank noch eine Kelle. „Ich habe ihr das Fenster versprochen und sie wird frieren, wenn ihr Bett direkt an der Wand steht. Da wir sowieso den ganzen Tag arbeiten, dachte ich, dass es dir nichts ausmacht.“
Es macht mir etwas aus. Du hättest mich fragen sollen, statt ihr einfach den besten Platz zu überlassen. „Man kann ihr Bett doch schmaler machen, oder?“
„ Nein. Der Rahmen ist aus Eisen. Und die Hütte ist zu schmal dafür, um die Betten mit den Fußenden zusammenzuschieben.“ Er wischte sich mit seinem Halstuch über die Stirn und starrte an ihr vorbei zum Haus. „Vielleicht wird die Ernte so gut, dass ich ein weiteres Zimmer anbauen kann. Doch jetzt werde ich unser Bett erst einmal ganz an die Wand schieben.“
Monate lagen vor ihr, in denen ihr Bett nur knapp einen halben Meter von Mas Bett entfernt stand und wenn die Ernte nicht gut war, vielleicht Jahre. Jetzt, da
Weitere Kostenlose Bücher