Rosen des Lebens
einen Edlen der
Robe empfing, der Ämter und Würden und einen schönen Adelssitz innehatte und mein Nachbar war, ein Mann von Gewicht und Einfluß,
von dem ich hoffte, er würde nicht nur der Schwiegervater meines Verwalters werden, sondern sich auch mir in Freundschaft
verbinden.
Louison stand vor der Haustür, auf ihr Zeichen sollte ein Diener beide Flügel für unseren Eintritt öffnen. Sie hatte ihren
schönsten Reifrock angelegt, den sie aus Takt und Demut aber in zurückhaltender Farbe gewählt hatte, und trug keinerlei Schmuck
– ein Opfer, das sie etwas gekostet haben dürfte.
Als Vater und Tochter an ihr vorübergingen, machte sie ihnen eine tiefe, anmutige Reverenz, doch senkte sie die Augen dabei
nicht so schnell, daß sie nicht noch bis ins kleinste erhaschte, wie Mademoiselle de Peyrolles gekleidet war. Ich konnte nur
staunen, als sie mir abends die genaueste Beschreibung davon gab, denn so aufmerksam ich auch beobachte, wie unsere Damen
sich putzen – schon um ihnen dafür Komplimente zu machen –, habe ich doch nie diesen blitzschnellen, scharfen Blick, mit dem
sie sich untereinander begutachten.
Tatsächlich war Laurena de Peyrolles gekleidet wie eine Prinzessin, die hunderttausend Ecus Rente besitzt. Ich aber bewunderte
ihre goldblonden Haare mehr als das Perlennetz, das sie umfing, und viel mehr als ihre Ohrgehänge und ihr dreireihiges Perlenkollier
entzückten mich ihre himmelblauen Augen, ihre hübsche Nase, ihr reizendes Lächeln und ihr feiner weißer Hals, den sie graziös
nach rechts und links bog.
Ich bot Monsieur de Peyrolles zu meiner Rechten Platz, seiner Tochter zu meiner Linken und dem Pfarrer zwischen ihr und Monsieur
de Saint-Clair. Und um das Tischgespräch zu eröffnen, das ja alles außer dem Entscheidenden berühren durfte, fragte ich Monsieur
de Peyrolles nach seinen Ernteerträgen, eine Frage, die er mit einer Ausführlichkeit beantwortete, als ob man Saint-Clair
von den unseren reden hörte. Der aber blieb während des ganzen Essens stumm wie ein Karpfen. Mademoiselle de Peyrolles, schön
wie ein Bildnis, schwieg ebenso, und Pfarrer Séraphin nickte zu allem, was gesagt wurde, mit dem Kopf, sicher geschmeichelt,
daß er dabei war, aber ohne recht zu wissen, warum.
|259| Ich aber hatte beim Plaudern alle Muße, Monsieur de Peyrolles zu betrachten. Mit seinen über fünfzig Jahren war er ein schöner,
stattlicher Mann, breite Schultern, blaugraue Augen, ein ernstes Gesicht und die Miene eines, der nicht mit sich spaßen läßt.
Er trug dunkelbraune Kleider, meines Erachtens ein Kompromiß zwischen dem Schwarz, auf das er zu seiner Amtszeit als Untersuchungsrichter
beschränkt gewesen war, und den leuchtenden Farben, in die sich die Edelleute kleideten und die er trotz des Landbesitzes,
dessen Namen er trug, nicht hätte anlegen können, ohne sich lächerlich zu machen.
Ebenso maßvoll und klug war Monsieur de Peyrolles auch in seinen Reden. Bedächtig wog er seine Worte und meine mit feiner
Waage, beurteilte und schätzte mich ein, nicht vermessen und auch nicht schüchtern. Kurz, ein Mann, dessen einzige sichtbare
Eitelkeit mir seine vergoldete Kutsche zu sein schien, falls er damit nicht nur seiner verstorbenen Frau einen Gefallen getan
hatte. Mehr aus seiner Deckung ging er, als ich ihn nach der Mahlzeit in mein Kabinett bat und er mir in einem Lehnstuhl gegenübersaß.
Doch sprach ich nicht als erster, weil er mich ja um dieses Gespräch gebeten hatte, und so schaute ich ihn denn nur mit höflich
fragender Miene an.
Monsieur de Peyrolles verstand mich bestens, und da er von Amts wegen große Übung in heiklen Verhandlungen hatte, machte er
mir zunächst eine Verneigung, die ich sogleich mit einer Verneigung erwiderte. Hierauf hielt er eine kleine Rede, ganz in
tiefem, gedämpftem Ton.
»Herr Graf«, sagte er, »laßt Euch versichern, daß ich überaus glücklich wäre, wenn sich Orbieu und Peyrolles vermittels der
ins Auge gefaßten Verbindung näher kommen würden (wo mit er mein und sein Gut auf eine Ebene stellte, was mir ein wenig hochgegriffen schien). Um so mehr«, fuhr er fort, »als ich
für Monsieur de Saint-Clair eine besondere Achtung auf Grund seiner glänzenden Talente und Tugenden hege. Und da ich Witwer
bin, wäre ich außerdem sehr glücklich, wenn meine einzige Tochter so nahe bei mir leben und die Freude und der Trost meiner
alten Tage bleiben könnte.«
Nachdem Monsieur de
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