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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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obendrein so feige war, daß er, auf die Wiese bestellt, einen seiner Brüder hinschickte, sich an seiner Statt zu schlagen,
     daß ein solcher Mann, sage ich, in den Rang des obersten Heerführers nach dem König erhoben wurde.
    Allein schon die Tatsache, daß Ludwig diese seit sieben Jahren vakante Stelle besetzte, erweckte größtes Erstaunen. Ich erinnerte
     mich noch gut, wie beim Tod des letzten Amtsträgers, des Herzogs von Montmorency, im Jahr 1614 der damals dreizehnjährige
     Ludwig mit aller Entschiedenheit gesagt hatte: »Es gibt viele, die dieses Amt haben wollen, aber man darf es niemandem geben.«
     Und weil Ludwig in diesem Alter wohl noch nicht verstehen konnte, warum die großen Machtbefugnisse dieses Amtes einen Konnetabel
     sogar für den Herrscher, der ihn ernannt hatte, gefährlich machten, konnte er diese Meinung nur von seinem Vater gehört und
     sich gemerkt haben.
    |298| Tatsächlich hatte unser Henri den Herzog von Montmorency im Jahr 1583 nicht frohen Herzens in dieses hohe Amt eingesetzt.
     Doch war es in der berühmten Familie sozusagen erblich, und Henri konnte es diesem tapferen Soldaten gar nicht abschlagen,
     der sich ihm so früh angeschlossen und ihm so sehr geholfen hatte bei der Eroberung seines Königtums. Was den Béarnaiser letztlich
     beruhigte, war, daß der Herzog derzeit schon sechzig Jahre alt war und, obwohl er etwas vom Krieg verstand, doch keine Geistesleuchte
     war. Er starb mit achtzig Jahren, und obwohl Concini, damals schon Marschall von Frankreich, dieses Amt heftig begehrte, das
     ihn zu einer Art Vizekönig gemacht hätte, stemmten sich die Minister so entschieden dagegen, daß Maria von Medici es nicht
     wagte, ihre Meinung zu übergehen, und ihn nicht ernannte.
    Dennoch, sagte ich mir in stiller Verteidigung meines Königs, war es nicht ganz verkehrt, dieses hohe Amt in unserer gegenwärtigen
     Lage wiederzubeleben. Die Hugenotten dachten trotz der Maßregelung im Béarn nicht daran, sich zu besinnen, und gingen in ihrer
     Anmaßung und Rebellion so weit, schon fast einen Staat im Staate zu bilden und der Autorität des Herrschers ein Drittel seines
     Reiches zu entziehen: Unter diesen Bedingungen einen Konnetabel zu ernennen war eine unmißverständliche Warnung und bedeutete
     diesen Rebellen: Hütet Euch! Wenn ihr euch nicht bessert, droht euch die Züchtigung! Das Unpassende war also für mein Gefühl
     nicht, daß dieser Titel vergeben wurde, sondern die Wahl der Person, der man ihn anvertraute, weil sie diesem ruhmvollen Amt
     so kläglich unterlegen war.
    Was mich ebenfalls grämte, und mehr, als ich hier sagen kann, war, daß ich mich zum erstenmal, seit ich dem König diente,
     durch die Wahl, die er getroffen hatte, grausam getäuscht fand. Und dabei konnte er zu seiner Verteidigung nicht anführen,
     man habe ihn falsch beraten, denn weder der Kronrat noch die Minister hatten diese Ernennung debattiert.
    Dieser Mißgriff oder Patzer, wie man will, warf einen beunruhigenden Schatten nicht etwa auf meine Treue – die hielt ich Ludwig
     bis an seinen Tod –, aber auf meinen bis dahin genährten Glauben, daß er in der Verwaltung des Reiches nicht irren könne,
     wenigstens nicht dauerhaft, so verläßlich sei sein gesunder Menschenverstand.
    |299| Ein Jahr aber, nachdem Luynes gestorben war, hatte ich ein Gespräch mit Déagéant bei einer Flasche Wein in meiner Louvre-Wohnung,
     und nun begriff ich, daß ich damals doch ein waghalsiges Urteil über Ludwig gefällt hatte.
    »Nein, nein, Herr Graf«, sagte feurig der einstige Mitverschworene des vierzehnten April, »Luynes war durchaus nicht Ludwigs
     erste Wahl. Er hatte einen Mann im Sinn, der von Jugend auf im Felde gedient und Henri Quatre die größten Dienste geleistet
     hat, der die Liga in der Dauphiné vernichtend schlug und Sieg auf Sieg über den Herzog von Savoyen errang, der damals mit
     Philipp II. von Spanien verbündet war.«
    »Lesdiguières?« schrie ich, »der großartige Lesdiguières?«
    »Jawohl, Herr Graf, Lesdiguières! Ein ebenso gewandter Diplomat wie verdienstvoller General. Ein Hugenotte, der aber dem französischen
     Thron stets eherne Treue bewiesen hat, unter Henri Quatre, unter der Regentschaft wie auch unter Ludwig XIII., und der obendrein
     alt und weise genug ist (er war damals sechsundsiebzig Jahre alt), um über den enormen Machtbefugnissen des Konnetabelamtes
     nicht den Kopf zu verlieren.«
    »Baron«, sagte ich, »ist das wahr? Hat Ludwig tatsächlich an

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