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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Teilnehmer), aus einer Kette von Schatzhäuschen (in denen die kostbaren Weihgaben aufbewahrt wurden), aus den wenigen Wohnungen der Beamten und aus den beiden Sportplätzen, dem Leichtathletikstadion und der Pferdearena.
    Das Zentrum, etwa zweihundert Meter im Quadrat, bildete der von allen alten Dichtern so oft genannte und besungene »Heilige Hain«. Ursprünglich, war er wohl nur durch Rosenhecken abgegrenzt, später durch eine toregeschmückte Mauer. In ihm lagen die drei, vier großen Tempel und die repräsentativen Gebäude.
    Sie müssen sich diesen »Heiligen Hain« ähnlich einem Kurpark vorstellen. Er lag am Fuße des Kronosberges, und die Zypressen und Eichen zogen sich bis zu ihm herab. Die Wege waren gepflegt, die Marmorsäulen und Tempeltreppen leuchteten zwischen dem Grün hervor wie heute ihre falschen Nachfahren auf unseren Kurpromenaden. Abgesondert von den anderen Bäumen, dicht neben dem Zeustempel, stand der Ölbaum, von dem der auserwählte — wie die Griechen so schön sagten — »doppelt umblühte Jüngling« (Vater und Mutter mußten noch am Leben sein) mit einem goldenen Messer die Zweige für die Siegerkränze schnitt.
    Olympia war geheiligter Bezirk, niemand durfte ihn mit Waffen, niemand mit einer Blutschuld oder im Bann betreten. Die Reise von und zu den Spielen stand unter Gottesfrieden. Die Griechen wanderten auch in den drei Jahren zwischen den Festen gern nach Olympia, um noch einmal oder vielleicht das einzige Mal in ihrem Leben vor dem goldenen Zeus zu stehen.
    Der Eindruck muß sehr schön und heiter gewesen sein — ein bißchen Berliner Museumsinsel, ein bißchen Bad Ems zur Zeit des alten Kaisers Wilhelm.
    Aber...
    ...aber in den Jahren der Spiele waren alle Gewalten, von der Fliegenplage bis zum ohrenbetäubenden Krach, entfesselt. Die Daheimgebliebenen beneideten die Olympiabesucher, und die Olympiabesucher beneideten die Daheimgebliebenen. Ein geflügelter Witz war die Geschichte von dem Herrn, der zu seinem faulen Diener zornentbrannt sagte: »Ich werde dich zur Strafe nicht in die Tretmühle stecken, sondern nach Olympia mitnehmen.«
    Mitte August herrschte im Alpheiostal eine wahre Höllenhitze. Stadion und Arena lagen ungeschützt in der Sonne, und den Zuschauern waren Kopfbedeckungen aus einem Grunde, den wir leider nicht mehr kennen, verboten! Zur Zeit des Alkibiades wird die Zahl der Olympiareisenden sicher an die zehntausend betragen haben. Der Wirrwarr, der Krach, das Geschiebe und Gedränge von zehntausend Männern, vornehmen und armen, alten und jungen, Athleten, Trainern, Zuschauern, Delegationen, Kaufleuten, Händlern, Priestern, Beamten, Polizisten — das alles muß ziemlich fürchterlich gewesen sein. Schön, aber fürchterlich. Epiktet sagt einmal: »Was? Nach Olympia geht ihr? Ja, reichen euch denn die Mühsale des Lebens nicht?«
    Mit Pferd, mit Wagen und zu Fuß strömten die Griechen herbei, in festlicher Stimmung. Je näher man Olympia kam, desto schneller wurde der Wettlauf, vor allem der Wettlauf nach den Quartieren in Elis und den kleinen Dörfern, denn Olympia selbst war auf nichts eingerichtet, es gab keine Herbergen, keine Hotels — es gab nur die Flußwiesen. Da lagerten sie dann auch zu Tausenden, dazwischen standen die Zelte der Wohlhabenden, die Buden und Stände der fliegenden Händler, die Karren, die Maulesel; Greise, die noch einmal gekommen waren, um ihre Enkel kämpfen zu sehen, kampierten auf der nackten Erde, während Knaben, wie alle Knaben der Welt, zwischen Zelten und Ginstersträuchern Olympiasieger spielten.
    Hier stand auch, vielleicht etwas abseits, das märchenhafte persische Prunkzelt, das sich Alkibiades hatte errichten lassen. Es war von vielen kleinen Zelten seiner offiziellen Begleitung und der Schar seiner Ephebenjünglinge umgeben, eine Zeltstadt für sich, beständig von Tausenden umlagert und bestaunt. Jedermann wußte, wer der junge Herr war, dem die Attiker solche Ehren erwiesen. Und jedermann wußte, daß er aus seinem Rennstall sieben Vierergespanne für das Wagenrennen gemeldet hatte. Ein berühmter Gast wohnte bei ihm, ein weltberühmter: Euripides. Man schaute dem großen Dichter nach, wenn er durch die Menge schritt, und folgte ihm, wenn er unter den schattigen Bäumen des Heiligen Hains spazierte. Olympia hatte viele, hatte fast alle berühmten Dichter gesehen und gehört. Pindar war hier gewesen, in alter Zeit Archilochos, dann Simonides und Herodot, von dem Lukian erzählte: »Alle kannten ihn, es gab

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