Rosen für Apoll
Unrechten Moment damit belästigte.
Sparta betete noch. Kleon würde geantwortet haben, es habe auch allen Grund dazu.
Als die Gesandten abgezogen waren, hielt er eine schnaubende Rede vor dem Volke, beschimpfte die Strategen und erbot sich, die Spartaner bei lebendigem Leibe von Sphakteria herunterzuholen. Da erhob sich Nikias, bleich, aber mit perikleischer Ruhe, und übertrug kraft seines Amtes Kleon die Führung der Expechtion. Die Menge lachte und lärmte und rief pausenlos Kleons Namen, voller Vergnügen über diese Szene und — wahrscheinlich — voll Gewißheit, daß der »Gerber« das Kunststück zustande bringen würde.
Er brachte es wirklich zustande. Nach zwanzig Tagen, wie er es versprochen hatte, kam er mit hundertzwanzig Spartiaten und hundertzweiundsiebzig anderen Gefangenen an!
So witzig die Sache von seiten der Athener aussah, so verhängnisvoll waren die Folgen für ihre »Bundesgenossen«. Kleon schaltete und waltete jetzt, wie er wollte. Zunächst füllte er die Kasse wieder auf, indem er die »Bundesgenossen« auf das schamloseste erpreßte. Niemand wagte aufzubegehren, denn niemand setzte auf Sparta noch einen Obolus. Ja, er war ein großer Field geworden! Das dankbare Volk verlieh ihm die höchste Auszeichnung, die Athen zu vergeben hatte: lebenslängliche Speisung im Prytaneion und einen Ehrensitz bei allen Festen. Der erfahrene Leser weiß hier schon, daß die lebenslängliche Speisung für den Staat keine Belastung von allzu großer Dauer gewesen sein wird. Tatsächlich trat eine jähe Wendung ein. Eine Idee, die ein Spartaner hatte, eine im wahrsten Sinne absurde Idee brachte den Umschwung. Sie kennen den Namen dieses Mannes schon, es ist Brasidas, der den Perikleischen Landungsver-such bei Methone abschlug. Der junge, verwegene General vom Schlage eines Blücher oder Murat hatte den Plan, mit einem Stoßtrupp von i 700 Mann quer durch Griechenland bis hoch in den Norden durchzubrechen, Chalkidike mit den athenischen Goldminen zu besetzen und Thrakien zum Aufruhr zu bringen. Ein geradezu wahnwitziger Plan, aber die Spartiaten begeisterte er. Die siebzehnhundert, die Brasidas auswählte, fühlten sich wie die Götter; endlich waren sie wieder die »Herakliden«!
Ein paar Wochen später war Chalkidike in spartanischer Hand!
Das war im eigentlichen Sinne die Gegeninvasion, der Konterschlag zur athenischen Landung in der Bucht von Pylos.
Bitte, behalten Sie ihn als zweites Stichwort für den Kleonischen Abschnitt des Krieges im Gedächtnis — es kommt jetzt nicht mehr viel.
Athen war zum Waffenstillstand bereit, doch Kleon, auf dem Gipfel seiner schäumenden Wut, riß das Volk noch einmal mit, setzte sich selbst an die Spitze eines Expechtionskorps und zog nach Chalkidike los. Er war doch ein kühner Prolet.
Wie er dort im Lande wütete, ist unbeschreiblich. Die Städte wurden niedergebrannt, die Männer hingerichtet, alle Frauen und Kinder als Sklaven verkauft.
Bei Amphipolis stieß er auf Brasidas. Der Spartaner griff sofort an; in Sekundenschnelle war die athenische Truppe überrumpelt und alles zu Ende. Kleon war tot, Brasidas war tot. Apoll, böse und des Treibens müde, hatte zugeschlagen.
Der Tod der beiden Männer löste einen größeren Schock aus als alle Schlachten. Im April 421 schloß Nikias den sogenannten Fünfzigjährigen Frieden mit Sparta. Er hielt zwar nicht fünfzig Jahre, aber er hielt wenigstens etwas: ein wenig Abstand zur zweiten Halbzeit.
Was uns jetzt noch übrigbleibt, ist, uns um den »Sieger« zu streiten. Die Historiker tun es fleißig, aber erfolglos. Der Nikiasfriede erneuerte im großen und ganzen den Status quo, nur gab es diesen Status quo nicht mehr. Athens Macht war geschwunden, Spartas Macht war geschwunden. Manche Verpflichtungen konnte weder die eine noch die andere Seite einhalten, denn man hätte über Dritte verfügen müssen, die nicht mehr über sich verfügen ließen.
Die Erde dreht sich weiter. Niemals kommt ein »Status quo« wieder.
... spricht fast gar nicht von unangenehmen Dingen, wenn man von einem kleinen Raubmordüberfall, von dem Verkauf einiger Griechen in die Sklaverei und anderen Geringfügigkeiten absieht, die Polikern so unterlaufen. Man kann es geradezu ein Friedenskapitel nennen.
Die Spartaner waren sicher schon wieder fleißig am Exerzieren, als der Athener Landsturm den Staub von den Füßen schüttelte und den Schild in die Ecke stellte. Ein Bad, ein reines Hemd, und auf zum Marktplatz!
Dort standen nun
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