Rosen für Apoll
nicht kollidieren; aber Argos war nicht drin! Argos war im Peloponnesischen Kriege neutral gewesen.
Alkibiades war sich darüber auch durchaus im klaren. Beweis: Er selbst empfahl den Argolern, sich mit diesem Bündnis im Rücken doch gleich einmal irgend etwas, zum Beispiel das feudale Epidauros, zu holen. Ein Rat von Demokratie zu Demokratie. Argos befolgte ihn.
Der ganze Aktenstoß ging programmgemäß augenblicks in Flammen auf.
Wenn nun aber Argos geglaubt hatte, der kranke Löwe Sparta könne kein Bein mehr vor das andere setzen, so hatte es sich geirrt. Die Spartaner, mit Epidauros seit langem eng verbündet, waren sofort da! Ein kleines Heer unter Führung des jungen Königs Agis, von dem wir noch einiges hören werden, stieß nach Norden, wo sich an der argolisch-arkadi-schen Grenze die Truppen der neuen »Freunde« Argos, Mantinea und Athen gerade sammelten. Bei dem athenischen Hilfskorps lustwandelte als Privatmann Alkibiades. Es war Herbst 418. Bei Mantinea stießen die beiden Heere aufeinander. Es wurde zum erstenmal seit Platää wieder eine große, offene griechische Feldschlacht. Die Spartaner gewannen sie überlegen. Die Folgen für Athen waren katastrophal: Der ganze Peloponnesische Bund scharte sich wieder um Sparta. Argos schaffte die Demokratie ab, berief eine oligarchische Regierung und schloß mit seinem Erbfeind Sparta einen fünfzigjährigen Frieden. Die junge Generation, die Jünglinge um Agis, hatten den Ruhm Spartas »in alter Herrlichkeit« erstehen lassen.
Die Athener empfingen Alkibiades in schlechtester Laune. Um ein Haar wäre er ostrakisiert worden. Alkibiades beantwortete das den ganzen Winter über gleichfalls mit schlechter Laune, bis das Volk es überhatte und ihn zum Strategen wählte. Wie solche luziferischen Gestalten das fertigbringen, kann ich Ihnen leider nicht sagen. Aber ich sehe, daß die Masse, auch früher schon, hypnotisierbar war.
Versöhnt beschloß Alkibiades, dem Volke noch im selben Jahre ein recht schönes Gegengeschenk zu machen. Er dachte da an einen kleinen Feldzug; so einen kleinen Befreiungs-feldzug.
Nach reiflicher Überlegung fiel seine Wahl auf Melos, die große dorische, etwa auf der Höhe von Sparta liegende Insel, die im Kriege neutral gewesen war.
Er übernahm persönlich das Kommando. Das ahnungslose Melos wurde überfallen, eingeschlossen, erobert, die wehrhafte Bevölkerung systematisch ermordet. Der Rest (Griechen!) in die Sklaverei verkauft, das Land an fünfhundert Attiker verschenkt. Sparta, ohne Flotte, mußte ohnmächtig Zusehen. Er war doch ein fescher Mann, der Alkibiades! Das Volk hätte sich kugeln mögen über diesen gelungenen Handstreich. Es brauchte seinen Helden jetzt nur zu sehen, schon strahlten die Gesichter in einem Lächeln auf. Darf man fragen, was der blendende junge Geist nun vor hatte?
Ja. Er gedachte heuer, 416, einmal in Olympia alles in den Schatten zu stellen. Man mußte die Feste feiern, wie sie fallen.
Am besten feiert man Feste auf Staatskosten, wie Ihnen jeder Minister bestätigen wird. Alkibiades war Minister. Er erreichte, obgleich selbst nicht gerade arm, sich als »Repräsentanten Athens und der Verbündeten« fürstlich ausstaffieren zu lassen. Doch das muß ich Ihnen ausführlicher und, dankbar für die Atempause im Kriegsgeschehen, in aller Gemächlichkeit berichten.
Es ist auch eine günstige Gelegenheit, noch ein Kapitelchen über Olympia nachzuholen.
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Olympia müssen Sie auf der Karte im Westen des Peloponnes suchen, in der Landschaft Elis, am Ufer des Alpheios, fünfzehn Kilometer von der Küste entfernt. Das Alpheiostal ist sehr anmutig, wie ein Saaletal; Hügel mit Ölbäumen und Eichen begleiten es. Der Ort lag damals ziemlich einsam. Die nächste größere Stadt, die Hauptstadt Elis selbst, war 50 Kilometer entfernt. Bis Sparta waren es 120, bis Athen 275. Xenophon, der Anabasismarschierer sagt: fünf Tagesmärsche nach Athen.
Olympia war keine Stadt und kein Dorf, es war — in pünktlichem Wechsel — drei Jahre lang immer ein verschlafener Museumsort, um im vierten dann zu einer Art Ascot zu werden. Ich wage diesen Vergleich in der Hoffnung, daß Sie nie in Ascot waren; natürlich ist dort alles ganz anders.
Olympia war kein Wohnort; es bestand lediglich aus Tempeln (von denen der herrliche, wirklich herrliche Säulentempel des Zeus mit dem goldenen Standbild des Gottes von Pheidias der berühmteste war), aus Hallen (Sporthallen, Palästren mit Unterkünften der aktiven
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