Rosen für die Kaiserin
Heinrich zunächst still. Doch als sein Schwager starb, der Herzog von Schwaben, erhob er als Bruder der Witwe Anspruch auf den Herzogsthron. Zudem setzte er einen Vetter auf den Bischofsstuhl von Augsburg und überging damit das Investiturrecht des Kaisers. Der junge Otto, beraten von seinem Freund Willigis, konnte diese Eigenmächtigkeiten auf keinen Fall hinnehmen, selbst wenn seine Mutter Adelheid gern ihren Neffen Heinrich auf dem Herzogsthron gesehen hätte … Es war nicht das erste Anzeichen eines Zerwürfnisses zwischen Mutter und Sohn. Die Witwe Ottos des Großen sollte später nicht allein Willigis, sondern vor allem Theophanu für ihren schwindenden Einfluss auf den Sohn verantwortlich machen.
Otto übergab das Herzogtum Schwaben einem Neffen, der gleichfalls den Namen Otto trug, und Heinrich, der seine Pläne durchkreuzt sah, ging offen zur Rebellion über. Unterstützt wurde er hierbei von den beiden Herzögen von Böhmen und Polen. Otto reagierte rasch, schon bald war der Aufstand unterdrückt und der Zänker durch ein Fürstengericht verurteilt und in Haft genommen.
Der Mann, der Theophanu einst durch seinen Charme beeindruckt hatte, wurde zum Gefangenen. In der Pfalz zu Ingelheim genoss er – auch dank Theophanus Fürsprache – milde Arrestbedingungen. Im vergangenen Jahr aber war ihm die Flucht gelungen. Getreue des Zänkers hatten ihn eines Nachts aus seinem Gefängnis befreit.
Seitdem schürte der Zänker neue Aufstände. Otto besetzte Regensburg, Heinrich floh nach Böhmen. Ottos Neffe, der Herzog von Schwaben, erhielt nun auch noch das bairische Herzogtum. Erneut war Heinrichs Rebellion gescheitert, doch da man seiner diesmal nicht habhaft wurde, war es nur eine Frage der Zeit, wann der Entmachtete sich wieder aus seinem böhmischen Versteck hervorwagen würde.
»Was soll ich nur mit ihm tun?«, fragte Otto seine Gemahlin einmal verzweifelt. »Muss ich ihm wieder und wieder verzeihen, so wie Christus es von uns Menschen verlangt?«
Tröstend hielt sie seine Hand, während er nachdenklich fortfuhr: »Was bleibt mir anderes übrig, als ihm immer wieder zu vergeben? Sollte ich ihn hinrichten lassen? Mich an meinem eigenen Blut vergehen?«
Theophanu schwieg. Sie dachte an einige von Heinrichs Handlangern, die dem Richtbeil zum Opfer gefallen waren. Auch wusste sie, dass Heinrichs aufrührerischer Vater immer wieder die Gnade seines kaiserlichen Bruders gefunden hatte, während mancher Mitstreiter schmählich den Tod am Galgen fand. Otto schien zu ahnen, was ihr durch den Kopf ging, denn plötzlich sah er sie offen an.
»Du zweifelst an der Gerechtigkeit!«, sagte er.
»Die Gerechtigkeit Gottes hat Vorrang«, erwiderte sie. »Der Mensch aber erlangt sie nur durch seine Gnade.«
Er nickte dankbar.
An jenem Abend hatten sie ein Kind gezeugt.
Die nächste Wehe kam. Der Schmerz war höllisch, aber sie schrie nicht. Dies schien die Nonne zu verwundern.
»Herrin, ich weiß, es ist Euer erstes Kind. Ihr braucht Euch Eurer Schmerzen nicht zu schämen.«
»Macht Euch keine Sorgen um mich, Schwester. Mit Gottes Hilfe werde ich alles gut überstehen.«
»Möchtet Ihr ein Gebet mit mir sprechen?«
»Später, wenn das Kind gekommen ist, will ich mit Euch beten und Gott danken. Aber jetzt möchte ich meine Dienerin sehen.«
»Herrin, Ihr solltet vielmehr …«
»Ich will sie bei mir haben, Schwester! Bitte lasst sie rufen!«
Kurze Zeit später saß Eunice neben ihrem Bett und tupfte ihr die Schweißperlen aus dem Gesicht, während die Nonne ein weißes Tuch über einer Schüssel auswrang und die Dienerin missbilligend ansah.
»Gleich wird sich zeigen, ob Ihr meinen Rat beherzigt habt!«, sagte Eunice, der die Sorge um die Herrin ins Gesicht geschrieben stand.
»Wenn es kein Knabe ist«, entgegnete Theophanu mit matter Stimme, »dann musst du deine Beschwerde schon beim lieben Gott einreichen.«
»Wenn Gott gerecht ist, dann wird’s ein Knabe.«
»Keine Frage seiner Gerechtigkeit, Eunice. Nur eine seines Wohlwollens.«
»Wer hätte sein Wohlwollen mehr verdient als Ihr?«
»Oh, da gibt es gewiss jemanden.«
»Wer sollte das wohl sein?«
Sie unterhielten sich in griechischer Sprache, was die Nonne mit säuerlicher Miene zur Kenntnis nahm. »Die Kaiserin braucht Ruhe. Mit Geschwätz erweist man ihr in ihrem Zustand keinen guten Dienst«, schalt sie Eunice.
»Was weiß denn diese alte Schleiereule schon?«
»Lass sie, sie meint es nur gut mit mir.«
Die nächste Schmerzwelle kündigte
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