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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Krieger
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oder Scham. Die Handfesseln hatte man ihm auf Theophanus Geheiß hin abgenommen. Dennoch machte er keine Anstalten, seine Hände zu benutzen, hielt sie verschränkt vor seinem Gürtel, als läge ihm nichts an dieser Freiheit. Selbst in der Dunkelheit des Verlieses sah Theophanu das Blau seiner Augen, ein Meer unterdrückter Leidenschaft schimmerte darin. Das Haar trug er lang, Kinn, Wangen und Oberlippe zierte jetzt ein sorgsam gestutzter blonder Bart. Die Strapazen eines Getriebenen hatten ihre Spuren in seinem Gesicht hinterlassen.
    »Warum begehrt Ihr immer wieder von Neuem auf?«
    Heinrich dachte lange nach, bevor er ihr eine Antwort gab. »Weil es mir im Blut liegt«, entgegnete er schließlich gedehnt.
    Theophanu zeigte sich verwundert. »Es liegt Euch im Blut, rebellisch zu sein?«
    »Es liegt mir im Blut, König zu sein!«
    »Das Recht ist nicht auf Eurer Seite. Ihr wisst es.«
    »Das Recht ist nur deshalb nicht auf meiner Seite, weil viele Fürsten und Bischöfe das einmal Geschehene billigen und den Lauf der Welt nicht mehr verändern wollen. Schon meinem Vater hätte die Königskrone zugestanden. Denn er wurde, anders als sein älterer Bruder, gezeugt, als mein Großvater bereits König war.«
    »Die Fürsten aber gaben Otto die Krone.«
    »Nichts auf dieser Erde ist für die Ewigkeit bestimmt.«
    Sie musterte ihn nachdenklich. Nach einer Weile wurde es ihr unangenehm, wie beharrlich er ihren Blick erwiderte. Sie sah sich um und tat einen Seufzer.
    »Kein Quartier für einen Mann, der gerne König wäre, findet Ihr nicht auch?«
    »Nicht der Wunsch eines Narren leitet mich, sondern der Glaube, dass meinem Geschlecht etwas genommen wurde.«
    »Eurem Geschlecht? Es ist das gleiche Blut, das in den Adern meines Gemahls fließt.«
    Er nickte. »Solange er lebt, werde ich mich nicht wieder gegen ihn auflehnen, Ihr habt mein Wort. Er wird mich kaum begnadigen wollen, aber das verlange ich nicht. Ich werde mich meiner Haft nicht wieder entziehen, denn es ist genug Blut geflossen. Der Kampf ist verloren.« Sein Blick wanderte über ihren Bauch. »Dennoch wäre es besser, wenn Ihr wieder einem Mädchen das Leben schenkt, Theophanu. Sollte mein Vetter vor mir den Weg allen Fleisches gehen, so will ich nicht mit Eurem Sohn um die Krone kämpfen müssen.«
    Ohne Zweifel waren Heinrichs Worte eine Drohung, obgleich seine Stimme mild klang, beinahe zärtlich. Theophanu spürte ihr Herz pochen, sie begann zu frösteln, und entsprechend kalt war ihre Antwort.
    »Ihr würdet nicht gut daran tun, gegen meinen Sohn zu kämpfen.«
    Zum ersten Mal lächelte er, was ihm etwas von seiner Jugendlichkeit zurückgab.
    »Ich weiß, denn so müsste ich auch gegen Euch kämpfen. Ihr seid eine schöne und kluge und starke Frau, ich achte und schätze Euch. Es liegt mir fern, jemals Euer Gegner zu sein.«
    »Ihr seid mein Gegner, Heinrich, wenn Ihr weiter solche Worte sprecht.«
    Er schwieg.
    »Ich werde für Euch beten«, sagte Theophanu.
    »Betet nicht nur für mich. Betet auch für Euch und Euren Gemahl, betet für Eure kleine Tochter und das ungeborene Kind in Eurem Leib. Denn Euch allen droht Gefahr.«
    Sie unterließ es, seine kryptische Behauptung, die er ohne jede Häme ausgesprochen hatte, zu hinterfragen. Stattdessen rief sie nach den Wachen, um sich wieder hinausgeleiten zu lassen.
    »Lebt wohl, Heinrich.«
    »Lebt wohl, meine Kaiserin. Möget Ihr noch viele Töchter gebären!«
    Am Johannistag, dem Fest des Täufers, weilte der Hofstaat in der Aachener Pfalz. Draußen loderten noch die Johannisfeuer zum Himmel, während das Kaiserpaar sich bereits zurückgezogen hatte und beim Mahl zu Tische saß.
    Aachen, im Osten Niederlothringens, war die Stadt der Karolinger gewesen. Carolus Magnus, der große Karl, hatte während der letzten Jahre seines ruhmreichen Lebens in der Stadt residiert und sie zum glänzenden Mittelpunkt seines gigantischen Reiches gemacht. Verglichen mit Konstantinopel wirkte sie zwar eher wie eine Dorfsiedlung, doch Theophanu fand den Gedanken an eine Hauptstadt erhaben. Wie mühsam war es doch, immerzu von Pfalz zu Pfalz zu reisen, erst recht für eine Hochschwangere. Doch die Zeiten hatten sich geändert seit den Tagen der Karolinger. Für den König war es wichtiger denn je, allgegenwärtig zu sein, nicht zuletzt auch, um dem Machtstreben der Fürsten entgegenzuwirken.
    In Westfranken herrschte nach wie vor ein Karolinger. Lothar, ein Ehrgeizling mit weniger Macht als ihm lieb war, hatte nie einen Hehl

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