Rosen für die Kaiserin
eine erfahrene Hebamme, aber der Gedanke, die junge Kaiserin könnte unter ihren Händen sterben, schien ihr schwer im Magen zu liegen.
»Sorgt Euch nicht um mich, Schwester«, sagte Theophanu zum wiederholten Male. »Es wird alles gut.«
»Ihr solltet einen Heiligen um seinen Beistand bitten«, schlug die Nonne vor. Ein weiterer Hinweis, dass sie ernste Komplikationen befürchtete.
»Ihr habt recht, das könnte ich tun.« Warum nicht der Besorgten einen Gefallen erweisen?
Auch bei Eunice fand der Vorschlag der Nonne Zustimmung. »Ja, ruft einen Heiligen an, Herrin.«
Ein neuerlicher Schmerz suchte Theophanu heim. Sie biss sich auf die Lippen. Ja, sie würde die Jungfrau um Beistand bitten. Aber Eunice gab ihr einen anderen Rat.
»Betet zum heiligen Nikolaus, Herrin.«
»Nikolaus?«, fragte die Nonne mit einem Stirnrunzeln. Eunice ignorierte sie.
»Ihr braucht einen Fürsprecher aus der Heimat, Herrin. Die Jungfrau ist überall und beschützt Euch ohnedies, aber Nikolaus wird sich auch des Säuglings erbarmen, den ihr auf die Welt bringt.«
»Gut. So soll es also Nikolaus von Myra sein, den ich um seinen Beistand bitte.«
»Versprecht, ihm eine Kapelle zu stiften, sobald Ihr einen gesunden Sohn geboren habt.«
»Wenn es aber ein Mädchen wird?«
»Es muss ein Sohn sein! Werdet Ihr es ihm versprechen? Herrin, bitte …«
Trotz allen Schmerzes musste Theophanu lächeln über den Eifer ihrer Dienerin.
»Ich verspreche es!«
Zwei Stunden später, draußen war es längst dunkel geworden, gebar Theophanu im Schein zahlloser Kerzen ihr erstes Kind. Die Geburt war schwierig gewesen, aber die befürchteten Komplikationen blieben aus, sodass die entkräftete Kaiserin den Säugling bald glücklich in den Armen halten konnte. Der herbeigerufene Kaiser küsste abwechselnd Gemahlin und Kind.
Eunice saß immer noch ergeben neben ihrer Herrin, doch sie war sehr schweigsam geworden. Leicht senkten sich ihre Mundwinkel, als sie aus dem Mund des Kaisers den Namen hörte, auf den das Kind getauft werden würde: Adelheid.
Die Kaiserinwitwe hatte sich vor zwei Jahren verstimmt in die Lombardei nach Pavia zurückgezogen, da der Sohn sich zunehmend geweigert hatte, sich von ihr beraten, geschweige denn in die Regierungsgeschäfte hineinreden zu lassen.
Doch schon am nächsten Tag sandte Otto einen Boten aus, um ihr die Geburt der Enkelin, die ihren Namen tragen sollte, anzuzeigen.
7
I
n jenem Sommer, als Theophanu ihre Tochter zur Welt brachte, wagte der Zänker sich aus seiner böhmischen Deckung. Schon bald hatte er genügend Mitstreiter versammelt, um gegen den Kaiser aufzubegehren, doch abermals überschätzte er seine Streitkräfte. Nach monatelangen Kämpfen wurde er von den kaiserlichen Heeren niedergerungen. Auf dem Hoftag zu Ostern in Magdeburg wurde dem Bischof von Utrecht, Folkmar, die künftige Bewachung des Aufsässigen anvertraut. Willigis, inzwischen von seinem kaiserlichen Jugendfreund zum Erzbischof von Mainz und Erzkanzler des Reiches erhoben, verkündete den Versammelten das Urteil. Es gab nicht wenige, die den Zänker lieber unter dem Richtbeil gesehen hätten.
Zu dieser Zeit war Theophanu zum zweiten Mal schwanger, was sich auch durch weite Kleider nicht mehr verbergen ließ. Dennoch war sie bei der Verurteilung Heinrichs zugegen. Als man ihn aus dem Saal führte, wandte sie sich an ihren Gemahl.
»Lass mich mit deinem Vetter reden«, sagte sie zu ihm.
Otto hob verwundert die Brauen. »Wozu?«
»Weil ich es will!«
Er wusste, dass sie nicht weiter darüber debattieren würde. »Gut, ich begleite dich.«
»Ich will allein mit ihm reden! Lass mich in sein Verlies bringen. Bitte sorg dafür, dass er mir ohne Fesseln gegenübersteht. Überhaupt finde ich es angebracht, ihn nicht allzu streng zu behandeln.«
Otto seufzte. »Ich weiß, ich muss ihm vergeben, Theophanu. Wie auch mein Vater seinem Bruder immer wieder vergeben hat. Christus will, dass ich ihm vergebe, so steht es in der Schrift. Ihn zu demütigen liegt mir fern. Aber vertrauen kann ich meinem Vetter nicht mehr. Nie wieder. Auch Willigis denkt so.«
Sie nahm seine Hand. »Willigis ist uns unentbehrlich geworden. Aber ich weigere mich zu glauben, Heinrich sei nicht zur Treue fähig.«
»Warum?«, fragte sie den Mann, der sie und Otto so oft um den Schlaf gebracht hatte.
Heinrich stand vor ihr und sah sie an. In seinem Blick lag nichts Hochmütiges, nichts Rachsüchtiges, nichts Streitbares, aber auch nicht die geringste Spur von Reue
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