Rosen für die Kaiserin
darin.
»Geliebteste«, hauchte er.
Sie setzte sich zu ihm, griff zärtlich nach seiner Hand, die ihr knochig und wie mit dünnem Pergament überzogen schien.
»Hören wir auf, den guten Majolus auszulachen«, sagte er. »Er hatte recht.«
Widerspruch wäre eine Lüge gewesen. Des Kaisers Leben neigte sich unübersehbar dem Ende zu. Theophanus Augen wurden feucht. Sie entließ die anwesenden Nonnen mit einem Wink.
»Du bist stark, Geliebteste. Nie wieder wird das Reich eine so starke Frau wie dich haben.« Leise kamen ihm die Worte über die ausgezehrten Lippen.
»Wie kann ich stark sein ohne dich?«, klagte sie.
»Ohne mich wirst du noch viel stärker sein. Schon deinetwegen wird man mich hoffentlich nicht als Gescheiterten betrachten.«
»Was redest du da bloß?«
»Die Wahrheit.«
Eine Weile herrschte Schweigen.
»Weißt du noch, was meine ersten Worte zu dir waren, Geliebteste?«
»Wie könnte ich die vergessen? Du sagtest: ›Ich hoffe, du hattest eine gute Reise!‹«
Sein Lachen ging in ein qualvolles Röcheln über. Als er wieder Luft bekam, küsste er Theophanus Hand.
»Es war der schönste Tag meines Lebens«, flüsterte er.
»Du warst so schüchtern, dass du mir kaum in die Augen schauen wolltest.«
»Es war deine Schönheit, die mir in den Augen stach. Zwar hatte man mir bereits viel über dich berichtet, aber als ich dich dann sah …« Seine Augen blickten in die Ferne, als erlebe er dort ihre damalige Begegnung von Neuem. »Du sprachst von den beschwerlichen Wochen auf See«, fuhr er mit schwachem Lächeln fort. »Und von der anstrengenden Fahrt im Reisewagen.«
»Und du warst sehr verständnisvoll. Nach ein paar Tagen auf dem Pferd, so hast du behauptet, fühltest du dich ähnlich malträtiert.«
»Ja, und weißt du noch, was du daraufhin erwidert hast?«
Sie lächelten einander zu und antworteten gleichzeitig. »Ich weiß genau, welches Körperteil dir nach dem Ritt besonders schmerzt.«
»Zum Glück hat deine Mutter mich damals nicht gehört«, fügte Theophanu hinzu.
Otto wurde wieder ernst. »Meine Mutter – du musst mit ihr Frieden halten, solange unser Sohn noch nicht selbst regieren kann.«
»Ich weiß nur zu gut, dass ich auf ihre Unterstützung angewiesen bin. Wir werden gut miteinander auskommen.«
»Willigis wird unseren Sohn zu Weihnachten zum König krönen. Sieh nur zu, dass die Boten, die die Todesnachricht überbringen, nicht früher in Aachen eintreffen. Otto muss bereits König sein, wenn man von meinem Tod erfährt. Und mein Vetter Heinrich, der Zänker – gewiss wird er dir wieder Schwierigkeiten machen.«
Sie dachte an die Worte des alten Gero, und ihre Augen begannen mit einem Mal zu funkeln. »Er wird es mit einer Löwin zu tun bekommen, Liebster.«
»O ja, das wird er. Wenigstens kann ich beruhigt sterben. Nur werde ich leider nicht mehr aus meines Vaters Schatten treten können.«
»Die Nachwelt wird dich als tapferen Mann in Erinnerung behalten.«
»Die Nachwelt wird mich vor allem als den Gemahl der Kaiserin Theophanu sehen. Ich habe dich sehr geliebt.«
»Und ich werde nie wieder einen Mann so lieben wie dich.«
Sie schwiegen, die Hände miteinander verflochten. Otto wirkte immer kraftloser.
»Schlaf, mein Liebster, schlaf«, sagte Theophanu zu ihm.
»Sobald ich einschlafe, ist es der Todesschlaf, der über mich kommt. Ich will dich aber noch eine Weile bei mir wissen.«
»Ich bleibe bei dir, bis Gott dich zu sich ruft.«
»Das nenne ich eine Gnade … Wenn ich bei Gott bin, werde ich ihn bitten, auch dir einst in der Stunde deines Todes eine treue Seele zur Seite zu stellen.«
»Versprichst du mir das, Liebster?«
»Ich schwöre es!«
Sie küsste ihn auf die schweißnasse Stirn.
»Da gibt es noch etwas, das unerledigt ist, obwohl ich ein Versprechen gab«, keuchte Otto mit neuerlicher Unruhe. »Nach der unseligen Schlacht gegen die Sarazenen … Es gab da einen Mann, der mich rettete … Ach, wenn mir doch bloß sein Name einfiele … Dieses verdammte Fieber, es raubt mir die Erinnerung …«
»Lass es nur gut sein.«
»Aber … ich versprach ihm …«
»Was auch immer, es ist keine Sünde, vor der Einlösung eines Versprechens zu sterben. Niemand kennt die Stunde seines Todes.«
»Er war Jude … ja, das weiß ich noch genau … Aber sein Name … Ein Weib und vier Kinder nannte er sein Eigen – oder waren es gar fünf?«
»Quäl dich nicht damit, Liebster. Vertrau darauf, dass Gott es schon richten wird.«
Kaiser Otto II.
Weitere Kostenlose Bücher