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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Krieger
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Schwestern, den Hof des Vaters zu verlassen.«
    »Wohin wollten sie gehen?«
    Jutta schwieg kurz. »Zum kaiserlichen Hof«, erklärte sie dann und lächelte ins Dunkle hinein.
    »Wo ist der kaiserliche Hof?«, wollte Magda wissen.
    »Mal hier, mal dort. Der Kaiser und die Kaiserin reisen immerzu durch ihr Reich. Sie haben viele Diener und müssen bestimmt nicht zwischen Hühnern schlafen.«
    »Die Kaiserin ist wunderschön, nicht wahr?« Schon oft hatte Jutta ihr stolz von ihrer Begegnung damals erzählt.
    »Sie ist das schönste Wesen auf dieser Welt. Und es ist jammerschade, dass du damals noch ein Würmchen warst und dich an nichts erinnern kannst. Aber der Tag wird kommen, an dem auch du sie sehen wirst.«
    »Ich?«
    »Du – oder die jüngere Schwester in unserer Geschichte. Das läuft auf dasselbe hinaus.«
    Magda war verwirrt, was ihrer Neugier jedoch keinen Abbruch tat. »Was wollten die beiden Schwestern am kaiserlichen Hof?«
    »Ein besseres Leben führen. Schöne Kleider tragen. Immer genug zu essen haben. Und dabei die Schönheit der Kaiserin bestaunen. Ihr jeden Tag Rosen bringen.«
    »Rosen?«
    »Gewiss doch. Einer Kaiserin schenkt man Rosen!«
    »Aber … bestimmt würde der Vater seine Töchter niemals ziehen lassen.«
    Helmprechts Schnarchen setzte just in diesem Augenblick aus, als hätte er das verwegene Geflüster der Mädchen vernommen. Eine Weile war nur noch der Wind zu hören. Als das Schnarchen wieder einsetzte, fuhr Jutta fort.
    »Du hast recht, Magda. Freiwillig würde er sie gewiss niemals ziehen lassen. Die beiden Schwestern in meiner Geschichte sind deshalb auch ausgerissen.«
    »Oh!«
    »Keine Sorge. Sie haben es klug angestellt. Niemand hat sie je wieder eingefangen. Unterwegs mussten sie keine Not leiden.« Juttas Flüstern wurde noch leiser. »Denn sie besaßen einen kostbaren Schatz.«
    »Einen Schatz?«
    »Psst! Wirst du wohl leise sein. Ja, einen Schatz. Mit vielen, vielen Silbermünzen.«
    »Woher hatten sie diesen Schatz?«
    »Nun, sie hatten einen dummen Bruder, der ihn irgendwem gestohlen hatte. Aber die Ältere der Schwestern hat ihm den Schatz einfach abgeluchst.«
    »Wirklich?« Selbst in der Dunkelheit konnte Jutta Magdas aufgerissene Augen sehen. Und schon im selben Moment bereute sie, ihr darüber erzählt zu haben. Magda war noch ein kleines Kind, und es war nicht auszuschließen, dass sie sich eines Tages in ihrer Arglosigkeit verplapperte.
    »Hör mir gut zu, du darfst mit niemandem darüber sprechen, hast du verstanden?«
    »Klar. Ich sage nichts. Es ist unsere Geschichte.«
    »Gut.« Abermals küsste sie die kleine Schwester. »Und jetzt wird geschlafen. Ich bleibe bei dir, bis du aufwachst.«
    *
    Pavia, Januar 984
    Die Begegnung mit der Schwiegermutter, die die Nachricht vom Tod des Sohnes schon vor Wochen durch einen Kurier erhalten hatte, verlief ohne große Herzlichkeit. Eine kurze Umarmung, ein flüchtiger Wangenkuss, der Austausch der üblichen Höflichkeiten.
    Später, nachdem Theophanu ein ausgiebiges Bad genommen hatte – ein Bad in heißem, nach Rosenessenz duftendem Wasser war nach einer langen Reise stets das Erste, wonach ihr der Sinn stand –, machte sie sich auf den Weg zu Adelheids Gemach. Die Schwiegermutter hatte sie zu sich gebeten, um gewisse Dinge mit ihr zu besprechen.
    Adelheid selbst öffnete die Tür. Eine Dienerin war nirgends zu sehen. Die Kammer war so karg, wie Theophanu sie in Erinnerung hatte. Eine Klosterzelle, in der es bitterkalt war! So kalt, dass der Atem kondensierte. Hier hatte Adelheid ihr von der Prophezeiung des Majolus berichtet. Mit einem beklommenen Gefühl trat Theophanu ein. Adelheid wies auf die Stühle hinter dem Holztisch. Sie rümpfte die Nase, als Theophanu, die den Duft von Badeölen verströmte, an ihr vorüberschritt.
    Als sie saßen, begann Theophanu leise: »Der Abt von Cluny …«
    Adelheid hob abwehrend eine Hand. »Bitte, wir wollen nie wieder darüber reden. Nie wieder!«
    Theophanu nickte dankbar.
    »Der Schmerz einer Mutter, die den Sohn verliert, ist unermesslich«, fuhr Adelheid seufzend fort, »niemand, der es nicht selbst durchlebt hat, kann nachempfinden, wie sehr eine liebende Seele darunter leidet. Allein der Trost, ihn in Gottes Händen zu wissen, gibt der trauernden Mutter Kraft.«
    Adelheids Selbstmitleid machte Theophanu ärgerlich, dennoch blieb sie beherrscht. »Nicht nur Ihr habt einen großen Verlust erlitten, Schwiegermutter. Ich habe Euren Sohn sehr geliebt, sein Verlust schmerzt mich

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