Rosen für die Kaiserin
starb in den frühen Nachmittagsstunden in der Anwesenheit Theophanus, des Papstes, einiger Edler, Ärzte und Nonnen. Theophanu selbst schloss dem Toten die Lider. Schwer lag der Geruch von Weihrauch und Kerzen in der Luft.
Graf Sikko, der kaiserliche Statthalter, trat nah an Theophanu heran. »Vergebt mir, meine Kaiserin«, raunte er ihr zu, »aber wir müssen uns sputen, seinen Leichnam herzurichten, damit wir ihn ohne Verzug heimwärts bringen können.«
Theophanu schüttelte den Kopf. »Hier, in Rom, werden wir ihn bestatten, Graf«, sagte sie mit Nachdruck, sodass alle Blicke sich erstaunt auf sie richteten. »So lautet sein Wunsch. Es ist das Land seiner Träume, die Stadt, die er zu altem Glanz führen wollte. Was liegt näher, als seine sterblichen Überreste hier ruhen zu lassen!«
In der Peterskirche wurde der Kaiser, der nur achtundzwanzig Jahre alt geworden war, bestattet. Feierlich zelebrierte der Papst das Requiem. Ein alter Römersarkophag aus Marmor diente Otto als letzte Ruhestätte.
*
Am Abend des Neujahrstages – aus einem grauen Himmel rieselte unaufhörlich Schnee – kehrte Lupus in Helmprechts Kate ein. Groß war die Wiedersehensfreude. Sogar Jutta, die sich normalerweise wenig aus Geselligkeit machte, hing an den Lippen des Wolfsjägers, der immer etwas zu berichten wusste. Zunächst jedoch staunte er über den Nachwuchs in Helmprechts Haus. Die kleine Guda war gerade fünf Monate alt.
Jutta war eifersüchtig. Früher hatte Lupus ihr wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt, heute musste sie diese mit Magda, Brun und jetzt auch noch mit Guda, ihrer Halbschwester, teilen. Jutta legte Wert auf diese Bezeichnung. Obwohl Guda doch noch ein Säugling war, mochte Jutta sie nicht leiden. Vielleicht würde sie die Halbschwester eines Tages so sehr hassen wie Brun. Allein zu Magda verspürte sie geschwisterliche Zuneigung.
Ursel bewirtete den Gast mit Hirsebrei. Die Kinder wurden zum Schlafen geschickt, doch Jutta lauschte still und neugierig den Worten der Erwachsenen, die sich um die Feuerstelle geschart hatten.
»Nun erzähl schon, Wolfsquäler, was gibt’s Neues in der Welt?«, wollte Helmprecht von seinem alten Freund wissen.
»Ich hätt’s mir denken können: Ihr Hinterwäldler habt’s noch nicht gehört.«
»Und das wäre?«
»Der Kaiser ist tot!«
Überrascht starrten Helmprecht und Ursel den Wolfsjäger an. Jutta spitzte die Ohren.
»Ohne Leute wie mich würdet ihr wahrscheinlich denken, der große Karl regiere immer noch das Reich.«
»Tot ist er? Dabei war er doch noch so jung.«
»Das hat er nun davon, dass er das Land der Welschen mehr schätzte als sein Vaterland.«
»Juchhu!«, schrie Brun, der gleichfalls lauschte. »Jetzt kann ich selbst Kaiser werden. Kaiser Brun! Alle sollen mir huldigen!«
»Ruhe da hinten!«, mahnte Helmprecht.
»Idiot!«, zischte Jutta ihrem Stiefbruder zu.
»Schleimige Kröte«, gab Brun zur Antwort.
»Was geschieht nun?«, wollte Ursel wissen. »Sein Sohn ist doch noch ein Kind.«
Lupus setzte eine wichtigtuerische Miene auf. »Tja, das ist eine andere Geschichte. Den kleinen Otto haben sie Weihnachten erst in Aachen zum König gekrönt. Am Tag nach der Krönung platzte ein Bote aus Rom mit der Nachricht vom Tod des Kaisers in die Festversammlung. Könnt ihr euch das Entsetzen vorstellen, das die vornehmen Herrschaften da befallen hat? Tja, der liebe Gott ruft sie alle zu sich, ob reich, ob arm, ob edel oder hörig.«
»Aber der Knabe ist zum Regieren noch viel zu jung«, warf Ursel ein.
»Das wird wohl seine Mutter, die Byzantinerin, für ihn übernehmen. Zumindest bis der Junge volljährig ist.«
»Eine Frau als Regentin?« Helmprecht lachte höhnisch auf. »Noch dazu diese hochmütige Fremde? Lieber Gott, in was für Zeiten leben wir bloß!«
Jutta konnte nicht länger an sich halten. »Sie wird es allen zeigen! Keiner kann ihr das Wasser reichen.«
»Wer hat dich denn gefragt?«, rief Helmprecht verärgert. »Schlaf, sonst leg ich dich übers Knie.«
»Mir scheint, die Byzantinerin hat eine große Verehrerin in deinem Haus«, schmunzelte Lupus.
»Hör nicht auf sie. Nicht zum ersten Mal redet sie so dumm daher. Wahrscheinlich bin ich nicht streng genug mit ihr.«
»Lass die Kleine. Sie ist nicht die Einzige, die Kaiserin Theophanu verehrt. Entweder man schätzt die hohe Frau oder man verachtet sie. Dazwischen gibt es merkwürdigerweise nichts.«
»Bleibt nur zu hoffen, dass man diese Griechin nicht gewähren lassen
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