Rosen für die Kaiserin
Theophanus Gegenwart.
»Nicht so ungeduldig, Imperator. Wenn du dich an die Anordnung des Arztes hältst, bist du bald wieder gesund.«
»Die Welt gerät aus den Fugen – und ich muss im Bett liegen.«
»Es gibt nichts, was du tun könntest, außer wieder zu Kräften kommen.«
»Aber das muss rasch geschehen. Dieser Arzt – ich traue ihm nicht.«
»Unsinn. Man sagte mir, er sei der beste der Stadt. Also tu, was er dir sagt. Und gönne dir die Ruhe, die du so lange entbehren musstest.«
Sorgenvoll nahm Theophanu zur Kenntnis, dass Otto mehr denn je wie ein Getriebener wirkte, was möglicherweise auch an dem Fieber lag, das ihn allmählich in Besitz nahm.
»Verflucht, mein Bauch! Nie hatte ich solche Schmerzen!«
Theophanu beugte sich über ihn, küsste ihn auf die schweißnasse Stirn.
»Besser, ich lasse nach dem Arzt rufen, Liebster. Mach dir keine Sorgen, es wird dir bald besser gehen.«
Zwei Tage darauf ließ der Arzt sich zur Kaiserin führen, die mit ihrer Dienerin in den Gärten des Palatin spazierte und die herrlich erfrischende Luft genoss, ein eher seltenes Gut in der sonnenglutgewohnten Ewigen Stadt. Theophanu war überrascht über seinen unangemeldeten Besuch, doch als sie in sein verängstigtes Gesicht sah, schwante ihr Böses.
»Herrin, Euer Gemahl …« Der alte Mann gluckste und wusste nicht, wohin er schauen sollte.
Theophanu war bleich geworden. »Was ist mit dem Kaiser?«
»Nun, er bestand darauf, dass ich die Dosierung der Medizin erhöhe. Selbstverständlich riet ich ihm dringend davon ab, aber er …«
»Ihr lasst Euch von Euren eigenen Patienten ins Handwerk pfuschen? Was ist geschehen?«
»Ach Herrin, da der Kaiser mir mit Strafe drohte, verabreichte ich ihm die doppelte Menge des Aloe-Extraktes.«
»Das dürfte den Kaiser ja wohl kaum ins Jenseits befördern«, mischte Eunice sich schnippisch ein. Mit Kräutern kannte sie sich aus.
Der Arzt wand sich wie ein Aal. »Das ist wohl wahr, aber …«
»Sprecht!«, fuhr Theophanu ihn ungehalten an.
»Offenbar ist es dem Kaiser gelungen, mir den Beutel mit dem Extrakt … äh, zu entwenden.«
Theophanu begriff und wurde noch bleicher. Auch Eunice schlug sich entsetzt eine Hand vor den Mund. Den Frauen war plötzlich klar, was geschehen sein musste. Getrieben von seiner Rastlosigkeit, hatte Otto seine Heilung herbeizwingen wollen.
»Lebt er?«, fragte Theophanu mit heiserer Stimme.
Der Arzt nickte bang. »Ja, aber … es geht ihm sehr schlecht, Herrin.«
»Wie viel hat er von dem Extrakt genommen?«, forschte Eunice. Ihre Stimme glich einem wütenden Bellen.
»Ich fand den Beutel leer«, musste der alte Arzt kleinlaut zugeben.
»Heiliger Pantaleon«, keuchte Eunice.
»Ich muss zu ihm!« Theophanu löste sich aus ihrer Erstarrung.
»Herrin«, schnaufte der Arzt händeringend, »bitte bestraft mich nicht. Glaubt mir, ich tat mein Bestes, aber der Kaiser wollte nicht auf mich hören!«
»Ihr Römer seid ein Volk von Eseln!«, brach es aus ihr hervor. »Und euch wollte mein Gemahl zu neuer Blüte verhelfen, ha …! Kommt mir nie wieder unter die Augen, Medicus.«
Otto litt an heftigsten Durchfällen, die ihm alle Kräfte raubten. Andere Ärzte, die man herbeirief, zeigten sich äußerst besorgt; auch die Nonnen, die den Kaiser pflegten, hatten eine solche Form der Vergiftung noch nicht erlebt. Man verabreichte ihm eiligst das Sterbesakrament, aber als die Durchfälle nach zwei Tagen nachließen, schien der Kaiser auf dem Weg der Besserung.
»Lass mich nicht allein«, flüsterte Theophanu ihm immer wieder ins Ohr.
»Majolus hat sich geirrt, und dabei soll es auch bleiben.« Otto gelang sogar wieder ein Lächeln.
Dann aber setzten heftigste Darmblutungen ein. Die herkömmlichen Mittel der Ärzte zeigten keinerlei Wirkung. »Wenn die Blutungen nicht aufhören«, beschied einer der Heiler der Kaiserin, die aus ihrer Sorge nicht mehr herauskam, »dann wird bald alles Blut seine Adern verlassen haben.«
Blieb nur noch das Gebet. Auch Johannes, der neue Papst, gerade erst durch den Kaiser zu seinem Amt gelangt, eilte zum Aventin, um ihm geistlichen Beistand zu leisten.
In den frühen Morgenstunden des 7. Dezember ließen die Nonnen die Kaiserin wecken, da Otto entschieden nach ihr verlangte. Im Nachtkleid suchte Theophanu das Lager des Kranken auf. Und erschrak, als sie den Gatten sah: Weiß wie Schnee war nun sein Antlitz, eingefallen lagen die Augen in ihren Höhlen. Immerhin schimmerte noch ein Rest von Leben
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