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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Krieger
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wird.«
    »Hm. Ich könnte mir vorstellen, dass der Zänker sich nun aus seiner Verbannung traut.«
    Jutta hatte nicht die geringste Ahnung, wer der Zänker war. Sie wusste nur, dass sie ihn abgrundtief hasste.
    Mehr noch als Brun.

Dritter Teil 984 – 991 Die Löwin

16
    D
    raußen blies der eiskalte Wind. Noch nie hatte Jutta einen so harten Winter erlebt. Am Abend hatte sie zusammen mit Vater und Brun das strohgedeckte Dach vom Schnee befreien müssen, damit es der Last standhielt. Schlaflos lag sie nun in ihrem Bett und dachte an Lupus, der am Vortag weitergezogen war. Ob er in dieser furchtbaren Nacht ein Dach über dem Kopf hatte? Jutta konnte es nur für ihn hoffen. Andererseits war ihr bewusst, dass einen Mann wie Lupus, der jahrein, jahraus unterwegs war, nur wenig überraschen konnte. Wahrscheinlich war es unnötig, sich Sorgen um ihn zu machen. Irgendwie beneidete sie ihn um sein freies Leben.
    Trotz der Glut, die noch an der Herdstelle glomm, war es bitterkalt im Raum. Vaters Schnarchen und der Wind, der durch die Ritzen pfiff, vermischten sich in einem schaurigen Gesang. Als würde ein Gespenst ein Lied anstimmen, um die Menschen das Fürchten zu lehren. Aber Jutta hatte keine Angst vor bösen Geistern. Was anderen Kindern einen kalten Schauer über den Rücken trieb, entlockte ihr nur ein Schulterzucken. Längst hatte sie begriffen, dass Angst den Menschen bloß Steine in den Weg legte. Nächte wie diese mochte sie sogar. Man konnte herrlich über eine Zukunft nachsinnen, in der alles besser war. In der man vornehmer hauste als neben Hühnern und Mäusen in einer erbärmlichen Kate.
    Erstaunlicherweise schien sie die Einzige zu sein, die in dem Getöse noch wach lag, denn der Rest der Familie rührte sich nicht. Dann aber vernahm sie neben sich ein leises Wimmern. Magda! Die Kleine zitterte unter ihrer löchrigen Leinendecke; das geliebte Bärenfell hatte sie jüngst an Guda abtreten müssen.
    Jutta robbte mit ihrer eigenen Decke zu der vierjährigen Schwester hinüber, schmiegte sich an sie und flüsterte: »Wa­rum weinst du denn, Magda? Ist dir kalt?«
    »Ich will mein Bärenfell wiederhaben.«
    Jutta hatte Verständnis für diesen Wunsch. Für Vater und Ursel existierte offenbar nur noch Guda. Dieses hässliche Kind mit dem Froschgesicht, das unverkennbar Bruns Schwester war …
    »Eines Tages kaufe ich dir ein neues Bärenfell«, versicherte Jutta der Schwester.
    »Wovon willst du das bezahlen?«
    »Mach dir keine Gedanken. Du kriegst das Fell.« Sie rieb die Kleine mit ihren Händen, um sie zu wärmen. Aber Magda war noch nicht zufrieden, denn sie schniefte immer noch. »Schlaf jetzt«, hauchte Jutta ihr ins Ohr und streichelte ihr zärtlich durchs Haar. Magda zuckte vor Schmerz zusammen, was zweifellos an der Beule lag, die Jutta an ihrem Hinterkopf ertastete.
    »Du hast dich gestoßen?«
    »Nein. Das war Brun.«
    »Was hat er dir angetan?«
    »Er hat mich mit einem Stock geschlagen. Ich hasse ihn.«
    Am liebsten hätte Jutta sich auf der Stelle im Namen der Schwester gerächt und wütend auf den Schlafenden eingedroschen. Aber das konnte sie nicht tun, ohne sich großen Ärger einzuhandeln. »Ich hasse ihn auch«, entgegnete sie grimmig. »Brun ist ein dummer Unhold. Daran können wir nichts ändern.«
    »Da bin ich zu Papa gelaufen. Aber der hat nur gesagt, ich soll aufhören mit der Heulerei.«
    »Glaub mir, eines Tages kriegt Brun seine gerechte Strafe. Darauf kannst du dich verlassen.«
    »Von wem kriegt er seine Strafe?«
    »Von mir! Du wirst schon sehen, mach dir keine Sorgen.« Sie küsste die Schwester auf die Wange.
    »Erzähl mir eine Geschichte«, bettelte die Kleine.
    »Du solltest jetzt lieber schlafen.«
    »Der Wind! Ich kann nicht schlafen, wenn er so heult. Das macht mir Angst.«
    »Ich bleib ja bei dir. Du brauchst keine Angst zu haben.«
    »Bitte! Eine Geschichte.«
    Jutta seufzte. »Na schön, du kleiner Quälgeist.« Sie dachte kurz nach. »Ich will dir die Geschichte von den beiden Schwestern erzählen, die eines Tages in die weite Welt ziehen wollten. Sie lebten auf einem Hof.«
    »So wie wir?«
    »Genau. Sie hatten keine Lust, ihr ganzes Leben dort zu verbringen.«
    »Aber warum nicht?«
    »Warum, fragst du? Findest du es denn so schön, den ganzen Tag auf sumpfigen oder gefrorenen Äckern zu arbeiten? Sich immerzu mit stinkendem Vieh herumzuplagen?«
    »Hm …« Magda schien nicht zu wissen, wie ein anderes Leben aussehen könnte.
    »Eines Tages beschlossen die beiden

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