Rosen für die Kaiserin
keineswegs weniger. Es vergeht keine Stunde, wo ich nicht mit Trauer an ihn denke.«
Adelheid entging Theophanus anklagender Ton nicht. »Ihr haltet mich für selbstsüchtig, nicht wahr?«
Theophanu schwieg.
»Glaubt mir«, fuhr Adelheid mit einem neuerlichen Seufzen fort, »jeglicher Eigennutz liegt mir fern. Wir beide müssen bereden, wie es nun weitergeht. Otto ist noch ein Kind, und wenn er auch zum König gesalbt wurde, gilt es, ihm die Krone zu erhalten, bis er selbst regieren kann. Dazu bedarf es unserer Einigkeit. Was immer jemals an Unstimmigkeiten zwischen uns war, wir wollen sie hinter uns lassen.«
Es gab keinen Grund, ihr zu widersprechen. Mehr denn je war Theophanu auf Adelheids Mithilfe angewiesen. Nicht nur in Italien besaß die Witwe Ottos des Großen hohes Ansehen. Theophanu aber war für viele Fürsten noch immer die Fremde aus Byzanz. Die Tatsache, dass sie die Witwe des zweiten und die Mutter des dritten Otto war, machte sie zwar unantastbar, doch ohne Adelheids Unterstützung drohte ihr ein immerwährender Kampf gegen Gegner, deren Zahl im Dunkeln lag.
Gleichwohl war es jetzt an der Zeit, der Schwiegermutter zu demonstrieren, dass es nicht an ihr war, die Richtlinien vorzugeben. Sie hatte keineswegs vor, Adelheid das Heft des Handelns zu überlassen. Eine Frau, die Krongut dem Klerus überließ, mochte glauben, ihrer Seele damit Frieden zu verschaffen, doch zum Herrschen bedurfte es anderer Fähigkeiten. Theophanu war nicht gewillt, Adelheids Vorschläge abzuwarten.
»Ihr habt vollkommen recht, werte Schwiegermutter. Die Herausforderungen der Zukunft können wir nur gemeinsam meistern. Deshalb möchte ich Euch bitten, weiter in Italien die Interessen des Kaiserhauses als Regentin zu vertreten.«
Adelheid runzelte die Stirn. »Auch und gerade in Deutschland könnte ich unserem Geschlecht von Nutzen sein«, erklärte sie abfällig.
»Zweifellos. Und sobald ich Eurer bedarf, werde ich Euch rufen lassen.«
»Ihr seid mutig und selbstbewusst, aber Ihr seid auch eine junge Frau. Nicht selten werdet Ihr guten Rat nötig haben.«
»Wie wahr. Glücklicherweise mangelt es mir nicht an Ratgebern. Auch Euer Sohn vertraute Leuten wie Willigis; ich habe vor, es ihm gleichzutun. Auf meine Menschenkenntnis vertraue ich.«
»Die Euch sicher noch nie getrogen hat. Obwohl mir doch über Euren Vertrauten, den Kalabresen Johannes Philagatos, schon manches zu Ohren kam. Er soll verschlagen und habgierig sein.«
»Sagt man das hierzulande nicht über alle Griechen? Ihr solltet nicht alles glauben, was man Euch zuträgt.«
Die beiden Witwen maßen sich mit einem langen Blick. Theophanu dachte zurück an ihre erste Begegnung mit Adelheid. Ein schwärmerisches Mädchen, das mit klopfendem Herzen einer großen Frau entgegentrat, einer Heldin, die einst dem Kerker ihrer Feinde auf abenteuerliche Weise entflohen war und alsbald – wie in einem Ammenmärchen – das Herz des deutschen Königs erobert hatte.
Doch Adelheid hatte die künftige Schwiegertochter mit kühler Distanziertheit behandelt, ihr unverhohlen offenbart, dass sie nicht die Braut war, die sie sich für ihren Sohn gewünscht hatte. Schon damals hatte sie von einem Zweckbündnis gesprochen, das sie beide eingehen mussten, und dass hierfür keine gegenseitige Zuneigung nötig sei.
Nicht eine Spur von Herzlichkeit – was für eine herbe Enttäuschung. Später hatte Theophanu bitterlich geweint – um sich hinterher selbst zu geloben, nie wieder Tränen zu vergießen. Die Welt, in der sie sich fortan zu behaupten hatte, duldete keine Schwächen. Heute galt dies mehr denn je.
Die Heldin ihrer Kindheit war jetzt nur noch ein frömmelndes Weib, das sich aufs Jenseits vorbereitete und dennoch nicht von der Welt lassen konnte. Es war unmöglich, ohne sie zu regieren, deshalb lag es nahe, ihr einen Teil der Vormundschaft für den jungen Otto anzutragen.
Theophanu reichte ihr eine Hand. »Zum Wohle des Reiches und des jungen Königs!«
»Und zum Ruhme Gottes!«, fügte Adelheid hinzu.
»Entschuldigt mich jetzt, Schwiegermutter, ich fühle mich ein wenig unpässlich. Ich hätte kein heißes Bad nehmen dürfen, bevor ich diesen kalten Raum betrat.« Hüstelnd erhob sich Theophanu.
»Gewiss, geht nur und ruht Euch aus. Unser Bündnis ist geschlossen und bedarf keiner weiteren Konversation.«
Als Theophanu Adelheids Kammer verließ, war sie davon überzeugt, sich ein Fieber zugezogen zu haben. Überhaupt, ihre ohnehin nicht sonderlich robuste
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