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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Krieger
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Gesundheit war in diesem traurigen Winter besonders angeschlagen.
    Einige Tage hütete Theophanu das Krankenbett. Auch Adelheid zeigte sich besorgt und schickte mehrmals ihren eigenen Leibarzt. Schließlich wich das Fieber und Theophanus Kräfte kehrten zurück. Schon bald aber gesellte sich zu all ihren Sorgen eine neue hinzu – die um Eunice. Theophanu fiel auf, dass die sonst so redselige Dienerin in letzter Zeit recht schweigsam geworden war. An einem Sonntag Ende Januar aber geschah etwas, das Theophanu sehr nachdenklich machte.
    Milde Luft hatte die Winterkälte unversehens verdrängt. Die Kaiserin beschloss, einen Spaziergang durch die Gärten des Palastes zu unternehmen, wie die Ärzte es ihr empfohlen hatten. Froh, der Enge der Mauern für eine Weile zu entkommen, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass ihre Kinder sie begleiten könnten.
    Die Töchter, wie mochten sie sich entwickeln? Hielt Sophia die Stiftsdamen immer noch auf Trab? Hatten dagegen Adelheid und Mathilde inzwischen etwas Temperament angenommen? Den höflich förmlichen Briefen der Ordensfrauen, in deren Verwahrung sich die Mädchen befanden, waren solcherlei Dinge nicht zu entnehmen. Und der kleine Otto, nunmehr König, ob er sich nach der Mutter sehnte? Hatte er begriffen, dass er seinen Vater nie wiedersehen würde? Dass er nun der alleinige König des Reiches war? Was mochte in ihm vorgegangen sein, als der ehrwürdige Willigis ihm in Aachen die Krone aufs Knabenhaupt gesetzt hatte? War sich der Knabe der Bedeutung der Zeremonie bewusst gewesen – oder hatte er alles nur als Spiel empfunden? Die träumerische Veranlagung, die sich bereits in seinem zarten Alter zeigte, ließ jedoch erahnen, dass er die Weihe durchaus mit der gebührenden Ernsthaftigkeit erlebt hatte.
    Theophanu hätte viel darum gegeben, die Kinder bei sich zu wissen. Seit Ottos Tod fühlte sie sich einsam. Auch dachte sie wieder oft an das Kind, das sie einst verloren hatte. Es war schon seltsam, dass dieses arme kleine Wesen sie immer noch beschäftigte, obwohl seine Seele, wie die Priester ihr versicherten, doch längst im Himmelreich weilte. Vermutlich lag es an dem Traum, den sie damals gehabt und der sich ihr so eingeprägt hatte. Jenem Traum, in dem die kleine Irene überlebte, umhütet von einem engelhaften fremden Mädchen. Es lag wohl im Wesen glücklicher Träume, in der Erinnerung zu verhaften, vor allem wenn sich hinterher alles als Illusion erwies.
    Versunken in solcherlei Gedanken hörte Theophanu mit einem Mal ein Wimmern. Suchend ließ sie den Blick schweifen und entdeckte hinter einem winterkahlen Gebüsch den vierjährigen Luitger. Kauernd hockte Eunices Sohn auf der kalten Erde. Theophanu schritt auf ihn zu.
    »Luitger! Du wirst dich noch erkälten.«
    Luitger sah zu ihr hoch und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, machte aber keinerlei Anstalten, sich zu erheben.
    »Hast du denn keinen Spielgefährten?«
    Der Junge zuckte mit den Schultern. Mit dem kleinen Otto hatte er manche Stunde im Spiel verbracht, doch der war nun weit fort. »Ich hab Hunger«, schniefte er.
    »Dann solltest du etwas essen«, erwiderte Theophanu schmunzelnd.
    »Die Mama gibt mir nichts.«
    »Sie würde dich doch nicht hungern lassen.«
    »Sie gibt mir nichts zu essen.«
    Theophanu legte die Stirn in Falten. »Hast du sie vergrämt?« Sie reichte ihm eine Hand. Luitger ergriff sie zögernd. Sie führte ihn mit sich fort.
    »Wo gehen wir hin?«, fragte er, während sein Trübsinn allmählich wich.
    »Zur Küche. Wäre doch gelacht, wenn der Küchenmeister nicht etwas Leckeres für ein hungriges kleines Maul wie dich hätte.«
    Die Küchenbediensteten, überrascht vom unvermuteten Erscheinen der Kaiserin, versprachen Abhilfe für den Hunger des Knaben. Theophanu machte sich anschließend auf den Weg zu ihrer Dienerin. Sie fand Eunice in der Kleiderkammer, wo sie, auf einem Hocker sitzend, stumpfsinnig vor sich hin starrte. Erst nach zweimaligem Zuruf hob sie den Kopf, stand aber nicht auf, wie es sich eigentlich geziemt hätte.
    »Oh! Herrin!«
    »Mir scheint, du fühlst dich unwohl.«
    Die Leere in Eunices Augen verlor sich ein wenig. »Es geht mir gut. Verzeiht, ich ahnte ja nicht, dass Ihr meiner Hilfe bedürft.«
    »Nein, so ist es nicht, Eunice. Es ist dein freier Nachmittag, und ich wollte bloß nach dir schauen. Dein Sohn klagte nämlich, du habest ihm nichts zu essen gegeben.«
    Eunice wurde rot, aber sie winkte ab. »Er neigt zur Übertreibung, der

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