Rosen für die Kaiserin
einholen. Nichtsdestotrotz kannte er fortan ihr Geheimnis und würde ihr keine Ruhe mehr lassen.
»Du miese Kröte!« Mehr und mehr wurde Brun bewusst, dass sie ihn seit Langem hinters Licht geführt hatte. »Du hast mir den Schatz gestohlen!«
»Einen gestohlenen Schatz stehlen, ha! Du redest vielleicht einen Unsinn.«
»Was soll das heißen? Ich hab den Schatz gefunden.«
»Ich weiß genau, dass du ihn jemandem weggenommen hast.«
»Na und?«
»Der fremde Händler – lebte er eigentlich noch, als du ihn beraubt hast?«
Er kniff die Augen zusammen, als krame er in seinem Gedächtnis. Juttas Rolle in dieser Angelegenheit schien ihm nicht mehr ganz erinnerlich zu sein.
»Der war tot. Brauchte die Münzen nicht mehr.«
»Trotzdem durftest du sie ihm nicht einfach wegnehmen.«
»Ach nein? Und was ist mit dir? Hast du ihn nicht zuerst bestohlen? Du hattest doch auch einen Denar.«
»Er schenkte ihn mir.«
»Was du nicht sagst. Und die Spange? Hat er dir die etwa auch geschenkt? Die ist aus Silber, oder? Muss einiges wert sein.«
»Geht dich nichts an.«
»Du miese Kröte!«
»Hör zu, ich geb dir eine von den Münzen. Nun gut, ich geb dir zwei, aber dann lässt du mich in Ruhe!«
Sie glaubte nicht wirklich, dass er auf den Handel einging, aber etwas Besseres fiel ihr nicht ein. Brun wirkte immer angespannter; nicht mehr lange, und er würde handgreiflich werden.
»Willst mich veräppeln, was? Gib mir den Schatz, sonst kriegst du die Abreibung deines Lebens.«
Sie bemerkte, dass er trotz seines Ärgers mit seinen runden Glubschaugen auf ihr Oberkleid stierte, unter dem sich neuerdings ihre Brüste abzuzeichnen begannen. Vielleicht war das ja eine Möglichkeit, ihn abzulenken, fuhr es ihr durch den Kopf. Schon mehrmals war ihr aufgefallen, wie sehr er sich für ihre entstehenden Rundungen interessierte. Sie straffte sich, damit diese noch mehr zur Geltung kamen, und spitzte den Mund. »Musst schon kommen, Brun, um dir den Schatz zu holen«, forderte sie ihn mit zuckersüßer Stimme auf.
Möglich, dass Brun einfältig genug war, hier keine List zu wittern. Doch selbst wenn er sie durchschaute, kam er aller Wahrscheinlichkeit nach gegen die Versuchung nicht an. Längst wusste Jutta, dass bei Burschen der Verstand aussetzte, sobald man ihnen schöne Augen machte. Mit Bruns Verstand war es sowieso nicht weit her, das mochte alles noch vereinfachen.
»Wie du meinst! Aber wehe, du trittst mich wieder! Du weißt schon, wohin.«
Vorsichtig trat er ihr entgegen, während sie ihn anlächelte – zum ersten Mal in ihrem Leben. Bestimmt fand auch er das merkwürdig, aber er grinste zurück. Erneut blieb sein Blick an ihrem Busen haften.
Das war der Moment, in dem es zu handeln galt. Jutta holte aus. Für eine Reaktion blieb Brun keine Zeit; schon traf ihn das Geldbündel hart am Kopf. Brun verharrte in der Bewegung, sah sie an wie eine Erscheinung, während sein Blick zunehmend leerer wurde.
Einen Augenblick lang war Jutta unschlüssig; vielleicht reichte der Schlag, um Brun von weiteren Dummheiten abzuhalten. Als er aber mit träger Langsamkeit die Hände hob, um nach ihr – oder dem Schatz? – zu greifen, holte sie erneut aus. Diesmal traf das Bündel seinen Schädel von oben, sodass er schlaff in sich zusammensackte und reglos liegen blieb.
Ungläubig starrte Jutta erst den lahmgelegten Unhold, dann das zur Waffe gewordene Schatzbündel in ihren Händen an. Nie war es so einfach gewesen, sich Brun vom Hals zu halten.
Ein beunruhigender Gedanke durchfuhr Jutta: Hatte sie ihn getötet? Auch wenn sie ihn nicht ausstehen konnte, so wollte sie doch nicht an seinem Tod schuld sein.
Sie beugte sich über ihn. Brun atmete. Erleichtert richtete sie sich auf. Bald würde er aus seiner Bewusstlosigkeit erwachen, bis dahin musste sie verschwunden sein. Ein neues Versteck für ihren Schatz galt es zu finden. Blieb die Frage, wie sie sich Brun gegenüber künftig verhalten sollte, wo dieser doch nun wusste, dass sie den Schatz besaß. Darüber würde sie sich Gedanken machen müssen.
Rasch verließ sie den Ort, an dem ein zerstörerischer Blitz sie beinahe um ihren Reichtum gebracht hätte.
Am späten Nachmittag kehrte Brun zurück und musste Helmprechts Schelte über sich ergehen lassen. Jutta stand abseits und pflückte Beeren an einer Hecke. Wie unbeteiligt lauschte sie dem Wortwechsel.
Wo zum Teufel er denn die ganze Zeit gesteckt habe, wollte Helmprecht von seinem Stiefsohn wissen.
»Im Wald«, lautete die
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