Rosen für die Kaiserin
gemurmelte Antwort.
Was er dort zu suchen gehabt habe?
Jutta sah, wie Brun hilflos die Schultern hob. Sein Blick war so verwirrt, als wisse er es tatsächlich nicht. Helmprecht ließ es dabei bewenden, fragte auch nicht nach den Beulen in seinem Gesicht. Brun sah zu Jutta hinüber. Seltsamerweise bemerkte sie keinen Zorn in seinen Augen. Irgendwie wirkte er verstört und nachdenklich.
Am nächsten Tag war Brun wieder dreist und unausstehlich wie ehedem, stellte sie aber, was den Schatz anbelangte, nicht zur Rede. Da sie ihm jegliches mimische Talent absprach, kam sie zu der Überzeugung, dass er sich an ihre Begegnung an der zerschmetterten Eiche nicht mehr erinnern konnte. Die heftigen Schläge hatten ihm offenbar die Erinnerung geraubt.
Umso besser, das Problem hatte sich damit von alleine gelöst. Brun würde ihr nicht das Leben zur Hölle machen, um den Ort des neuen Verstecks zu erfahren. Und was die Geschichten anging, die sie Magda manchmal erzählte, würde sie künftig besser aufpassen müssen. Sie hatte gesiegt. So wie Kaiserin Theophanu über den Zänker gesiegt hatte …
Jutta war nun vierzehn Jahre alt. Sie würde keine Ewigkeit mehr warten, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.
21
G
erbert, Diener des Herrn, an Theophanu, Kaiserin von Gottes Gnaden.
Werteste Freundin! Längst ist ein Brief an Euch überfällig; ich bin untröstlich, dass ich erst jetzt dazu komme, da meine Pflichten am Reimser Bischofsstuhl mich so sehr in Beschlag nehmen. Bischof Adalbert, den ich mit Stolz meinen Freund nenne, liegt krank danieder, außerstande, sein Amt auszuüben. So liegt es an mir, seinen Pflichten stellvertretend nachzukommen. Adalbert glaubt an seinen baldigen Tod; möge Gott ihm viel Kraft schenken.
Seit König Lothars Tod vor zwei Jahren dreht das Rad der Ereignisse sich mit atemberaubender Geschwindigkeit. Nur ein Jahr des Königtums war seinem Sohn Ludwig vergönnt, bevor ein Jagdunfall seinem Leben ein Ende bereitete. Die Wahl Hugo Capets zum westfränkischen König im vergangenen Jahr liegt ja auch in Eurem Interesse, meine Kaiserin, und es war weise, seine Kandidatur zu unterstützen. Euer Vasall, Herzog Karl von Lothringen, der gleichfalls Anspruch auf die Krone geltend machte, hätte sein Herzogtum endgültig dem Westreich einverleiben wollen, und alles, wofür Ihr, Euer Gemahl und sein Vater kämpftet, hätte letztlich in einem neuerlichen Krieg behauptet werden müssen. Frankreichs Adel aber erwählte Hugo, obgleich nicht von karolingischem Blut, zum König.
Hugo wird Euch Lothringen nicht streitig machen, doch wage ich zu bezweifeln, dass die Auseinandersetzungen zwischen Hugo und Karl nunmehr beendet sind: Schwerlich wird der Herzog von Lothringen sich mit der Krönung des Rivalen abfinden. Schon rüstet er zum Kampf.
Mit großer Freude vernahm ich, dass Euren Feldzügen im Osten Erfolg beschieden war. In meinen Gebeten war ich stets bei Euch und Eurem Sohn. Möge das Wort Christi sich immer weiter verbreiten, auf dass der Herr bei seiner Wiederkunft auf Erden keine Heiden mehr vorfinde.
Oftmals denke ich an Euer ehrenvolles Angebot zurück, Eurem Sohn, dem König, Lehrer und Mentor zu sein. Und oft, wenn die Last der Pflichten allzu sehr drückt und die Intrigen meiner Widersacher mich schier verzweifeln lassen, wünschte ich mir, ich wäre Eurer Einladung gefolgt. Wie Ihr wisst, bin ich überzeugt, dass Otto zu Großem berufen ist. Doch auch seine Mutter, die ihm so eindrucksvoll und unbeirrt den Weg bereitet, wird der Nachwelt als große Herrscherin in Erinnerung bleiben. Vorläufig bleibt mir der Trost, den Interessen des Kaiserhauses auch hier in Reims gerecht zu werden. König Ludwig gedachte dem Erzbischof ob seiner Kaisertreue den Prozess wegen Hochverrats zu machen; sein früher Tod verhinderte dies. Gottes Gerechtigkeit – könnte sie augenfälliger sein? – macht auch vor dem König der Franzosen nicht halt.
Noch einmal will ich Euch meiner Gebete versichern und hoffe, dass Ihr Euch bester Gesundheit erfreut. Auch dem jungen König gelten meine guten Wünsche sowie Euren Töchtern, die den Kindesschuhen inzwischen fast entwachsen sein dürften.
Theophanu, von Gottes Gnaden erhabene Kaiserin, an Gerbert von Aurillac, den gelehrten Freunde.
Beinahe ein ganzes Jahr ist verstrichen, seit Euer Brief mich erreichte. Verzeiht, mein Freund, dass ich erst heute antworte. Gestern erreichte mich die Nachricht vom Tod des Adalbert, Eures Herrn und Freundes, für dessen Seelenheil
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