Rosen für die Kaiserin
begeistern vermag. Der Knabe ist mit einem aufgeweckten Geist gesegnet und weckt den Stolz der Mutter in mir. Seine Erzieher loben seine breite Begabung. Beim Schach vermag er mich, die ich dieses Spiel vortrefflich beherrsche, immer häufiger zu besiegen. Mein Vertrauter Johannes Philagathos unterrichtete ihn in der griechischen Sprache, die der Knabe fließend zu sprechen vermag.
Ich weiß, Ihr seht ihn zu großen Taten berufen, werter Gerbert, und ich wäre glücklich, wenn Ihr recht behieltet. Doch frage ich mich, ob er nicht allzu sehr seinen Fantasien nachhängt. Auch erschrak ich mitunter über eine gewisse ihm eigene Kaltblütigkeit, die zu seinem Wesen wenig zu passen scheint. So begrüßte er während des Slawenfeldzuges begangene Grausamkeiten, als sei er nicht der unschuldige Knabe, den das Leben erst noch prägen muss, sondern ein gnadenloser Kriegsherr, dem alles Kindhafte abhanden kam. Den rauen Grafen Hoiko, der ihn im Waffengebrauch unterwies, habe ich inzwischen aus meinen Diensten entlassen, da ich seinen Einfluss nicht guthieß.
Vermutlich werdet Ihr, wie auch Willigis, schmunzeln über die Besorgnis einer Mutter, die es als Herrscherin doch besser wissen müsste: Ein Lamm unter Löwen wird nicht lange leben. So mag es sein, dass mir die Sorge um den Sohn die Sicht trübt. Ich will bereit sein, jedes persönliche Opfer zu bringen, um ihm das Reich zu sichern. Bitte hört nicht auf, dafür zu beten, dass alles seinen rechten Weg nimmt.
Was Eure Frage nach meinen Töchtern angeht, so ist es mir leider nicht bestimmt, sie allzu oft zu sehen. Adelheid, die Älteste, denkt als Kanonissin darüber nach, den Schleier zu nehmen. Ein anderes Leben könne sie sich nicht vorstellen, schrieb sie mir neulich. Sophia, die Mittlere, wird den Schleier bereits im Herbst empfangen. Der gute Willigis wird eigens dafür nach Gandersheim reisen, um die Zeremonie der Einkleidung vorzunehmen. Ich drängte Sophia nicht dazu, es ist ihr freier Wille, wenngleich ich meine Zweifel habe, ob ein Leben in Demut und Gehorsam ihr auf Dauer behagt, neigt sie doch zur Aufsässigkeit und ist den weltlichen Dingen nicht abgeneigt. Schließlich Mathilde, die Drittgeborene: Ob sie einst die Gelübde ablegen wird, erscheint mir fraglich; zu sehr scheint sie dem Irdischen zugewandt.
Wie so oft im Leben, kommt alles anders, als anfangs gedacht. Die Jüngste wird es letztlich sein, die ich eines nicht mehr sehr fernen Tages verheiraten muss. Ich erwäge, sie mit dem Pfalzgrafen Ezzo von Lothringen zu vermählen. Es ist unglaublich, wie die vergangenen Jahre verflogen sind. Noch immer glaube ich in die runden Säuglingsaugen der Mädchen blicken zu können.
Ich werde der Zeremonie von Sophias Einkleidung in Gandersheim beiwohnen, bevor ich nach Rom aufbreche. Sind meine Anwesenheit und Anteilnahme nicht das Mindeste, was ich meiner Tochter schulde, der die Mutter bald wie eine Fremde erscheinen muss? Herrschen bedeutet Opfer bringen. Aber das brauche ich Euch, der die Welt mit den Augen des Gelehrten sieht, wahrhaftig nicht zu erklären.
Was die erwähnten Opfer anbelangt, so muss ich feststellen, dass meine Gesundheit in letzter Zeit sehr gelitten hat. Den Herbst des vergangenen Jahres verbrachte ich in Meersburg am Bodensee, wo das milde Klima mir Erholung verschaffte. Meine Lungen, so behauptet mein neuer Leibarzt Fulrad, sind zeitweilig nicht imstande, die bösen Säfte abzusondern, die sich dort bilden. Nicht selten quälen mich auch Fieberträume. Inzwischen geht es mir wieder gut, auch wenn Gerüchte das Gegenteil behaupten.
Die Menschen würden gut daran tun, nicht alles zu glauben, was die Spatzen von den Dächern pfeifen. So sagen manche Widersacher mir arglistig nach, mein Berater Johannes Philagathos, den ich jüngst auf den Bischofsstuhl von Piacenza setzte, stünde mir näher, als es sich für die Kaiserin zieme. Wenn Euch solches zu Ohren kommt, so glaubt es nicht. Philagathos dient mir und dem jungen König – Ihr wisst das – seit Langem treu und verlässlich. Als Grieche, der er ist, sah er sich stets einem Heer von Neidern gegenüber. Mir indes warf man vor, den Landsmann zu bevorzugen. Aber auch künftig werde ich allein den Menschen vertrauen, auf deren Loyalität ich zählen kann.
Mein Brief erreicht Euch aus Köln, wo ich mich seit dem Weihnachtsfest in der hiesigen Benediktinerabtei aufhalte. Jenseits der Stadtmauer erheben sich die Klostergebäude auf einem sanften Hügel über der Landschaft. Vieles
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