Rosen für die Kaiserin
angestrengt. Unwahrscheinlich, dass sie große Beute witterten, standen ihnen doch nur zwei Bauernmädchen und ein alter Hund gegenüber. Vielleicht wollten sie aus Langeweile nur ein paar derbe Späße mit ihnen treiben. Das hätte man zur Not über sich ergehen lassen können. Auf keinen Fall aber durften sie den Lederbeutel mit den Denaren entdecken, den sie unter ihrem Kleid trug.
»Kleinen Ausflug gemacht, was?«, fragte der Kleine, der offenbar den Ton angab. Unter seinen dicken Lidern lagen berechnende Augen.
Jutta hob die Schultern. »Na und?«
»Was hast du da in dem Bündel?«
»Etwas Proviant und ein paar Kleidungsstücke.«
»Zeig das her!« Er streckte eine grobknochige Hand aus.
Da sie die Wahrheit gesprochen hatte, gab es Grund zur Gelassenheit, doch etwas Trotz schien ihr angebracht. »Das sind unsere Sachen!« Sie presste das Bündel fest an sich.
»Gib schon her!« Er trat vor und entriss ihr das Bündel. Wiljo schnappte nach seinem Bein, aber ein brutaler Tritt ließ den Hund winselnd zurückweichen. Magda begann zu weinen.
»Sieh mal einer an – ein Bärenfell!« Der Strauchdieb hatte den Inhalt des Bündels auf dem Boden ausgebreitet. »Immerhin, das bringt uns ein paar Münzen ein.« Er warf es seinem Kumpan zu, der es auffing und betrachtete. Eine kleine Holzpuppe – Magda hatte darauf bestanden, sie mitzunehmen – landete im Gebüsch. Auch die Ersatzhemden der Mädchen waren für die Räuber nicht von Interesse. Eine Käserinde dagegen wanderte in den Schlund des Buckligen.
»Bitte, gebt uns das Bärenfell zurück«, sagte Jutta. »Es ist das Geschenk eines lieben Oheims.« Ein wenig Entrüstung mochte die Männer vom Wesentlichen ablenken. Mit den Denaren, die sie besaß, konnte sie so viele Bärenfelle kaufen, wie sie nur wollte. Wenn diese Unholde sie ansonsten unbehelligt ließen und sich endlich fortscherten, dann war der Verlust des Felles leicht zu verschmerzen. Aber offenbar war es noch nicht überstanden.
»Dein lieber Oheim schenkt dir ja vielleicht ein Neues.« Während er an der Rinde herumkaute, musterte er sie mit lüsternem Blick. »Auch ich will dir etwas schenken, holde Maid. Nämlich meine Liebe!« Theatralisch fasste er sich erst ans Herz, dann in den Schritt.
Sein langer Kumpan begann schallend zu lachen. Jutta versteifte sich. Der Gedanke, dass diese widerwärtigen Kerle sie anfassen könnten, bereitete ihr Ekel. Das musste ihr deutlich anzusehen sein.
»Oh, keine Sorge. Ich beeil mich, mein Kumpan hier will ja schließlich auch noch ran.«
»Bitte, bitte, lasst uns in Ruhe«, wimmerte Magda.
»Magda, sei still und warte dort hinten an dem Felsstein auf mich«, flüsterte Jutta ihr zu. Auf keinen Fall durften die Kerle auf die Idee kommen, sich auch noch an der Kleinen zu vergreifen. »Na los, geh schon. Denk an die Geschichte mit den Schwestern. Und rühr dich nicht von der Stelle.«
»Aber du …«
»Geh, hab ich gesagt!«
Widerwillig schlich Magda sich davon, den Blick nach rückwärts gerichtet. Der Bucklige grinste. »Ein paar Jährchen weiter, und dein Schwesterchen darf mitmachen.«
»Die Glückliche«, sagte Jutta angewidert.
»Zieh das Kleid aus!«
»Ein Kuss für jeden. Dann lasst ihr mich in Ruhe, einverstanden?«
»Ha! Was du gleich erleben wirst, ist besser als ein Kuss, holde Maid. Das Kleid, zieh es aus!«
Sie hätte schreien können vor Wut und Ekel. Die Kerle würden nicht zimperlich mit ihr umgehen, wenn sie sich noch länger sträubte.
»Worauf wartest du, Täubchen?«
Er trat so nahe vor sie hin, dass sie seinen sauren Atem riechen konnte. Überhaupt, er stank ärger als ein Ziegenbock. Als sie unwillkürlich einen Schritt zurücktrat, packte er sie an der Taille. Jutta erschrak. Weniger seiner Grobheit wegen, sondern weil seine Pranke den verborgenen Geldbeutel ertastete.
»He!«, rief er überrascht, »was haben wir denn da?«
Zum ersten Mal wurde Jutta von Panik geschüttelt. Sie wollte sich losreißen, aber seine dicken Finger hatten sich unerbittlich in ihr Kleid gekrallt, sodass ein langer Riss entstand. Klirrend plumpste der Lederbeutel auf die Erde. Der Strauchdieb bückte sich schnell danach, löste den Riemen und schielte hinein. »Beim Sack des Teufels! Jetzt erzähl mir bloß noch, das sei ehrlich erworbenes Geld.« Er konnte sein Glück kaum fassen.
War dies nun das Ende ihres so lang gehegten Traumes, zerstört durch zwei nichtsnutzige Strauchdiebe? Das durfte einfach nicht sein. Kampflos würde sie den
Weitere Kostenlose Bücher