Rosen für die Kaiserin
sein. Magda wäre die einzige Person gewesen, die sie schmerzlich vermisst hätte.
Ihr Weg führte durch Wald und über Felder. Um Siedlungen machte Jutta einen Bogen, wollte sie doch vermeiden, dass man sie sah und später beschreiben konnte. Bestimmt würde Helmprecht nach ihnen suchen. Als die Schatten länger wurden, klagte Magda erstmals über Müdigkeit.
»Vielleicht sollten wir umkehren«, sagte sie zu Juttas Unmut.
»Bist du verrückt? Unsere Reise hat doch gerade erst begonnen.«
»Wo werden wir schlafen?«
»Das lass nur meine Sorge sein. Ich finde schon ein gemütliches Plätzchen für uns.«
Als es hinter einigen Büschen laut raschelte, sah Magda sich furchtsam um. »Was ist das?«
»Nur ein Tier. Sei nicht so ängstlich.«
Das Rascheln kam näher. Magda klammerte sich an die große Schwester – bis der Urheber des Geräuschs hechelnd und winselnd aus dem Unterholz kroch. Jutta schmunzelte.
»Wiljo! Sieh nur, Magda, er ist uns gefolgt. Auch ihn hält nichts mehr daheim.«
Der gute alte Wiljo. Inzwischen war sein einst pechschwarzes Fell gänzlich ergraut. Jutta fand es rührend, dass er ihnen gefolgt war. Dann durchzuckte sie ein Gedanke: Ob auch Helmprecht und Brun in der Nähe waren? Aufmerksam spähte sie umher. Als sie sicher war, dass niemand da war, beruhigte sie sich. Der alte Hund war ihnen tatsächlich aus Treue gefolgt.
»Also schön, dann sind wir von nun an eben zu dritt«, erklärte sie in der Hoffnung, dass Magda sich von ihrem Frohsinn anstecken ließ.
23
Nimwegen, Juni 991
D
ie Vorahnungen ließen Theophanu nicht mehr los. Sie spürte, wie ihre Lungen zunehmend schwächer wurden; bald würden sie ihr wohl den Dienst versagen. Kein Arzt, der ihr dann noch helfen konnte. Es war an der Zeit, sich auf den Tod vorzubereiten, auch wenn die Großen des Reiches ihr noch täglich ihre Aufwartung machten. Niemand sollte ihr anmerken, dass das Ende nicht mehr fern war.
Noch wenige Tage zuvor hatte sie den treuen Willigis empfangen. Ihm hatte sie sich anvertraut. Willigis hatte ihr zugehört, ohne ihre düsteren Ahnungen infrage zu stellen. Sie brauchte Willigis, auch und vor allem, wenn sie tot war. Als er wieder abreiste, war beiden bewusst gewesen, dass es ein Abschied für immer war.
Zu Ostern, wenige Wochen zuvor, hatte sie in Quedlinburg einen großen Hoftag abgehalten. So wie es auch ihr berühmter Schwiegervater einst getan hatte, kurz bevor er den Weg in die Ewigkeit antrat. Noch einmal hatten Theophanu und ihr Sohn die Huldigungen der Reichsfürsten entgegengenommen, selbst Herzog Mieszko war aus Polen angereist. Verzückt hatte der junge Otto ihm von seinem Kamel berichtet.
Theophanu war froh, dass sie den Hoftag noch bei guter Gesundheit abhalten konnte, und sah sich in ihrer Zuversicht bestärkt, dass die Macht des Kaiserhauses weitgehend gefestigt war. Ihre Politik der Versöhnung erwies sich einmal mehr als äußerst fruchtbar. Auf dem Weg nach Nimwegen spürte sie jedoch das Heranschleichen der Krankheit. Diesmal, das wusste sie genau, würde keine Arznei helfen.
Die Nachrichten, die sie in ihrer Pfalz erreichten, trugen zu ihrer Beruhigung bei: Der Thronstreit der Franzosen war endgültig entschieden, Karl von Lothringen inzwischen ein Gefangener König Hugos. Aus Rom traf ein Brief des Papstes ein, der mit huldvollen Worten die baldige Kaiserkrönung des jungen Otto in Aussicht stellte. Auch Crescentius Nomentanus, so hieß es, sei der kaiserlichen Sache weiter gewogen.
Am vierzehnten Tag des Juni befiel die Kaiserin ein hohes Fieber. Man legte sie ins Bett, ein Arzt verabreichte ihr einen Sud, worauf sie in tiefen Schlaf fiel. Stunden später erwachte sie. Otto und Eutropia, ihre neue Zofe, saßen an ihrer Seite. Erleichtert atmete der Junge auf, als sie die Augen aufschlug und ihn anlächelte.
»Mutter! Wir alle haben uns Sorgen um Euch gemacht.«
»Nur ein Fieber, mein Junge. Jetzt geht es mir schon wieder besser. Du kennst das doch. Ich habe schwache Lungen.«
Er nahm ihre Hand und presste sie fest an seine Wange. »Ihr müsst rasch wieder gesund werden, hört Ihr?«, schluchzte er, was ihr in der Seele wehtat.
»Hast du denn keinen Unterricht?«
»Heute ist doch Sonntag, Mutter.«
»Dann geh und spiel ein wenig.«
»Aber ich möchte bei Euch sein.«
»Tu mir den Gefallen und kümmere dich ein wenig um Luitger. Der Arme spielt sicher wieder ganz alleine. Du weißt, er braucht dich als Freund.«
»Na schön. Ganz wie Ihr wünscht,
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