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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Herrn Huber. Ich freute mich, wie spielerisch er
die nötigsten Kommandos gelernt hatte, und schob ein »Platz!« nach. Er streckte
die Vorderpfoten und legte den Kopf flach darauf. Die weiße Schwanzspitze
zuckte hin und her.
    Ich blickte Chili hinterher.
    Was wusste ich eigentlich von ihr?
    Torsten Toledo, ihr Vater, stammte aus Flensburg. Als
junge Männer waren wir in München eine Zeit lang bei der Schutzpolizei
gemeinsam auf Streife gewesen. Am Oktoberfest hatte ihm ein Betrunkener ein
Messer in die Brust gestoßen, direkt neben das Herz. Mir war es gelungen, den
Täter zu überwältigen und festzunehmen. Während der Ermittlungen stellte sich
heraus, dass der Mann aus Eifersucht zugestochen hatte, und wirklich betrunken
war er auch nicht gewesen. Ein Liebhaber, dem Torsten in die Quere gekommen
war. Von den Folgen der Verletzung und der Operation erholte er sich nie mehr
völlig.
    Beide hatten wir davon geträumt, eines Tages den Aufstieg zur Kripo
zu schaffen. Bei mir war dieser Traum Wirklichkeit geworden. Torsten dagegen
kehrte schließlich in seine Heimatstadt zurück und landete bei der Flensburger
Hafenpolizei. Woher sein nicht gerade norddeutscher Name stammt, lag im
Dunkeln. Er tippte auf einen hängen gebliebenen spanischen Seemann. Jedenfalls
blieben wir über all die Jahre befreundet, telefonierten und besuchten uns.
    Seine Tochter Chili – die eigentlich Sabrina hieß – lernte
ich kennen, als sie eingeschult wurde. Es war das Jahr, in dem ihre Mutter von
einem Tag auf den andern mit einem Sänger verschwand, der am
Schleswig-Holsteinischen Landestheater gastiert hatte. Das Leben mit einem
Polizisten war ihr wohl zu trocken gewesen.
    Chili ging den Weg, den ihr Vater ursprünglich hatte gehen wollen.
Sie schaffte den Sprung zur Kriminalpolizei. Und – sie meldete sich
freiwillig nach München, wo Torsten mit mir seinen Dienst begonnen hatte.
Zuerst arbeitete sie in der Drogenfahndung. Torsten bat mich, ein Auge auf sie
zu haben. Soweit das bei einer attraktiven Frau wie Chili möglich war, nahm ich
sie unter meine Fittiche, musste aber achtgeben, dabei nicht selbst unter ihre
Räder zu kommen.
    Dann wurde die Stelle im Rosenheimer Kommissariat 3 frei. Chili
bewarb sich und bekam den Job. Sehr bald merkten die Rosenheimer
Erkennungsdienstler, was sie an der quirligen jungen Frau hatten.
    »Auf dem Klo fällt einem meist etwas Gescheites ein.«
Chili legte eine Hand von hinten auf meine Schulter. »Wenn jemand vermisst
wird, stellt sich nachher oft heraus, dass er einfach nur das Weite gesucht
hat, um seinen Problemen zu entkommen. Hast du gewusst, dass die meisten nach
einer Zeit wieder in genau die Probleme zurückkehren, denen sie hatten
entfliehen wollen?«
    Ich spürte eine knappe Berührung an der Hand. Lang genug aber, um
wieder diese eigenartige Wärme zu empfinden, die von dort in meinen Körper
strömte. »Und? Was willst du damit sagen?«, fragte ich und stand auf.
    »Unsere zwei werden von niemandem vermisst, weil niemand wusste,
dass sie Probleme hatten. Das ist zwar eine Hypothese, aber ich folgere daraus:
Sie müssen glücklich gewesen sein.«
    »So glücklich, dass er sie erschießt«, brummte ich.
    Chili sah mich an. »Hast ja recht«, sagte sie.
    Sie hakte sich bei mir unter und drückte ihre schmale Hüfte mit
einer Bewegung an mich, die alles ausdrücken konnte. Es war eine kraftvolle,
erotische Geste, die einen Mann aus dem Gleichgewicht bringen konnte.
    »Lass das«, sagte ich, ließ aber ihren Arm in meinem Arm.
    »Meinst du den Herr Huber?«, fragte sie. Der Hund war an ihr
emporgesprungen und hielt sie von hinten umklammert.
    »Nein, nicht den Herr Huber«, sagte ich. »Dich.«
    »Ich hab doch überhaupt nichts gemacht«, sagte sie mit einem kurzen
Seitenblick.
    »Ja, aber wie du überhaupt nichts gemacht
hast«, sagte ich.
    Immer mehr verstärkte sich mein Eindruck, dass niemand so recht
weiterwusste, Chili nicht, Scholl nicht, die ganze Rosenheimer Kripo nicht. Und
ich selbst mit all meiner Erfahrung hatte jede Menge Zeit, die ohne Sinn
verrann.
    Die wollte ich nutzen.

VIER
    Sie tauften ihn Jahrhundertsommer. Es war der Sommer der
tropischen Temperaturen und des feinen Staubs aus Pollen und Zapfen, der das
ganze Land gelb überzog. Es war der Sommer der Borkenkäfer, die sich ein
rauschendes Fest daraus machten, sich in das tote Holz der umgestürzten
Fichtenstämme zu wühlen, die der Jahrhundertsturm des Vorjahrs in den Wäldern hinterlassen
hatte.
    In diesem

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