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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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die Nase
reiben, verstehen Sie? Nur wegen dem Georg, wegen nichts sonst, wissen Sie?«
Sein Lächeln war verschwunden. »Ihnen kann ich’s ja anvertrauen. Oder? Zu Ihnen
hab ich Vertrauen.«
    Ich griff über Liebermanns massigen Körper hinweg und nahm das leere
Glas an mich.
    »Interessanter Aspekt«, sagte ich, »aber die Kripo Rosenheim wird’s
herausfinden. Die sind ja nicht blöd. Das ist ihr Job. Eine Frage noch. Wissen
Sie, wann die jungen Leute in Seehäusl angelegt haben? Um wie viel Uhr?«
    Liebermann überlegte kurz. Er klemmte die Daumen unter die
Hosenträger und sagte:
    »Na klar. Die Party war am Samstag. So um acht Uhr werden sie also
festgemacht haben. Aber noch was. Ich bin da gar nicht so überzeugt, ob die
Polizei das rauskriegt, wenn Sie’s ihnen nicht sagen. Man kann sich einer Sache
niemals sicher sein, die sich erst in der Zukunft abspielt.«
    Herr Huber nickte zweimal in Richtung Liebermanns Bauch und gähnte
kurz und laut.
    In meinem Kopf drehten sich die Rädchen. Ich begann zu ahnen, dass
ich auf einen wichtigen Punkt zusteuerte.
    Ich hatte Mühe, mich zu konzentrieren. Wieder einmal
schweiften meine Gedanken ab zu Lola. Ich begeisterte mich an der Idee, sie im
Hotel aufzusuchen oder sie wenigstens anzurufen. Dann würde sich der Klebstoff,
der mich seit Tagen mit Chili verband, womöglich von selbst auflösen. Ich
konnte mich doch unmöglich mit der Tochter meines Freundes einlassen. Die
Bettszene hätte nicht passieren dürfen.
    »Hund, komm, wir gehen!«
    Die Sonne war über den Ostteil der Veranda spaziert und hatte die
lang und spitz ausgestreckten Ohren Herrn Hubers erreicht. Der stand sofort auf
und presste seinen Kopf an mein Knie. Ich legte ihm die Laufleine um, und wir
gingen joggen, er an meiner linken Seite. Am kilometerlangen Damm des Inns ließ
ich ihn frei. Der Strom war an dieser Stelle vielleicht dreihundert Meter
breit, das Wasser trieb träge nordwärts und war von graugrüner Farbe. Ein
schmaler Weg führte entlang wild wachsender Büsche und hohen Kräutern,
Schafgarbe und Kamille. Der Hund trabte zehn, fünfzehn Meter vor mir her, und
ich konnte meinen Gedanken freien Lauf lassen.
    Ich hätte zu gern gewusst, wer der Anrufer heute früh gewesen war,
als zur selben Zeit Liebermann an der Tür geklingelt und oben im Dorf die
Glocken geläutet hatten.

ACHT
    Wenn man mich fragt, was ich nicht ertragen, nicht
ausstehen kann, dann muss ich mit einiger Berechtigung sagen: das Lückenhafte.
Alles Unvollständige quält mich, es lässt mir keine Ruhe. Ich muss es ergänzen,
vervollständigen. Weiße Stellen, ganz gleich, wo, rufen in mir eine tiefe
Unzufriedenheit hervor.
    Von Weitem schon hörte ich Sirenengeheul. Im Allgemeinen verheißt
das nichts Gutes. Feuer, Unfall oder Herzinfarkt. Doch ich regte mich zunächst
nicht weiter auf, denn betroffen sind in der Regel immer die anderen. Je weiter
ich mich dann allerdings meiner Wohnung näherte, desto größer wurde meine
Befürchtung, die Sirene könne etwas mit mir zu tun haben. Herrn Hubers
Quietschen und Jaulen ging in wütendes Bellen über, als wir durch das nördliche
Stadttor von Neubeuern kamen, hundert Meter vor unserem Heim. Wir passierten
von Guttenbergs Stadel – und mit einem Mal war alles klar. Auf dem
kiesbestreuten Platz vorm Haus parkte ein Streifenwagen, ein Malteserfahrzeug
auf dem Rasen hinterm Haus. Es war Viertel vor sieben am Abend. Ich war rundum
nassgeschwitzt.
    »Sie, Sie, Sie – Mörder!«, schallte es mir entgegen. Harry
Steiner warf sich gegen meine Brust und hämmerte mit den Fäusten auf mich ein.
»Was haben Sie getan, Sie Idiot?« Sein Adamsapfel hüpfte im dünnen Hals auf und
ab.
    Nach einem kurzen Gerangel hatte ich mich befreit.
    Der Ortspolizist und ich kannten uns vom Sehen.
    »Sind Sie Josef Ottakring?«, fragte er mich unnötigerweise. Auch er
hatte Schweiß auf der Stirn. »Bitte folgen Sie mir.«
    Hinter mir hörte ich Harrys Wutgeheul.
    Die Ladeklappe des Malteserautos stand offen. Ich blickte auf den
breiten Rücken eines Sanitäters, der sich, über eine Trage gebeugt,
offensichtlich um eine Person im Inneren kümmerte.
    »Ist das Ihr Anwesen?«, fragte mich der Polizist.
    Ich war mir sicher, dass er wusste, dass mir das Haus nicht gehörte
und ich hier zur Miete wohnte. Ich sagte nichts und sah mich um. Zwei
Rosenbüsche und das Gras darum herum waren niedergetrampelt.
    »Kennen Sie eine gewisse Frau Steiner?« Der Polizist wieder. Seine
Schirmmütze hing im Genick. Die

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