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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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und aus, Monteure in Blaumännern hoben, schraubten und hämmerten, und
Männer in nass geschwitzten T-Shirts schleppten lange Bänke.
    Ich stellte mich in den Schatten des Tors mit Blick auf die
dunkelgrüne Steinfassade der Polizeidirektion und tippte einige Ziffern in mein
neues Handy. Die Nummer hatte ich im Kopf. Paulis Nummer. Pauli war um die
vierzig, ein liebenswerter Schlawiner und jahrelang mein V-Mann fürs Grobe in
München gewesen.
    »Pauli, Joe hier. Kennst mich noch?«
    Heiseres Lachen am anderen Ende. »Hallo, mein Herr und Gebieter. Wie
geht’s Euer Gnaden? Ich hab gedacht, du bist verstorben?«
    Immer noch derselbe Humor. Ich sah ihn vor mir in seinen seitlich
geflochtenen Lederhosen, mit der Glatze und den drei goldenen Nadeln im linken
Ohr. Dazu trug er meist ein weißes Leinenhemd mit den abenteuerlichsten
Stickereien drauf und immer ein magisches Amulett, um feindliche Kugeln oder
Pfeile abzuwehren.
    »Hast du von dem Fall mit den beiden Toten am Chiemsee gehört?«,
fragte ich. »Die im Kahn angetrieben sind?«
    »Gelesen. Na klar«, sagte Pauli.
    »Okay. Dann weißt du ja Bescheid. Hast also auch die Namen Giorgio
Bellini und Helen Esterding schon gehört, äh, gelesen, und was die machen.«
    »Gemacht haben. Ja, weiß ich, Chef.«
    »Kannst du für mich was rausfinden über die zwei?«, fragte ich.
»Leben, Gewohnheiten, Verbindungen, wie intensiv ihre Liebe war – du weißt
schon.«
    Er murrte ein bisschen. »Hm. Kunsthändler und Künstlerin. Ist zwar
nicht direkt meine Schublade. Aber ich werd’s schon übernehmen. Wenn’s sein
muss.«
    Zur Bekräftigung fuhr sich Pauli jetzt wohl übers kahl rasierte
Haupt. Ich hatte dieses Bild von ihm noch im Kopf. »Dir zuliebe«, setzte er
hinzu.
    »Noch was, Pauli. Bei Bellini in der Wohnung ist ein Abschiedsbrief
mit seiner Handschrift gefunden worden. Das Mädchen scheint ihn betrogen zu
haben, und vor lauter Verzweiflung wollte er sie und dann sich umbringen.
Lieber tot als betrogen, schreibt er. Mich interessiert, ob das mit seiner
Einstellung, seinem Charakter, seiner Lebensweise zusammenpasst.«
    Es knackte kurz, dann kam er wieder.
    »Des hammer glei. Sag mal, die Nummer auf meinem Display, hast du
jetzt ein Handy? Der verbiesterte Kriminalrat Ottakring telefoniert mobil?«
    »Absolut«, sagte ich.
    Sein Lachen hielt so lange an, bis er sich verschluckte. Dann legte
er auf.
    Pauli, wäre er kein Gauner gewesen, hätte Banker werden können,
Versicherungsmakler oder Politiker. Er beherrschte die Kunst, aus der
Menschheit Geld herauszuschlagen, ohne Gewalt anzuwenden. Pauli war gutmütig
und offen, er war intelligent und konnte improvisieren. Im richtigen Leben
hätte er es folglich zu etwas bringen können. Nur – Pauli wollte sehr
bewusst auf der anderen Seite der Straße leben.
    Einmal, vor vielen Jahren, hatte ihm die Konkurrenz aus der
Münchener Unterwelt ans Leder gehen wollen, und ich hatte ihn für eine Weile in
Schutzhaft nehmen lassen. Als er wieder herauskam, gab es seine Konkurrenz
nicht mehr.
    Seither tat Pauli alles für mich.
    »Des hammer glei« war sein geflügeltes Wort.
    Ich kannte einige seiner Geschäftsfreunde, die Pauli auch so nannten:
Für sie war er »der Hammerglei«.

NEUN
    »Großartig war diese Bellini-Ausstellung in München«,
berichtete Pauli. »Ein Stück Tapete, auf dem rote Farbstreifen von links oben
nach rechts unten liefen. Dann eine Leinwand, auf der ein paar Punkte zu sehen
waren. Ein Bild bestand aus ein paar wirren Strichen. In einem hängenden
Kästchen waren Stücke von alten Lederriemen, jeder mit einer Schnalle,
angebracht. Und schließlich noch vertrocknetes Moos hinter Glas.«
    Ja, ja, er konnte sich ausdrücken, wenn er wollte, der Pauli. Er
wandte den Blick von seinem Wurstsalat ab und begutachtete die
Dirndl-Ausschnitte um uns herum. »Mordsweiber!«
    Wir waren uns auf halber Strecke zwischen München und Rosenheim
entgegengekommen. In Aying hatten wir uns verabredet, im Brauereigasthaus. Es
war nicht viel los um diese Zeit. Es roch nach abgestandenem Zigarettenrauch
vom Vorabend. An einem langen braunen Holztisch saßen wir uns gegenüber. Pauli
trank Apfelschorle, ich ließ mir ein Weißbier nicht nehmen.
    »Zu Zack Borsody hab ich gewollt, um etwas über den Bellini
herauszufinden. Der hat die Ausstellung organisiert. Ich hab die S-Bahn
genommen und bin bis Pasing gefahren, ein paar Schritte gegangen und hab an dem
Mehrfamilienhaus geklingelt. Zack Borsody. Wenn einer in München was

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