Rosen für eine Leiche (German Edition)
Liebermann in den hohlen
Hausflur hinein. »Ihre Arbeitskleidung?«
Er glänzte wie immer mit seiner Jägerkluft. Grünes Hemd, grüne Hose,
heute sogar mit grünem Hut.
Herr Huber schwänzelte um ihn herum und schnüffelte an den
Schnürstiefeln.
Ich sah an mir herunter. Alles, was ich anhatte, war ein kurzes
schwarzes T-Shirt.
»Sie sind doch Kriminaler, nich? Kann ich reinkommen?«
»Ich war einer, Liebermann, ich war einer«, sagte ich. »Klar, kommen
Sie rein. Aber lassen Sie mich erst mal ins Badezimmer verschwinden.«
Ich war gespannt, was Liebermann wollte. Neulich in seinem
Biergarten war er mir recht eigenartig vorgekommen, fast als hätte er etwas zu
verbergen gehabt. Nun aber machte er einen absolut unbefangenen Eindruck.
Das Badezimmer sah aus, als wäre Lola erst gestern hier gewesen. Der
Klodeckel war runtergeklappt, es lag keine Schmutzwäsche auf dem Boden, der
Spiegel war nicht bespritzt, die beiden Waschbecken sauber. Der einzige Geruch,
der im Raum hing, war der von antibakterieller Seife. Ich musste mich total
geändert haben. Offenbar hatte ich aufgeräumt. Ich putzte die Zähne, gurgelte
mit Mundwasser, rieb mir Gesicht und Stirn mit der Spezialcreme ein und zog
Jeans und ein frisches Polohemd über.
Liebermann stand auf der Terrasse, ein schäumendes Weizenbier
funkelte auf dem Tisch. Er war an meinem Kühlschrank gewesen. Als er meinen
kritischen Blick hin zur Uhr bemerkte, winkte er ab.
»Nicht aufregen«, sagte er und hielt mir das Glas hin. »Hilft gegen
Mundgeruch und Fußschweiß. Und keine Angst, ich bin bald wieder wech.«
»Also, was ist«, sagte ich und stieß beide Hände in die
Hosentaschen. Die Mundwinkel, die ich zu einem falschen Lächeln hochgezogen
hatte, fielen nach unten. »Warum sind Sie hier?«
»Dann trink ich’s eben selber«, sagte Liebermann und hob das Glas.
»Prost«, sagte er und nahm einen langen Schluck.
Er warf sich in den blauen Gartenstuhl, in dem am Abend zuvor noch
Chili gesessen hatte. Den grünen Hut behielt er auf.
»Sie ham von meinem Kahn gehört«, begann er. »Ich mein die Sache mit
dem Kahn, der wech war.«
»Und mit zwei Toten an Bord wieder an Ihrem Biergarten festgemacht
hat«, sagte ich. Ich stellte mich dicht vor ihn und richtete den Blick
möglichst hart auf seine Augen. Herr Huber hatte sich neben mich gesetzt und
versuchte dasselbe.
Unwillkürlich schlug ich den sonoren Tonfall an, den ich früher bei
Verhören angewandt hatte.
»Haben Sie eigentlich schon in dem Moment bemerkt, dass es Ihr Kahn
war, der da von See her herankam? Wir sind ja schließlich beide dabei gewesen,
als das Ding angelandet ist.«
»Nein. Ich hab’s erst später als mein Boot identifiziert.
Identifizieren müssen, bei der Polizei. Aber darum geht’s mir nich. Deswechen
bin ich nich hier. Ich brauch Ihren Rat.«
Er schaute mich ein paar Augenblicke lang an, runzelte die Stirn und
nickte. In seinem Westfälisch sprach er weiter.
»Als mich Ihre geschätzte Kollegin vernommen hat, hab ich ihr gesagt,
dass ich in meinem Betrieb war und nicht gemerkt hab, dass der Kahn fehlt. Hab
ich auch nicht merken können, ich guck ja nicht ständig danach. Ich war auch
den ganzen Abend im eigenen Wirtshaus, wie immer, und dann bin ich ins Bett.
Das stimmt alles, dafür gibt’s Zeugen.« Er wischte sich den Schweiß ab, der
sich über seiner Lippe gebildet hatte. »Da ist nur noch ein Problem.«
Liebermann schloss die Augen, als ob er unsicher wäre, was er sagen
sollte. Er drückte sie fest zu, als er weiterredete, und es klang monoton, wie
in Trance.
»Mein Sohn hat schon mal mit dem Gesetz zu tun gehabt, Drogen,
wissen Sie. Das ist zwar schon einige Zeit her, aber ich wollt den Jungen bei
der Polizei außen vor lassen. Er ist mein einziger Sohn, der Georg. Inzwischen
hat er sich wieder gefangen, mit einem zauberhaften Mädchen angebandelt, und
die zwei wollten an jenem Abend nach Seehäusl. Das ist eine Surfschule nördlich
von Chieming, da sollte an dem Abend so richtig die Post abgehen, nur für junge
Leute, Sie wissen schon, und da wollten die beiden hin. Der Georg hat mich
gefragt, ob er den Kahn dafür haben kann, und da hab ich natürlich ja gesagt.
Zurück gekommen sind sie in der Früh mit Freunden im Auto, und als der Georg
den Kahn am nächsten Tag holen wollte, war er weg.«
Erst jetzt machte Liebermann die Augen wieder auf und sah mich an.
Ich spürte, wie mein Herzschlag sich beschleunigte.
»Und das wollt ich der Polizei nicht unbedingt unter
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