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Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Titel: Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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nicht mehr damit. Ich hatte auch mal ein eigenes, ein sehr schönes, silbernes Schwinn-Rad – sehr cool und sehr teuer. Ich hatte überhaupt mal eine ganze Menge sehr teures Zeug, das Mom mir bei ihren durchgeknallten Shopping-Orgien gekauft hat. Sie reizte ihre Kreditkarte dann immer bis ans Limit aus, bis sie völlig pleite war und Dad so viel wie möglich zurückgab und den Rest verkaufte, damit wir nicht total in Schulden versanken. Als ich noch kleiner war, dachte ich immer, dass mein Vater böse auf mich war, weil er mir die schönen Sachen wieder wegnahm, die meine Mutter mir geschenkt hatte. Erst Jahre später kapierte ich endlich, was los war.
    Die Bewegung tat gut, aber ich hatte völlig vergessen, dass ja Labor-Day-Parade in Galloway war. Ich trat wie verrückt in die Pedale, traf allerdings ständig auf Straßensperren und Polizeiposten. Ich musste mehrere Umwege ausprobieren, und als ich schließlich da war, wo ich hinwollte, fühlte ich mich zittrig und unsicher und hatte ziemliche Panik wegen der ganzen Sache. Als ich die Polizeistation sah, kam mir mein Plan gar nicht mehr so genial vor.
    Runde um Runde drehte ich auf dem Parkplatz davor. Von der Sonne und dem bloßen Gedanken an die Tragweite meiner Pläne war ich völlig durchgeschwitzt. Ich wollte so lange herumkurven, bis sich meine Nerven an meine Idee gewöhnt hatten. Allerdings guckten die Leute bei Dairy Queen nebenan schon ganz komisch zu mir rüber. Außerdem verging die Zeit und meine Eltern würden demnächst auftauchen. Wenn ich etwas tun wollte, dann musste es sofort sein. Und selbst da hätte ich mich am liebsten verdrückt. Aber ich sagte mir: »Mann, nie kriegst du was zu Ende. Diesmal fährst du hier nicht weg, ehe du es nicht zumindest versucht hast.«
    Ich schloss mein Fahrrad an und ging hinein. Ich musste ja nur den Feuermelder finden, ihn auslösen und mich dann verstecken und abwarten, bis das Gebäude geräumt war. Danach sollte es kein Problem sein, Casey aus ihrer Zelle zu holen.
    Ich kam mir schon wie ein Glückspilz vor, weil es im Eingangsbereich tatsächlich einen Feuermelder gab, gleich neben dem Regal mit den Infobroschüren zum Thema Misshandlung von Senioren.
    Ich hatte gerade die Hand gehoben, um den Alarm zu betätigen, als mir auffiel, dass das ja ein ganz anderer war als die Dinger in der Schule. Ich hatte keine Ahnung, wie man den bedienen musste, und ging näher ran, um die winzig klein gedruckten Anweisungen zu lesen. Als ich fast raushatte, wie er funktionierte, ging die Tür auf.
    Â»Einfach fest zufassen und ziehen.« Detective Bowen stand in der offenen Tür. »Brennt’s irgendwo?«
    Â»Ich wollte nur …« Ich griff mir eine der Broschüren mit dem Gesicht einer traurigen alten Frau vorn drauf.
    Â»Schulprojekt?«, fragte Detective Bowen.
    Ich nickte.
    Â»Na, dann viel Erfolg dabei.«
    Sie ging in die Polizeistation hinein. Ich drehte mich um und trat hinaus, zurück ins Sonnenlicht. Es dauerte eine geschlagene Minute, bis mir aufging, dass die Schule ja noch gar nicht wieder angefangen hatte und ich demzufolge auch nichts für ein Schulprojekt zu tun haben konnte. Detective Bowen hatte sich über mich lustig gemacht.
    Ich war drauf und dran, mich auf der Stelle aus dem Staub zu machen und keine einzige ihrer Fragen mehr zu beantworten. Das hätte ich sicher auch gemacht, wenn nicht in dem Moment meine Eltern und der Anwalt auf dem Parkplatz vorgefahren wären. Ich hielt Mom die Tür auf.
    Â»Du hättest dir wirklich ein anderes T-Shirt anziehen können«, bemerkte sie, als sie an mir vorbeiging.
    Der Anwalt sagte nichts. Dad übernahm die Tür und schob mich durch, bevor er folgte. Er sagte zwar ebenfalls nichts, legte mir aber ganz kurz die Hand auf die Schulter. Das war nicht viel, aber immerhin.
    22. August
    1. Tag, abends
    Casey und ich sprechen unser Problem in der Betreuerrunde an. Das ist ein kurzes Treffen jeden Abend, wenn die Teilnehmer im Bett sind, wo eventuelle Probleme geklärt und die nächsten Tage geplant werden.
    Die Betreuer, die schon den ganzen Sommer im Camp verbracht haben, sind zu müde, um sich groß über Stephanie aufzuregen.
    Â»Tausche euer Verschwindekind gegen meinen Bettnässer«, sagt eine von ihnen.
    Â»Vielleicht könnten die Gören sich ja alle mal ein Weilchen verkrümeln?«
    Und die Betreuer, die noch ausgeruht sind,

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