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Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Titel: Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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weil sie erst später im Lager angefangen haben, sind ziemlich überheblich – noch sind ihre Gruppen lammfromm.
    Â»Ermuntert sie, sich einzubringen«, rät Mrs Keefer. »Das Camp soll ja Spaß machen. Bringt das Mädchen auf andere Gedanken. Versucht, ihr eine Aufgabe zu geben. Und ich werd sie mir auch mal vorknöpfen.«
    Â»Können wir nicht einfach ihre Mutter anrufen?«, frage ich. »Nicht dass Mrs Glass uns noch die Schuld gibt, wenn sich ihr kostbares Töchterlein im Wald verläuft.«
    Mrs Keefer seufzt erst und dann nickt sie. Als die Runde zu Ende ist, gehen Casey und ich mit in ihr Büro, ein kleines Zimmer gleich neben dem Speisesaal. Sie sucht Stephanies Anmeldeformular heraus, wählt die Telefonnummer und hört sich die Ansage auf dem Anrufbeantworter an. Dann legt sie auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.
    Â»Mrs Glass ist die ganze Woche zu Besuch bei ihrem Bruder oben in Saskatchewan«, sagt sie. »Nicht nötig, sie dort aufzuscheuchen. Sie hat für den Notfall eine Nummer hinterlassen – von Stephanies Tante –, aber das ist ja wohl kaum ein Notfall. Stephanie ist hier bei uns, und es ist unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass sie sich nicht im Wald verläuft.«
    Beim letzten Satz schaut sie mir über ihre Brille hinweg direkt in die Augen. Aber es ist Caseys Ohr, das sie erreicht. Ich für meinen Teil wäre froh, wenn das nervige Gör verduftet und nicht wiederkommt. Da hätten wir erheblich weniger Arbeit.
    Â»Wir werden uns einfach mehr um sie kümmern«, sagt Casey auf dem Rückweg zu unserer Hütte.
    Â»Reine Zeitverschwendung«, erwidere ich.
    Aber sie hört mir nicht zu. Unaufhörlich redet sie weiter darüber, wie wir Stephanie in die Gruppe einbeziehen und für das Camp begeistern können. Sie hat offenbar keinen Zweifel, dass ihr Plan, sich mehr mit dem Mädchen zu beschäftigen, funktionieren wird.
    Casey macht halt immer genau das, was sie will.
    Vielleicht ist es in größeren Städten ja anders, aber die Polizeiwache in unserer Kleinstadt sah überhaupt nicht so aus wie die im Fernsehen immer. Mr Grey nannte der Frau in der Anmeldung unsere Namen und dann setzten wir uns alle auf die orangefarbenen Plastikstühle und warteten. Ich fing an, in einem alten Reader’s Digest herumzublättern, das jemand auf dem leeren Stuhl neben mir hatte liegen lassen, aber Mom zischte mich an, dass ich das Heft sofort hinlegen solle, und ich hatte keine Lust, mich mit ihr zu streiten.
    Die Anmeldedame musste dem Anwalt irgendein Zeichen gegeben haben, denn plötzlich standen alle auf und wir gingen durch den Korridor in ein kleines Zimmer. Dort nahmen wir an einem Tisch Platz. Als ich aufschaute, sah ich mein Spiegelbild in der Einwegscheibe an einer Wand des Raums.
    Detective Bowen kam rein, schüttelte Mr Grey die Hand und kam sofort zur Sache.
    Â»Du und Casey, ihr kennt das Gelände vom Ten-Willows-Camp ziemlich gut, oder? Ihr seid oft dort, auch wenn gerade kein Camp stattfindet. Richtig?«
    Â»Das machen wir schon seit Jahren so«, sagte ich. »Wir haben die Erlaubnis dazu.«
    Â»Das ist mir bekannt. Die Campleitung vertraut euch voll und ganz und hält große Stücke auf euch. Was macht ihr eigentlich, wenn ihr nur zu zweit dort seid?«
    Es waren die besten Zeiten meines Lebens, wenn Casey und ich alleine im Camp waren, aber das Privatleben von Libelle und Gottesanbeterin ging Detective Bowen nun wirklich nichts an.
    Â»Wir sind immer wandern gegangen und haben Picknick gemacht und so. Casey hat nach Insekten gesucht und ich hab trainiert. Ich bin in der Geländelauf-Mannschaft meiner Schule.«
    Â»Ihr kennt also beide die Wanderwege?«
    Â»Aus dem Effeff. Irgendwann diesen Herbst wollten wir sogar einen davon mal mit verbundenen Augen probieren. Also, jedenfalls hatten wir das vor.«
    Â»Wer hatte die Idee dazu?«
    Â»Casey. Die Idee ist ihr gekommen, als wir auf dem Weg zu der Freiluftübernachtung Rast gemacht haben.«
    Â»Das war die Rast, die ihr eingelegt habt, weil Stephanie wieder mal verschwunden war?«
    Ich nickte. »Genau. Wir haben die Kinder über den Bach geführt, über einen alten Baumstamm, der als Brücke dient. Nicht besonders hoch, aber kleine Kinder fürchten sich am Anfang manchmal ein bisschen davor. Als wir alle auf der anderen Seite hatten, haben wir durchgezählt, und Stephanie fehlte schon

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