Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
mit der linken fiel der Zugriff etwas schwerer.
Jason griff mit der rechten Hand zu der Stelle, wo sich gewöhnlich sein Schwert befand und stellte fest, daß Halfter und Waffe ihn nicht behinderten.
»Niemand wird Verdacht schöpfen - solange du unseren kleinen Freund nicht herzeigst. Eine Menge
Leute tragen einen Dolch unter der Achsel und auch die von den Sklavenhändlern entwickelten Pistolen tauchen immer häufiger auf.«
Er tippte mit seinem wurstförmigen Zeigefinger auf die Waffe. »Zur Zeit existieren lediglich sechs von diesen Wunderdingern und zweitausend Schuß Munition dafür. In einem Jahr wird Ranella eine Waffenschmiede in Holtun-Bieme einrichten, während wir die Munition hier fertigen, wo ich ein Auge darauf haben kann. In zehn Jahren wird jeder Soldat der kaiserlichen Truppen nicht nur mit Gewehren ausgerüstet sein, die schneller und weiter schießen als dieser Revolver, sondern es wird außerdem eine begrenzte Anzahl von Waffen zur Verfügung stehen, die mehr als zweihundert Schuß pro Minute verfeuern können. Darauf gebe ich dir mein Wort als Ingenieur.« Er lächelte. »Na, wie groß ist jetzt deine Angst vor einem Rudel Elfen mit einschüssigen Schwarzpulverflinten?«
Jason war immer noch nicht überzeugt - verflixt, Schießpulver war ihre ureigenste Erfindung, selbst wenn er das Geheimnis der Herstellung bis jetzt ebensowenig kannte wie die Elfen -, doch der Ingenieur ließ sich nicht beirren.
»Ich vermute, du wirst deinen Kopf durchsetzen«, seufzte er.
Riccetti genehmigte sich noch einen herzhaften Schluck. »Du vermutest richtig, Jason Cullinane. Wie dein Vater zu sagen pflegte: Alle Menschen sind gleich; Lou Riccetti hat sie dazu gemacht.«
»Das verstehe ich nicht.«
Riccetti reichte ihm die Flasche. »Wirst du noch, Jason. Wirst du noch.«
Jason nippte, dann zuckte er die Schultern. »Ich werde dir wohl glauben müssen.«
»Noch zweierlei. Wenn er noch lebt, wirst du ihn finden und ihm meinen Dank ausrichten.« Riccetti wog die Flasche in der Hand, als wolle er noch einen Schluck nehmen, und stellte sie wieder hin. »Ich kann mich nicht erinnern, daß ich je dazu gekommen bin, mich bei dem alten Halunken zu bedanken!« meinte er kopfschüttelnd. »Verdammt.«
»Wozu auch? Er wußte Bescheid.« Oder weiß Bescheid. »Und was noch?«
»Ich bin kein Mann des Krieges«, erklärte Riccetti schwerfällig, betont. »Ich bin sehr gut in meinem Metier, ich liebe mein Metier, auf meine Art kann ich deinem alten Herrn jederzeit das Wasser reichen.
Bis jetzt habe ich mir nie gewünscht, ein Kämpfer zu sein. Doch ich bin es nun einmal nicht, also mußt du es für mich tun.« Riccetti nahm den Revolver, legte ihn Jason in die Hand und schloß ihm die Finger um den Kolben. »Es ist eine Sache mit verflucht vielen Wenns, aber wenn dein Vater tot ist und wenn Slowotski und der Zwerg es nicht geschafft haben, den zu erledigen, der seinen Tod auf dem Gewissen hat, und wenn du die Gelegenheit hast - keine unvernünftigen Heldentaten; ein toter Cullinane reicht -, dann nimmst du diesen Revolver«, der Griff seiner Hand wurde schmerzhaft fest, »stellst dich dem Bastard Auge in Auge gegenüber, drückst ihm die Mündung in den Bauch, sagst ›Schöne Grüße von Lou Riccetti, du Hund‹, und dann drückst du ab, bis du es nur noch klicken hörst. Puste ihm die Eingeweide zum Rücken hinaus - für mich.«
Riccettis Augen waren feucht; er wandte sich ab.
Dritter Teil
Die Suche
Kapitel vierzehn
Die Mutprobe
Der Hochgeborene trage sein Schicksal,
wie es seiner hohen Geburt geziemt.
Euripides
Wenn das Schwarze Kamel kommt, um mich zu holen, werde ich nicht brüllen und um mich schlagen - allerdings werde ich versuchen, mich aus der Sache herauszureden: Nein, nein, du meinst den anderen Walter Slowotski.
Walter Slowotski
Am Ende des Ganges befand sich eine weitere dieser merkwürdig gewundenen Passagen, und sie zeigte sich sogar noch schwieriger als die vorherige. In einer scharfen Linksbiegung senkte sich die Decke steil herab, und der verbleibende Durchschlupf war selbst für einen Zwerg knapp bemessen. Um wieviel größer waren die Schwierigkeiten für einen Menschen: Durine mußte seine Waffen Tennetty und Jason überlassen und sich halb geduckt, halb kriechend durch den Engpaß zwängen.
Jason Cullinane hoffte inständig, daß der Hinweg nicht bezeichnend sein möge für den ganzen Verlauf der Audienz bei König Maherralen von Endell.
Jason reichte Durines Schwertgurt nach
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