Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05
schwamm zu dem grellen blauen Licht eines Glühstahls an der Decke über ihm.
Durine preßte Tennetty gegen die Wand. Das Zimmer war klein und überfüllt; die anderen beiden Personen waren zurückgewichen, um Durine Platz zu machen. Durine hielt ihre beiden Handgelenke umklammert und ...
»Aufhören«, rief Jason. Er brachte nur ein rauhes Flüstern heraus, doch er wurde gehört. »Laß sie los.«
Durine stieß die hagere Frau von sich.
»Das war das zweite Mal, Furzhirn.« Tennetty musterte ihn eisig. »Ich wollte ihn nur mit der Messerspitze kitzeln. Hat eine tolle Wirkung auf Langschläfer.«
Kopfschüttelnd bückte Durine sich nach dem Dolch, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen.
Jasons erster Griff galt seinen Waffen. Er tastete über die Matratze, wo einer der Revolver lag, in sein Hemd gewickelt. Erleichtert ließ er die Finger über das kühle Metall gleiten.
Jason lag mit nacktem Oberkörper auf einer Art Pritsche. Er versuchte, sich auf einen Ellenbogen zu stützen, und stellte überrascht fest, daß es ihm gelang.
Die alles andere als majestätische Gestalt Neter-rens ragte vor ihm auf. »Fühlst du dich besser, junger Kaiser?«
Er fühlte sich tatsächlich besser. Er griff mit der Hand nach der Stelle, wo er sich bei seinem Sturz auf den Felsboden einen großen Teil der Haut vom Rücken gescheuert hatte, und konnte keine Verletzung ertasten. Die Haut am Rücken war überempfindlich, wie unter eben erst abgefallenem Schorf, doch Schmerzen spürte er nicht.
»Du bist ein Heiler?« fragte er, während Neterren nach seinem Puls fühlte.
»Ein scharfer Blick für das Offensichtliche liegt bei den Cullinanes in der Familie«, meinte Jane Slowotski und trat in sein Blickfeld. Eine merkwürdige Anmut haftete ihren Bewegungen an, die an einen angriffsbereiten Kämpfer gemahnte.
Diese Art, sich zu bewegen, hatte er nur wenige Male gesehen: unter anderem bei den Artisten einer Schaustellertruppe, die vor Jahren durch Biemestren gezogen war. Die Haltung der Männer wie der Frauen verriet eine perfekte Körperbeherrschung.
Es war dieselbe Art von Geschmeidigkeit, die auch Walter Slowotski besaß. Geschmeidigkeit schien bei ihnen in der Familie zu liegen, wie es schien.
Sie trug Hosen und ein schlichtes braunes Hemd, beinahe schon ein Überkleid, das in der Taille von einem Gürtel gerafft wurde und eine schlanke, aber unzweifelhaft weibliche Figur erkennen ließ. Das hellbraune, kurzgeschnittene Haar umrahmte ein Gesicht mit hohen Wangenknochen, kaum merklich schrägstehenden Augen und schmalen Lippen, die zu einem halb freundlichen, halb spöttischen Lächeln verzogen waren. Er wußte, sie war sechzehn, also ein ganzes Jahr jünger als er, doch ihr abschätzender Blick vermittelte ihm das Gefühl, von jemanden gemustert zu werden, der ihm mindestens fünf Jahre voraus war.
»Wenn du mich lange genug angestarrt hast, können wir vielleicht unsere Bekanntschaft erneuern«, meinte sie. »Ich habe keine Ahnung, wie gut du dich meiner erinnerst, aber vor zehn Jahren haben wir als Kinder zusammen gespielt. Ich bin Jane Slowotski.«
Er suchte nach einer besonders schlauen Bemerkung. »Du bist gewachsen.« Das war eher schwach.
Sie lachte wieder, und er wußte nicht genau, ob mit ihm oder über ihn.
Neterren nahm die Finger von Jasons Puls. »Morgen früh wirst du dich besser fühlen; allerdings wäre es gut, wenn du dich den Rest des Tages ausruhst.« Er wandte sich an die Menschen. »Er braucht unbedingt noch etwas Schlaf.«
Jane schüttelte den Kopf. »Ich werde mich kurz fassen.«
»Ich bitte darum.« Neterren lächelte.
»Ich habe einiges mit unserem Nachwuchshelden hier zu besprechen.« Sie faltete sich aus einer der Decken ein Kissen, legte es vor dem Bett auf den Boden und ließ sich im Schneidersitz darauf nieder.
Neterren zwinkerte. »Nach diesen Vorbereitungen bin ich nun völlig sicher, daß du ihn nicht ermüden wirst.«
Tennetty zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Wir sind hier überflüssig.« Sie schaute Durine an. »Ich werde ein Auge auf ihn haben, während du nach draußen gehst und den anderen Bescheid sagst.«
Durine ging kopfschüttelnd vor die Tür. »Ich warte im Gang, junger Herr, falls Ihr etwas brauchen solltet. Tennetty wird Ellegon und die anderen unterrichten.« Die schwere Eichentür fiel hinter ihm ins Schloß.
»Wie habe ich abgeschnitten?« wollte Jason wissen.
Neterren runzelte für einen Moment die Brauen. »Oh. Der dritte Wurf. Belleren hob dich hoch und
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