Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05

Titel: Rosenberg, Joel - Hüter der Flamme 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Vermächtnis des Kriegers
Vom Netzwerk:
erraten.
    Genaugenommen kam es auch nur darauf an, daß es sich bei den Gebäuden nicht um Kasernenbaracken handelte.
    Ließ der Regen allmählich nach, oder bildete er sich das ein? Wie als Antwort auf seine Frage schüttete es doppelt so heftig vom Himmel, und der böige Wind peitschte ihm die eisigen Tropfen ins Gesicht.
    Er ging weiter.
    Der Silberne Pilz war im Hinblick auf die Bequemlichkeit der Gäste gebaut worden, an Sicherheitsvorkehrungen hatte man weniger gedacht. Jede der verschiedenen Zimmerfluchten schien über einen eigenen Balkon zu verfügen, der sich jeweils noch dichter über dem Boden befand, als die Balkone im Goldenen Ochsen. An leiterähnlichen Spalieren rankte Efeu die Mauern empor.
    Über seinem Kopf fiel durch einen Spalt in den Vorhängen ein dünner Lichtstrahl aus einem der Fenster; Gelächter und das Klappern von Würfeln verrieten, was in dem Zimmer vor sich ging. Jason wartete unter dem Balkon, bis er mindestens vier Stimmen unterscheiden konnte, doch er war nicht ganz sicher, und es konnten sich ebensogut mehr als sechs Leute dort oben aufhalten. Er huschte zum nächsten Balkon; das Zimmer darüber war dunkel.
    Einen Moment dachte er daran, an dem Spalier hinaufzuklettern, aber das war zu verlockend und zu einfach. Vielleicht hatte er es hier schon mit einer der für Karl Cullinane bestimmten Fallen zu tun, und hinter den tropfenden Blättern war die Schnur zu einer Alarmvorrichtung verborgen.
    Doch um das herauszufinden, hatte er schließlich seinen Platz vor dem heimeligen Kaminfeuer im Goldenen Ochsen verlassen. Er bückte sich und betastete die Sprosse in Höhe seiner Knie. Vorsichtig schob er die Finger in die Öffnung und fühlte an den Stäben entlang nach irgend etwas Verdächtigem. Nichts. Nach und nach verstärkte er den Druck seiner Hand, bis er sich schließlich mit dem vollen Gewicht auf das Lattengefüge stemmte.
    Die Sprosse hielt stand, ohne nachzugeben. Keine große Überraschung, die Salker waren dafür bekannt, daß sie für die Ewigkeit bauten. Trotzdem, das Holz war alt und splitterig. Er überlegte, ob er seine Kletterhandschuhe anziehen sollte, doch war er hier auf seinen Tastsinn angewiesen und ein Splitter im Finger würde ihn nicht umbringen.
    Behutsam rüttelte er an einer Sprosse, dann an der nächsthöheren, schließlich begann er zu klettern. Wieder ermahnte er sich: Geduld war das wichtigste Rüstzeug des Jägers. Es kam darauf an, die Zeit zu beherrschen, nicht, sich von ihr beherrschen zu lassen.
    Hast war gefährlich.
    Bis zu dem Balkon waren es fünfzehn Sprossen; jeder vertraute er nur zögernd sein Gewicht an, bis er schließlich die neunte erreichte. Er streckte die Hand nach dem Geländer aus, um sich das letzte Stück hinaufzuziehen - und hielt mitten in der Bewegung inne. Beinahe wäre er kurz vor dem Ziel leichtsinnig geworden.
    Er griff nach der obersten Sprosse des Efeuspaliers und zog sich langsam daran hoch, aber sie gab unmerklich nach. Langsam, langsam zog er die Hand zurück, dann tastete er sorgfältig die Stäbe entlang. Es half, wenn man sich einredete, hinter den Latten könnten überall Rasiermesser verborgen sein. Vielleicht stimmte es sogar.
    Er fand keine Rasiermesser, aber seine Finger ertasteten ein Scharnier an einer der Sprossen und eine straff gespannte Schnur an der anderen Seite. Wahrhaftig eine Alarmvorrichtung.
    Er schob die Ranken so weit zur Seite, daß er in dem Lichtschein aus dem Fenster nebenan zu erkennen vermochte, daß der Boden des Balkons leer war. Nicht einmal Wasser stand darauf - eine kaum merkliche Wölbung der Bodenplatte bewirkte, daß die Nässe zu den Seiten ablief und in den Efeuranken versickerte.
    Auch das Marmorgeländer schien einwandfrei zu sein; es eignete sich auch nicht besonders für die versteckte Anbringung von Hebeln, Drähten oder Ähnlichem. Kurzentschlossen schwang er sich über die Brüstung.
    Die in Quadrate unterteilten Glastüren zum Balkon waren verschlossen und vermutlich stabiler als sie aussahen; vielleicht handelte es sich um eine ähnliche Konstruktion wie bei den verglasten Verandatüren von Burg Biemestren: Was aussah wie hölzerne Verstrebungen, waren in Wirklichkeit Eisenstäbe mit einer Verkleidung aus dünnem Holzfurnier.
    Er zog den Dolch und bohrte die Spitze in eine der Verstrebungen. Nach vielleicht einem halben Zentimeter stieß sie auf Metall. Genau wie zu Hause. So ohne weiteres konnte man nicht in das Gebäude eindringen, wenigstens nicht über diesen

Weitere Kostenlose Bücher