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Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Black
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zur Grenze führt. Auf der menschlichen Seite der Grenze gibt es nur eine verstärkte Betonmauer – für die Menschen ist es also eine Sackgasse. Aber in Faerie gibt es keine Absperrung, also sollten wir einfach weitergehen können. Natürlich sind Polizisten des Grenzschutzes in dem Korridor aufgestellt, doch du weißt es selbstverständlich besser und wirst dich davor hüten, eine Szene zu machen.«
    Ja, davor würde ich mich hüten. Selbst wenn Tante Grace meine Mom nicht als Geisel in ihrer Gewalt gehabt hätte, so hätte ich mich auf den Grenzschutz als Hilfe nicht verlassen können. Immerhin war Tante Grace die Chefin. Nein, anscheinend gab es keine Möglichkeit, um sie davon abzuhalten, mich nach Faerie zu verschleppen. Ich hoffte – wenn auch sonst schon alle Hoffnungen zerstört waren –, dass es dort wenigstens wärmer sein würde als hier, denn meine Klamotten waren inzwischen vollkommen durchnässt, und obwohl ich meine Arme um mich geschlungen hatte, um mich zu wärmen, klapperten meine Zähne von Minute zu Minute mehr.
    Der Parkplatz, den ich gesehen hatte, als ich zum ersten Mal zum Pförtnerhäuschen gekommen war, war heute Abend fast leer. Drei Autos waren eng beieinander in der Nähe des ultrasicheren offiziellen Zugangs geparkt. Und ein weiteres Fahrzeug, ein unauffälliger Geländewagen, stand unter einer ausgebrannten Lampe, unweit des Tores nach Faerie.
    Als Grace und ich auf den Parkplatz traten, schien sie das Auto zum ersten Mal zu bemerken und verlangsamte ihren Schritt. Mit der freien Hand packte sie meinen Arm, zog mich an sich, und wie immer, wenn Magie im Spiel war, fing meine Haut an zu kribbeln.
    Zuerst wusste ich nicht, was sie beunruhigt hatte, aber Augenblicke später trat ein Mann aus den Schatten.
    Er war groß und sehr dünn, wirkte beinahe zerbrechlich. Er sah aus, als wäre er gerade aus dem Bett aufgeschreckt. Sein langes blondes Haar hatte er zu einem zerzausten Pferdeschwanz gebunden, und seine Kleider sahen zerknautscht und irgendwie zusammengewürfelt aus. Sogar im schummrigen Licht auf dem Parkplatz konnte ich erkennen, dass sein Hemd dunkelblau und seine Hose schwarz waren, so als hätte er sie sich im Dunkeln geschnappt und hastig angezogen.
    Ich dachte, er wäre ein Unbekannter, bis er in einen Lichtkegel trat und ich einen Blick auf seine Augen erhaschen konnte. Natürlich waren es Feenaugen, doch in einem außergewöhnlichen Blaugrün. Genau wie bei Ethan und Kimber. Grace bestätigte meine Vermutung, indem sie ihn ansprach, während sie einige Schritte zurückwich und mich mit sich zerrte.
    »Alistair, was für eine reizende Überraschung«, sagte sie.
    Er rieb sich das Gesicht und wirkte erschöpft. Ich war fast erstaunt, dass Grace ihn nicht einfach überrannte. Er kam mir nicht gerade wie eine unüberwindbare Bedrohung vor. Aber selbstverständlich wusste ich, dass der Schein trügen konnte – gerade hier.
    »›Reizend‹ ist nicht der Ausdruck, der mir als Erstes einfallen würde«, sagte er und klang so müde, wie er aussah. Er machte einen Schritt auf uns zu, und Grace wich weiter zurück. Vielleicht schaffte Alistair es ja, uns den ganzen Weg über die Brücke zu jagen und zurück in die, äh, Sicherheit Avalons.
    »Mach jetzt keine Schwierigkeiten«, sagte Grace.
    Alistair schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, ich kann nicht zulassen, dass du das Mädchen nach Faerie bringst.«
    »Und warum nicht?«, erwiderte sie und klang ehrlich verblüfft.
    Alistair lachte auf. »Es ist zu spät in der Nacht für solche Spielchen. Falls du versuchen solltest, an mir vorbeizukommen,
werde
ich dich aufhalten.«
    Tante Grace sah … verärgert aus. Ihre Hand umklammerte meinen Arm fester, bis ich vor Schmerz aufkeuchte. Sie lockerte den Griff jedoch nicht.
    »Möglicherweise möchtest du Alistair ja gern überreden, zur Seite zu treten, meine Liebe«, schlug sie mir vor und hielt das Handy hoch.
    Vor Entsetzen war mein Hals wie zugeschnürt, und ich blickte Alistair eindringlich an.
    »Bitte«, flehte ich in meinem höflichsten Ton. »Sie hat meine Mutter. Sie befiehlt ihrem Freund, Mom umzubringen, wenn Sie versuchen, uns aufzuhalten.« Ich konnte kaum glauben, dass ich mich in einer Lage befand, in der ich jemanden darum anbettelte, Grace nicht daran zu hindern, mich nach Faerie zu entführen. Aber ich hatte keinen Zweifel, dass sie bösartig genug war, meine Mutter umbringen zu lassen, falls ihr großartiger Plan zu scheitern drohte.
    Alistairs Blick huschte

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