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Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Black
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lächelte er und wirkte irgendwie stolz.
    »Hast du die gemacht?«, fragte ich.
    Er nickte und wies mit dem Daumen Richtung Decke. »Das ist meine Bäckerei da oben.«
    »Die sind echt lecker«, entgegnete ich, auch wenn ich mir sicher war, dass er das schon gemerkt hatte.
    Für eine kurze Weile lenkte mich das Essen ab, und ich fühlte mich besser. Aber meine Laune sank schlagartig, als Lachlan das Tablett hochnahm, um zu verschwinden. Bald würde ich wieder allein in meiner Zelle hocken.
    Lachlan warf mir ein mitfühlendes Lächeln zu. »Deine Tante Grace meint es nur gut«, erklärte er. »Ich weiß, dass sie sich nicht gerade diplomatisch verhalten hat …«
    Ich konnte mir ein bitteres Lachen nicht verkneifen. Ja, so konnte man es auch ausdrücken. Lachlan wirkte durch mein Lachen verletzt. Vermutlich mochte er Tante Grace wirklich, denn er tat sein Bestes, um sie zu verteidigen.
    »Sie hat in letzter Zeit sehr unter Stress gestanden«, fuhr er fort. »Und deine Ankunft hat …« Er runzelte die Stirn und beendete seinen Satz nicht.
    »Meine Ankunft hat was?«
    »Sagen wir einfach, dass du eine weitere Komplikation in einem ohnehin schon komplizierten Leben bedeutest.«
    »Warum?«, fragte ich und warf frustriert die Hände in die Luft. »Ich bin nur hierhergekommen, um meinen Vater zu besuchen! Wieso scheint das für alle so ein Riesenproblem zu sein?« Okay, ich hatte mir eigentlich vorgestellt, dass ich herkommen würde, um bei meinem Vater zu
leben,
doch nach weniger als einem Tag an diesem Ort hatte ich die Idee schon fast wieder verworfen.
    Lachlan starrte auf seine Füße, und um seinen Mund erkannte ich einen missmutigen Zug. »Es steht mir nicht zu, dir das zu erklären.«
    Aber ich hatte das Gefühl, dass er es gern wollte. »Bitte, Lachlan«, sagte ich und versuchte, möglichst verzweifelt und jämmerlich zu klingen. Gut, das fiel mir alles andere als schwer; ich bemühte mich einfach nur nicht, es zu
verbergen.
»Bitte sag mir, was los ist.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, er würde nachgeben. Doch dann presste er die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Das steht mir nicht zu.«
    Bitte mach, dass mein Vater mich morgen abholt, betete ich stumm.
    »Du solltest etwas schlafen«, sagte Lachlan, erhob sich und nahm das Tablett in die Hand.
    Wie aufs Stichwort musste ich fürchterlich gähnen.
    Er lächelte mich an. »Ich bin direkt auf der anderen Seite der Tür«, versicherte er. »Falls du irgendetwas brauchst, schrei einfach.«
    Ich schluckte das nächste Gähnen hinunter, als Lachlan ging und die Tür hinter sich verschloss.

[home]
    5 . Kapitel
    V ielleicht war ich einfach nur bockig, aber gerade weil Lachlan vorgeschlagen hatte, ich solle ein bisschen schlafen, wollte ich unbedingt wach bleiben. Nicht gerade leicht, wenn man gegen den Jetlag, einen vollen Bauch und ein behagliches Feuer ankämpfte. Wenn ich mich nicht beschäftigte, würde ich gegen den Schlaf mit Sicherheit schon bald den Kürzeren ziehen, also holte ich meinen Laptop aus dem Rucksack. Ich dachte, ich könnte vielleicht eine kurze E-Mail an Mom schicken und ihr mitteilen, in was für einem Schlamassel ich steckte. Vielleicht war sie nüchtern genug, um mich zu retten. Doch – Überraschung, Überraschung – meine Gefängniszelle verfügte über keine kabellose Netzwerkverbindung. Ich hatte ein paar unanständige Bücher, die ich aus dem Internet heruntergeladen hatte – da ich in der Familie diejenige bin, die die Rechnungen bezahlt, merkt meine Mom das gar nicht. Aber anstößige Bücher zu lesen, während ich in einer Zelle eingesperrt war, kam mir irgendwie … falsch vor.
    Zum ersten Mal, seit ich abgehauen war, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Konnte Mom sich genug zusammenreißen, um ohne mich die fälligen Rechnungen zu bezahlen? Ich stellte mir vor, wie sie allein und besoffen in unserem Haus hockte, ohne Wasser, ohne Strom. Dann musste ich den Kopf über mich selbst schütteln. Zwar hatte sie sich im Laufe der Jahre mehr und mehr auf mich verlassen, doch ob sie sich nun so verhielt oder nicht: Sie war eine Erwachsene, und sie konnte sich verdammt noch mal selbst um sich kümmern!
    Gegen sieben kam Lachlan wieder mit einem Tablett in meine Zelle. Das Sättigungsgefühl durch die Scones hatte vor mindestens einer Stunde nachgelassen. Dieses Mal brachte er mir ein riesiges Panino-Sandwich, aus dem geschmolzener Käse und Mayonnaise quollen, und einen kleinen Gartensalat.

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