Rosendorn
Welt der Sterblichen nicht möglich ist. Wenn du Avalon verlässt, könnte das der Königin des Sommerhofes reichen – du bist schließlich technisch gesehen ein Mitglied des Sommerhofes. Ich bezweifle allerdings, dass Mab dich gehen lassen würde. Immerhin wäre es möglich, dass du eines Tages zurückkehrst. Sie würde dir Agenten in die Welt der Sterblichen hinterherschicken, und die würden dich bis ans Ende deiner Tage verfolgen. Glaube nicht, dass dich diese Agenten, nur weil sie menschlich sind, nicht finden und umbringen können. Oder deine Mutter. Oder jeden anderen, der dir lieb und teuer ist.«
Ich wünschte, ich hätte etwas gegen seine Logik einwenden können. Doch selbst wenn ich nur die
Hälfte
seiner Worte glaubte, saß ich ganz schön in der Patsche. Leider war ich immer noch nicht vollkommen davon überzeugt, dass ich in Avalon sicherer war.
»Ich glaube, es ist an der Zeit, dass ich mich mit Alistair und Grace treffe«, sagte Dad.
Ich hatte an diesem Tag schon zu viele unangenehme Überraschungen erlebt, so dass mich auch diese Ankündigung nicht mehr umhauen konnte. »Ich dachte, sie wären deine Feinde.«
Er hob eine Schulter zu einem halben Achselzucken. »Sie sind insofern meine ›Feinde‹, als dass sie dich für das Erreichen ihrer Ziele benutzen wollen. Aber die beiden sind auch überaus mächtig. Ich glaube nicht, dass einer von ihnen kaltherzig genug ist, um deinen Tod zu wollen. Doch selbst wenn sie es wären, würden sie es nicht zulassen, solange sie noch die Möglichkeit sehen, deine Loyalität und Treue gewinnen zu können.«
Na, wenn
das
kein großartiges Schlusswort war.
»Glaubst du, dass einer von beiden die Königinnen herausfordern will?«, fragte ich.
Dad schüttelte den Kopf. »Alistair wurde in Avalon geboren und hat hier sein ganzes Leben verbracht. Ich kann nicht glauben, dass er politische Ziele in Faerie verfolgt. Wie er immer betont, geht es ihm darum, dass die Feen ihre Verbindungen zu den Höfen kappen und ›echte Bürger Avalons‹ werden sollen, wie er es nennt. Und Grace … hat andere Gründe, nicht in Faerie leben zu wollen.«
»Die da wären?«
Dad antwortete nicht.
»Da mein Leben auf dem Spiel steht, habe ich das Recht, es zu erfahren«, beharrte ich.
Seine Miene spiegelte Abneigung wider. »Lachlan.«
Ich wartete einen Moment, aber das schien alles zu sein, was er zu dem Thema zu sagen hatte. »Was
ist
mit Lachlan?«
Dad verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln. »Meine Schwester hat eine besondere … Bindung zu Lachlan. Eine, die nicht einmal in Avalon gestattet ist und für die sie in Faerie eine Ausgestoßene wäre.«
Mit anderen Worten: Grace und Lachlan waren ein Paar. Zumindest irgendwie. Unwillkürlich musste ich daran denken, wie Lachlan über sie gesprochen hatte. Er hatte fast ehrfürchtig geklungen. Ich bezweifelte, dass ihre Beziehung eine Verbindung zwischen gleichberechtigten Partnern war.
Dad schüttelte seine Abneigung gegen Lachlan ab. »Ich rechne damit, dass die Heiler Finns Behandlung in den nächsten paar Stunden beendet haben werden. Dann werde ich ein Treffen mit Alistair und Grace organisieren und dafür sorgen, dass du in der Zeit, in der ich weg bin, gut beschützt bist.«
Mit leicht zusammengekniffenen Augen sah ich ihn an. »Sollte ich nicht mit dir kommen? Schließlich habe ich einen ziemlich großen Anteil an der ganzen Angelegenheit.«
Dad wollte etwas erwidern, überlegte es sich jedoch anders. Er dachte noch eine Weile nach und sah mich dann mit einem ruhigen Blick an. »Ich habe dir versprochen, ehrlich zu dir zu sein, und das halte ich auch ein. Du hast natürlich den größten Anteil an all unseren Entscheidungen – aber, mein liebes Kind, du hast nichts zu sagen.«
Fassungslos starrte ich ihn an.
»Ehrlichkeit ist nicht immer schön«, erklärte er. »Du bist jung und unerfahren, und du hast keine Ahnung, welche Ausmaße deine Kräfte haben. Außerdem bin ich dein Vater und habe das Sorgerecht.«
»Meine
Mom
hat das Sorgerecht.« Und, o Mann, ich schuldete ihr eine Riesenentschuldigung, wenn – oder, schluck, falls – ich sie jemals wiedersah. Im Augenblick hätte ich sie liebend gern nach einem Saufgelage gepflegt, während wir alle Brücken hinter uns abbrachen, wieder einmal umzogen
und
ich versuchte, ihr Problem vor meinen Freunden geheim zu halten. Das alles klang wie ein Kinderspiel verglichen mit der Aussicht, dass die zwei Königinnen Faeries mich umbringen wollten.
»Glaub
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