Rosendorn
geblieben, die in das dunkle Holz eingelassen gewesen war.
Wenn ich jetzt so darüber nachdachte, sah das Messer, das am Tatort zurückgelassen worden war, für mich wie eine Art Bekennerschreiben aus. Entweder steckten die Feen des Sommerhofes hinter dem Angriff … Oder jemand wollte, dass wir das glaubten.
Ich konnte nicht verhindern, dass Finn und ich getrennt wurden, als wir das Krankenhaus erreichten. Er wurde sofort in den Schockraum geschoben, und ich blieb mit einem schrulligen Feenheiler zurück, der zu denken schien, ich hätte es mir
gewünscht,
Glasscherben in meinen Knien und Handflächen stecken zu haben.
Ich biss gerade die Zähne zusammen und bemühte mich, eine mutige kleine Kriegerin zu sein, während der Heiler mit seiner gemeinen Pinzette auf der Jagd nach Glassplittern war, als mein Dad eintraf. Ich war unbeschreiblich erleichtert, als ich ihn erblickte.
Dad hatte wohl vorgehabt, mich zu umarmen oder mir zumindest tröstlich die Schulter zu tätscheln, doch der Heiler warf ihm einen sehr ernsten »Bleiben Sie ja zurück«-Blick zu, und mein Vater machte einen Schritt nach hinten.
»Was ist passiert?«, fragte Dad.
Ich machte den Mund auf, um mit der Geschichte herauszuplatzen, überlegte es mir dann aber anders. Vielsagend blickte ich in Richtung des Heilers, der alle Glassplitter aus mir herausgeholt zu haben schien und nun einen Zauber benutzte, um die Wunden zu behandeln. Dad nickte als Zeichen, dass er verstanden hatte.
»Wird Finn durchkommen?«, fragte ich, obwohl mir bereits einige Leute versichert hatten, dass er überleben würde. Doch die Ritter hatten ihn wirklich übel zugerichtet, und er hatte sich nur meinetwegen nicht dagegen gewehrt.
»Er wird es überstehen«, erwiderte Dad. »Wir Feen sind hart im Nehmen, und unsere Ritter sind noch härter.«
»Was genau
ist
denn ein Ritter?«, stellte ich endlich die Frage, die mir schon länger unter den Nägeln brannte.
»Sie bilden die Kaste der Krieger, die Beschützer Faeries. Sie sind manchmal auch bekannt als die Daoine Sidhe. Die meisten von ihnen leben in Faerie und setzen keinen Fuß nach Avalon. Aber die, die hier wohnen, sind die besten Bodyguards der Welt.«
»Fertig«, sagte der Heiler mit einem zufriedenen Nicken. »Sie können nach Hause gehen, wenn Sie möchten.«
Ich blinzelte überrascht. Keine Formulare für die Versicherung, die ausgefüllt werden mussten? Keine Rechnung zu bezahlen? Und, was am verwirrendsten war, keine Polizei, mit der ich reden sollte?
Ich warf Dad einen fragenden Blick zu, doch er lächelte mich nur an. »Wir sollten nach Hause fahren und dir frische Kleidung besorgen, oder?«
Ich war nicht unglücklich über den Vorschlag, also ging ich trotz meiner Bedenken mit ihm. Auf dem Weg aus dem Untersuchungszimmer schnappte Dad sich von einem Regal im Eingang einen Krankenhauskittel.
»Ich werde ihn zurückbringen«, versicherte er mir, als ich ihn erstaunt ansah.
Zuerst wusste ich nicht, wofür er ihn brauchte – zum Glück wollte er nicht, dass ich ihn trug –, bis wir auf den Parkplatz kamen, der zum Krankenhaus gehörte. Dann fiel mir wieder Dads heißer roter Sportwagen ein, und mir wurde klar, dass er verhindern wollte, dass ich die Sitze ruinierte. Zwar erweckte das nicht gerade warme, wohlige Gefühle in mir, aber Dad schien nicht aufzufallen, dass etwas nicht stimmte, als er den Kittel über den Sitz breitete und mir die Tür aufhielt.
Okay, wenn ich ein solches Auto mit braunen Ledersitzen hätte, würde ich die wahrscheinlich auch nicht mit Blut ruinieren wollen, dachte ich. Doch andererseits war ich mir in einem Punkt sicher: Wenn Feenmagie meine Wunden heilen und Finns Leben retten konnte, konnte man damit sicherlich auch einen Autositz reinigen.
Dad fragte mich nicht weiter nach dem Angriff, bis wir zu Hause waren und ich geduscht und mich umgezogen hatte.
Ich setzte mich neben ihn aufs Sofa, während auf dem Couchtisch die unvermeidliche Tasse Tee abkühlte, und erzählte ihm alles über die Attacke, an das ich mich erinnern konnte. Als ich zu der Sache mit dem Messer mit der weißen Rose im Griff kam, erstarrte Dad.
Er presste die Lippen aufeinander, dann stieß er ein ärgerliches Seufzen aus. »Verdammt!«, knurrte er. Er sprang auf und begann, im Wohnzimmer hin- und herzulaufen. Es sah aus, als würde er fieberhaft nachdenken.
»Was ist denn los?«, fragte ich etwas bedrückt.
Er nahm wieder Platz, seine Haltung wirkte allerdings kein bisschen entspannter.
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