Rosengift - Die Arena-Thriller
Umgebung mit ihrer schlechten Laune runter. Matilda hatte solche Mädchen bisher immer aus tiefster Überzeugung verachtet. Nie hätte sie gedacht, dass eventuell auch aus ihr einmal solch ein Fall werden könnte. Na ja, vielleicht nicht so extrem, aber zumindest ahnte sie nun, was in diesen Mädchen vorging. Liebe ist doof, dachte sie und seufzte tief.
Christopher warf ihr einen aufmerksamen Blick zu und griff nach ihrer Hand. »Langweilig?«, fragte er mitten in ein schrilles Saxofonsolo hinein, das an Körperverletzung grenzte.
»Nein, nein. Ich finde es ganz toll«, versicherte Matilda und dachte erschrocken: Da! Schon fängt es an mit der Selbstverleugnung!
Nachdem sie den Jazzkeller verlassen hatten, führte Christopher sie in eine schicke neue Cocktailbar. »So wie du angezogen bist, können wir nicht in eine abgerockte Studentenkneipe gehen«, meinte er augenzwinkernd.
»Findest du mich overdressed?«, fragte Matilda verunsichert.
»Nein, ich finde dich wunderschön.«
Fahnengeschmückte Autos fuhren hupend durch die Straßen. Man feierte den Einzug der deutschen Mannschaft ins Achtelfinale.
Auch in der Bar war die Stimmung blendend. Matilda trank einen alkoholfreien Früchtecocktail, Christopher Cola. Sie unterhielten sich, alberten herum und lachten. Matilda fühlte sich so wohl wie schon lange nicht mehr.
Ihre Gewissensnöte, was den weiteren Verlauf des Abends anging, erwiesen sich als völlig überflüssig: Um ein Uhr brachen sie auf und Christoper fuhr sie schnurstracks nach Hause. Ehe sie sich verabschiedeten, knutschten sie allerdings noch ziemlich intensiv im Auto herum. Als Matilda mit geröteten Wangen und weichen Knien ausstieg, wünschte er ihr eine gute Nacht.
»Und viel Spaß in London«, rief er ihr hinterher.
Wieder verbrachte Matilda eine Nacht mit wenig Schlaf. Aber dieses Mal hatte die Schlaflosigkeit angenehme Gründe. Sie war verliebt!
28
Am nächsten Tag wurden die Zeugnisse ausgeteilt. Matilda war zufrieden mit ihrem Jahreszeugnis. Sie stand in den meisten Fächern auf Zwei, nur in Mathe und Chemie hatte sie eine Drei. In Musik und in Englisch war sie dafür sogar sehr gut. Helen wird sich freuen, dachte sie und merkte dabei, dass sie es kaum erwarten konnte, ihre Tante wiederzusehen.
»Das ist aber schön, da wird deine Tante aber stolz sein«, meinte auch Angela, nachdem sie Matildas Zeugnis gesehen hatte. Sie drückte Matilda einen feuchten Kuss auf die Wange und rief in den Flur: »Miguel! Mangiare!«
»Ah, Zeugnis. Lass mal sehen«, sagte Miguel, als er gähnend die Küche betrat. Er rieb sich die Augen und dehnte sich. Offenbar war er gerade erst aufgestanden.
»Streberin. Solche Zeugnisse hatte ich nie!«, bemerkte er wenig später, während Angela die duftende Lasagne aus dem Backofen holte. »Ich war immer nur gut in Mathe, Physik und Bio. In Englisch hatte ich immer ’ne Vier und in Latein auch mal ’ne Fünf.«
»Und in Sport?«, fragte Matilda.
»Drei, vier. Ich hab’s gehasst. Besonders das Geräteturnen. Das ist nichts für Kerle, echt nicht.«
»Musik?«
»Hab ich zuletzt abgewählt. Mum was not amused«, fügte er mit schiefem Grinsen hinzu.
»Kann ich mir vorstellen.« Matilda fiel es schwer zu begreifen, dass der Sohn einer Musikerin nicht das geringste Interesse für dieses Fach übrig hatte.
»Na ja, jetzt hat sie ja dich«, bemerkte Miguel.
Während Angela das Essen auf den Tisch stellte, ging Matilda zum Kühlschrank und goss sich eine Cola ein.
»Was ist denn mit deinem Bein?«, fragte Miguel.
»Wieso?«
»Mir kam es so vor, als ob du hinken würdest.«
»Ach so, das.« Matilda schob ihre Jeans nach oben. Ihr rechtes Schienbein hatte inzwischen sämtliche Regenbogenfarben angenommen und schmerzte beim Gehen und bei jeder noch so kleinen Berührung.
»Mamma mia!«, schrie Angela erschrocken. »Da muss Eis drauf!« Sie eilte zum Kühlschrank und suchte im Eisfach nach einer gekühlten Kompresse.
»Das ist jetzt zu spät, Angela, das war schon gestern«, wehrte Matilda ab.
Sie hatte Miguel eigentlich bewusst nichts von Patricks letztem bösartigen Streich erzählen wollen. Denn sie befürchtete, er würde es seiner Mutter sagen und die würde sich, so kurz vor dem Wiedersehen, noch unnötige Sorgen machen.
»Sieht heftig aus! Was hast du gemacht?«, fragte Miguel mit schmerzverzerrter Miene.
»Fußball gespielt.«
»Hm… tja, Frauen und Fußball, das passt eben nicht zusammen.« Er grinste schief, dann drehte er sich zu Angela um.
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