Rosengift - Die Arena-Thriller
»Apropos Fußball! Angela, wenn die Squadra Azzurra heute gegen Slowenien verliert, dürfen die Jungs ihre Koffer packen«, stichelte er.
Angela, noch immer im Eisfach wühlend, murmelte einen italienischen Fluch vor sich hin, während Miguel den Kopf schüttelte und zu Matilda sagte: »Ich sage es ja schon immer: Sport ist Mord.«
Ferien! Wunderbar! Und morgen ab nach London. Matilda fuhr ihren Computer hoch, um im Internet ein wenig über London zu recherchieren. Es klopfte an der Tür.
»Herein!«
Miguel steckte seinen Kopf durch den Spalt. »Entschuldige. Was ich dich noch fragen wollte…«
»Ja?«
»Was sollte eigentlich das mit den Rosen auf der Treppe?«
»Was für Rosen denn?«, fragte Matilda und runzelte die Stirn.
»Ich bin gestern kurz vor dir nach Hause gekommen und da lag auf jeder Stufe eine Rose. Ich habe sie aufgesammelt, dachte mir irgendwie schon, dass die nicht für mich bestimmt waren. Aber später ist mir dann eingefallen, dass du ja mit Chris weg warst. Gehörten die zum Romantik-Setting? Wenn ja, dann tut es mir leid. Hoffentlich hab ich’s nicht versaut.«
Matilda starrte ihren Cousin verwirrt an und fragte: »Wo sind die Rosen jetzt?«
»Im Wohnzimmer, Angela hat sie…«
Matilda stürzte an Miguel vorbei aus dem Zimmer und rannte die Treppe hinunter, so schnell es ihr lädiertes Bein zuließ. Tatsächlich, da standen mindestens zwanzig hellrote Rosen hübsch angeordnet in einer Vase.
Der Anblick der Blumen schnürte Matilda die Kehle zu. Sie spürte, wie ihr Magen plötzlich gegen die große Portion Lasagne rebellierte, die sie eben noch gegessen hatte. Er war im Haus gewesen! Womöglich – nein, bestimmt – sogar in ihrem Zimmer! Aber wie konnte das sein? Wie war er ins Haus gekommen? Die Hausür war doch verschlossen gewesen. Hatte sie oder Miguel vielleicht versehentlich die Terrassentür offen gelassen? Nein, das wäre ihr heute Morgen ganz sicher aufgefallen, sie war ja die Erste in der Küche gewesen. Die Hintertür im Keller! Matilda rannte an dem überraschten Miguel, der im Türrahmen lehnte, vorbei und hastete die steile Treppe hinunter. Die Tür war über und über mit Spinnweben bedeckt und der Schlüssel, ein großes, rostiges Monstrum, steckte von innen. Matilda drückte auf die Klinke. Die Tür ließ sich öffnen. Verdammt! Die Hintertür war nicht abgeschlossen gewesen, vielleicht schon seit Tagen. Miguel oder Enzo hatten es vergessen. Oder sie selbst – allerdings hatte sie diesen Ausgang schon seit Wochen nicht mehr benutzt. Panik ergriff sie, als sie sich vorstellte, wie Patrick in ihrem Zimmer herumgeschnüffelt hatte, alles ansah, alles anfasste: ihre Geige, ihre Bücher, ihre Kleider, ihre Wäsche… Vielleicht hatte er sogar den Computer angemacht und ihre Mails gelesen, die Fotos betrachtet – ihr ganzes Privatleben. Matilda lehnte sich gegen die raue Wand des Kellers und rang nach Luft.
»Verdammte Scheiße!«, flüsterte sie, als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte. Sie schlug die Kellertür wieder zu und drehte den Schlüssel zweimal im Schloss herum. Ab jetzt würde sie Türen und Fenster jeden Abend sorgfältig kontrollieren, nahm sie sich vor. Vor der Haustür schwang sie sich auf ihr Fahrrad. Verzweiflung und Wut ließen sie, so schnell sie konnte, in die Pedale treten. Was bis jetzt geschehen war, war schon schlimm genug, aber mit dem Eindringen ins Haus war eine Grenze überschritten worden. Er hatte in ihrem Zuhause herumgeschnüffelt, hatte Dinge gesehen, die ihn absolut nichts angingen. Sie musste sich wehren.
Außer Atem kam sie bei Patrick an. Am Haus waren alle Rollläden heruntergelassen, kein Wagen stand in der Einfahrt. Mist! Waren die Böhmers heute schon in Urlaub gefahren, hatte sie Patrick deshalb in der Schule nicht gesehen? Oder waren die Rollos nur wegen der Hitze unten? Sie schaute sich hastig um, hoffte, dass in den Nachbargärten jemand war, den sie fragen konnte. Aber alles war menschenleer. Auf dem Heimweg konnte sie sich nicht länger beherrschen. Der Fahrtwind trocknete die Tränen der Wut und Enttäuschung, die ihr über die Wangen rollten. Ganz allmählich beruhigte sie sich wieder ein wenig. Eigentlich ist es ja ganz gut, dass Patrick mit seinen Eltern in den Urlaub gefahren ist, dachte sie. Dann kann er mir zwar ein paar böse Mails und SMS schicken und ins Telefon röcheln, aber mehr auch nicht. Dann ist er ein zahnloser Tiger, wenigstens für eine Weile. Und in gut zwei Wochen würde ja auch Helen
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