Rosengift - Die Arena-Thriller
feuerte Matilda Anna und Nicole an, die in einem anderen Team spielten. Es nützte aber nichts, die beiden hassten es, Fußball zu spielen, und das merkte man ihnen auch an.
Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit stürmte Patrick wieder voran wie ein Berserker, aber der kleine flinke Marcel nahm ihm geschickt den Ball ab. Es ergab sich eine Konterchance, Matilda bekam plötzlich im Mittelfeld den Ball vor die Füße. Da kein Stürmer aus ihrer Mannschaft zugegen war, an den sie hätte abgeben können – wo waren die Kerle eigentlich immer, wenn man sie brauchte? –, rannte sie mit dem Ball selbst in Richtung gegnerisches Tor. Die Sache sah gut aus, sie überlief die Verteidigerin, die sich während des gesamten Spiels ohnehin nur innerhalb des Radius eines Bierdeckels bewegte. Während Anna und Nicole am Spielfeldrand begeistert jubelten, rannte Matilda weiter, schlug einen Haken, denn irgendjemand war ihr auf den Fersen, und auf einmal hatte sie nur noch Jonas, den Torhüter, vor sich. Schon holte sie zum Schuss aus… da wurden ihr mitten im Lauf beide Beine weggezogen. Sie schlug hart auf dem Boden auf und noch im Fallen spürte sie, wie ihr jemand mit dem Stollen eines Fußballschuhs gegen das bloße Schienbein trat.
Der Schiedsrichter pfiff. Patrick drehte sich um und tat, als sei nichts gewesen. Die Mehrheit der Zuschauer und die anderen Spieler aus Matildas Mannschaft verlangten die Rote Karte für Patrick, aber der Sportlehrer ermahnte ihn nur und gab Elfmeter. Dann ging er zu Matilda und wollte wissen, ob alles in Ordnung sei. Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, sich auswechseln zu lassen. Die Schulter, auf der sie gelandet war, tat ihr weh und sie blutete unterhalb des Knies. Aber Matilda dachte gar nicht daran, jetzt aufzugeben. Nun wollte sie es erst recht wissen. Sie rappelte sich auf, versicherte dem besorgten Lehrer mehrmals, dass die Verletzung nicht so schlimm sei, und verlangte, den Elfmeter schießen zu dürfen. Patricks hämisches Grinsen beachtete sie ebenso wenig wie den Schmerz an ihrem Schienbein.
Sie nahm Anlauf und legte ihre ganze Wut in den Schuss aufs Tor. Der Ball flog mit Wucht knapp an der Querlatte vorbei in die rechte obere Ecke. Jonas hatte keine Chance, zumal er auf die falsche Seite hechtete. Ihre Mitspieler und die Zuschauer johlten und applaudierten. Es stand 2 : 2.
Natürlich spielte Patrick ab diesem Zeitpunkt wie ein Klon von Schweinsteiger und Co. Aber auch Matilda fühlte sich wie ausgewechselt. Patrick hatte keine Chance, ihr zu entkommen. Als er wieder einmal auf das Tor zustürmte, nachdem er zwei Mittelfeldspieler ausgetrickst hatte, gelang es ihr, ihm noch vor dem Strafraum den Ball abzujagen. Diese Aktion lief nicht ganz ohne Körperberührung ab – da war schließlich noch eine Rechnung offen.
Erneut pfiff der Schiedsrichter ein Foul. Matilda wandte sich um und machte eine Unschuldsmiene, die jedem italienischen Profifußballer zur Ehre gereicht hätte. Auf den Bänken wurde gepfiffen, die Zuschauer waren sichtlich begeistert von der Wendung, die das Spiel genommen hatte. Patrick krümmte sich auf dem Rasen und stöhnte.
»Tja, das war’s dann mit der Familienplanung!«, rief irgendjemand.
Matilda, die genau wusste, dass sie Patrick »nur« gegen den Knöchel getreten hatte, beugte sich über ihn und brüllte ihn an: »Jetzt hör schon auf, so albern auf dem Rasen rumzukullern, das glaubt dir doch keiner!«
Der Sportlehrer drängte sich zwischen sie und Patrick.
»Die hat mir voll in Eier getreten!«, japste Patrick atemlos. Er stand nun wieder, allerdings noch immer in gekrümmter Haltung, und spuckte in Matildas Richtung auf den Boden.
»Du hast doch gar keine«, entschlüpfte es Matilda, die der Spucke ausgewichen war und nun gegenüber dem Schiedsrichter beteuerte: »Der simuliert, ich habe wirklich nur seine Füße erwischt.«
»Mir reicht es jetzt mit euch beiden«, sagte der Sportlehrer unwirsch und schickte Matilda und Patrick wegen »übertriebener Härte« vom Platz.
»Aber ich hab doch gar nichts getan!«, protestierte Patrick, der wie durch ein Wunder plötzlich wieder aufrecht gehen und mit klarer Stimme sprechen konnte.
»Da sehen Sie es! Das war ’ne Schwalbe!«, rief Matilda entrüstet. »Wieso muss ich dann vom Platz?«
Doch der Sportlehrer blieb bei seiner einmal getroffenen Entscheidung. Beide humpelten davon, jeder in eine andere Richtung. Matilda setzte sich hinter das Tor ihrer Mannschaft, spuckte in ihre Hand und drückte
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