Rosenherz-berbKopie
vor?», fragte Fausto Albanelli.
Marthaler
setzte sich. «Wie oft haben Sie Philipp Lichtenberg gesehen?»
«Nur
einmal. In dieser Nacht, als Fräulein Niebergall getötet
wurde.»
«Würden
Sie ihn heute noch wiedererkennen?»
Albanelli
schüttelte energisch den Kopf. «Nein», sagte er. «Wir sind beide
neununddreißig Jahre älter. Das halte ich für vollkommen
ausgeschlossen.»
«Umgekehrt
würden also auch Sie von ihm nicht erkannt werden?»
«Natürlich
nicht. Wir sind uns nie wieder begegnet.»
«Heute
werden Sie ihm begegnen! Und ich möchte, dass Sie einen Journalisten
spielen. Ihr Name ist Arne Grüter. Sie müssen nicht viel tun.
Lassen Sie mich einfach reden. Sie müssen nur in der Lage sein, ein
Aufnahmegerät zu bedienen.»
Albanelli
runzelte die Stirn: «Wenn es nicht zu kompliziert ist ...»
«Wenn
es kompliziert wäre, würde ich das Ding nicht besitzen»,
sagte Marthaler.
Anna
schaute ihn misstrauisch an. «Robert, was soll das werden?»
«Philipp
Lichtenberg erwartet uns heute Nachmittag um siebzehn Uhr in seinem
Haus in der Rhön: dich, mich und Arne Grüter.»
«Und
was bezweckt er damit? Wieso fühlt er sich so sicher?»
«Er
will uns in Gegenwart seiner Anwälte auf den Zahn fühlen. Er will
herausbekommen, was wir wissen. Wahrscheinlich geht es ihm
darum, seine nächsten Schritte zu planen. Und er will sich und
seine Firmen in der Öffentlichkeit rehabilitieren.»
«Um
siebzehn Uhr?»
«Ja,
aber wir werden sofort losfahren und ihn in die Mangel nehmen.
Und statt Arne Grüter wird uns Herr Albanelli begleiten. Deine
Recherchen zu Hannelore Wilkes Verschwinden waren ein
Volltreffer! Wir haben ihr Skelett heute Morgen am Schultheisweiher
gefunden. Die Zahlungen an sie kamen vom Konto einer Firma, deren
Inhaber Philipp Lichtenberg war. Wahrscheinlich werden wir noch im
Laufe des Nachmittags einen Haftbefehl gegen ihn haben. Zumindest
aber eine richterliche Verfügung, die uns erlaubt, seine Privat- und
sämtliche Geschäftsräume zu durchsuchen.»
«Warum
warten wir dann nicht so lange?», fragte Anna.
«Weil
das unklug wäre. Weil es nichts Besseres gibt als einen
Verdächtigen, der reden will, bevor er offiziell zum Beschuldigten
wird. Wenn wir ihm den Haftbefehl vor die Nase halten, wird er gar
nichts mehr sagen, dann beruft er sich auf seine Rechte und lässt
seine Anwälte handeln. Wer redet, kann sich in Widersprüche
verwickeln. So lange er glaubt, unseren Verdacht durch seine Aussagen
ausräumen zu können, haben wir noch eine Chance.»
Während
Marthaler den beiden seinen Plan erläuterte, beobachtete er, wie
Anna und Fausto miteinander umgingen. Obwohl sie sich in seiner
Gegenwart nicht berührten, suchten sie doch immer wieder
Blickkontakt. Sie schienen unendlich neugierig aufeinander zu sein.
Jede Regung des einen spiegelte sich sofort im Gesicht des anderen.
Vielleicht hatten sie ebenso viel Angst zu verletzen wie selbst
verletzt zu werden. Sie waren vorsichtig und zugleich unbefangen. Der
scheue Ernst, mit dem sie einander anschauten, gefiel Marthaler
ebenso wie die harmlose Albernheit, in der sich ihre Spannung
gelegentlich entlud. Auch wenn die beiden sich bewusst sein
mochten, welche Schwierigkeiten sie erwarteten, wirkten sie
unerschrocken.
Als
sie die Auffahrt zur A66 erreicht
hatten, schaute Marthaler auf die Uhr. Er saß alleine in seinem
Dienstwagen, während Anna und Albanelli in dem moosgrünen Mazda vor
ihm herfuhren.
Es
war kurz nach eins. Die Wolken, die noch am Vormittag den Himmel
bedeckt hatten, hatten sich wieder verzogen. Dort, wo es vor kurzem
noch geregnet hatte, spiegelte sich die Sonne auf dem nassen Asphalt
der Fahrbahn.
In
Kleinsassen bog Anna von der Hauptstraße ab, fuhr einen Hügel
hinauf und hielt vor einem mit Holzschindeln verkleideten Haus.
Als
sie ausstieg, ließ Marthaler die Scheibe herunter. «Was ist los?»,
fragte er.
«Nichts»,
erwiderte sie und hielt eine Plastiktüte in die Höhe. «Ich muss
nur rasch etwas zurückbringen, das ich mir ausgeliehen hatte.»
Keine
zehn Minuten später parkten sie in Danzwiesen vor dem Haus von
Philipp Lichtenberg. Sie stellten die Wagen nebeneinander.
Gleichzeitig stiegen sie aus. Schweigend gingen sie auf das
Gebäude zu.
Anna
pfiff leise durch die Zähne und zeigte mit dem Kopf auf einen Wagen,
der zwanzig Meter weiter an der Hecke geparkt hatte und dessen
schwarzer Metallic-Lack in der Sonne glitzerte.
«Was
ist?», fragte Marthaler.
«Nix!»,
sagte Anna. «Scharfer Wagen. Ein
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